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Ein Grunderbe könnte Wohlstand für alle schaffen: Kommentar

DIW Wochenbericht 4 / 2024, S. 64

Stefan Bach

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Das Grunderbe trendet. Alle sollen etwas erben – nicht nur die wenigen Glücklichen, die bei der Spermalotterie das große Los gezogen haben. Derzeit erhalten nur etwa 25 bis 30 Prozent einer Generation im Laufe ihres Lebens Vermögen von mehr als 100000 Euro, zumeist erst in höherem Alter. Nur wenige bekommen bereits in jungen Jahren solche Beträge, und sehr wenige sehr viel. Das reduziert Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit innerhalb einer Generation erheblich – und belastet die Legitimationsgrundlagen von sozialer Marktwirtschaft und Kapitalismus beträchtlich.

Daher kursiert die Idee, dass der Staat allen jungen Erwachsenen ein Startkapital schenkt. Nicht „cash in die Täsch“, sondern gebunden an die Verwendung für Aus- und Weiterbildung, Erwerb von Wohneigentum, Unternehmensgründungen, Finanzvermögensbildung oder Altersvorsorge. Sinnvoll wäre ein Betrag von bis zu 20000 Euro. Damit kann man keine großen Sprünge machen. Aber, ergänzt um eigene Ersparnisse, ist das schon mal ein erstes Vermögenspolster, das vieles erleichtert.

Den Staat würde ein solches Grunderbe 15 Milliarden Euro im Jahr kosten. Das könnte noch realistisch über höhere Steuern auf hohe Vermögen finanziert werden, ohne dass größere wirtschaftliche Schäden entstehen. Denn beim Vermögen ist Deutschland im internationalen Vergleich eher ein Niedrigsteuerland, während die Erwerbseinkommen der arbeitenden Mitte sehr hoch belastet werden. Nahe liegt eine höhere Erbschaftsteuer – damit die reichen Erb*innen etwas an ihre Altersgenoss*innen abgeben, die nicht mit dem goldenen Löffel im Mund auf die Welt gekommen sind. Gerade große Erbschaften und Schenkungen ab zweistelligen Millionenvermögen werden häufig nur wenig mit Erbschaftsteuer belastet, da Privilegien für Unternehmensnachfolgen und weitere Gestaltungsmöglichkeiten genutzt werden können. Ein Abbau dieser Vergünstigungen könnte das Erbschaftsteueraufkommen längerfristig verdoppeln.

Effektiver besteuern kann man Immobilienvermögen – etwa bei der Grundsteuer oder deren Veräußerungsgewinne bei der Einkommensteuer. Bei der Grunderwerbsteuer sollten die Gestaltungsmöglichkeiten mit „share deals“ abgeschafft werden. Im Gegenzug kann man einen Freibetrag für den Ersterwerb von Wohneigentum einführen – damit die kleinen Leute sich das wieder leisten können. Und auch die Wiedereinführung der Vermögensteuer muss nicht tabu sein – zumindest bei Superreichen, zum Beispiel ab persönlichen Vermögen von 20 Millionen Euro. Vorgeschlagen werden für das Grunderbe auch deutlich höhere Beträge, etwa von den Jusos 60000 Euro. Das würde den Staat aber 45 Milliarden Euro im Jahr kosten. Die lassen sich realistischerweise nicht mehr mit höheren Vermögensteuern finanzieren. Zudem würden eigene Sparanstrengungen sinken. Das wäre wohl kaum noch politisch zu vermitteln. Das Grunderbe soll eine Starthilfe und Anerkennung sein, die zur Selbstverantwortung und eigener Vermögensbildung motiviert.

Apropos Vermögensbildung: Die sollte der Staat generell erleichtern, vor allem bei den Mittelschichten. Sparförderung und Wohneigentumsförderung könnten besser auf untere und mittlere Einkommen zugeschnitten werden. Betriebliche und private Altersvorsorge sollten erleichtert und kostengünstiger gemacht werden, der Sparerfreibetrag bei der Einkommensteuer weiter erhöht werden. Finanzbildung gehört auf den Lehrplan der Schulen. Nur wird das an der großen Vermögens- und Chancenungleichheit in unserer Gesellschaft kaum etwas ändern, und wenn überhaupt auch nur langfristig.

Wohlstand für alle ist möglich. Dazu reicht es nicht, die Vermögensbildung der arbeitenden Mitte zu fördern, wie das seit Ludwig Erhards Zeiten zunehmend lustlos gemacht wird. Man muss auch bereit sein, Vermögen umzuverteilen. Natürlich darf man es dabei nicht übertreiben, um wirtschaftliche Schäden zu vermeiden. Daher sollten vor allem leistungslose Bereicherungen in Form von hohen Erbschaften und Vermögenszuwächsen moderat stärker belastet werden, um ein Grunderbe für alle zu finanzieren.

Dieser Beitrag ist in der Januar-Ausgabe des Handwerk Magazins erschienen.

Stefan Bach

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Staat

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