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Signale für Aufschwung der deutschen Wirtschaft stehen auf Grün: Interview

DIW Wochenbericht 24 / 2024, S. 388

Geraldine Dany-Knedlik, Erich Wittenberg

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Frau Dany-Knedlik, seit zwei Jahren schwächelt die deutsche Wirtschaft. Sehen Sie Anzeichen, dass es wieder aufwärts geht? Ja, eigentlich stehen alle Signale auf Grün. Wir rechnen damit, dass die Erholung der deutschen Wirtschaft vor allem im laufenden Jahr, aber auch im kommenden Jahr an Fahrt gewinnt. Die deutsche Wirtschaft dürfte in diesem Jahr um 0,3 Prozent wachsen und im nächsten Jahr sogar um 1,3 Prozent.

Worauf stützt sich das Wachstum der deutschen Wirtschaft? Das Wachstum der deutschen Wirtschaft stützt sich auf einen stärkeren privaten Verbrauch. Wir sehen am aktuellen Rand, dass sich die Stimmung der Konsument*innen aufgehellt hat. Sie erwarten mehr Einkommen und haben auch eine höhere Sicherheit bezüglich ihres Einkommens. Die Inflationsausgleichsprämie wird nämlich jetzt in vielen Bereichen durch tabellenwirksame Lohnerhöhungen abgelöst. Das heißt, statt Einmalzahlungen sehen die Leute jetzt auf ihrem Gehaltszettel ein dauerhaft höheres Einkommen. Auch die Reallöhne haben soweit angezogen, dass ein Großteil der durch die Energiekrise verursachten Reallohnverluste aufgeholt wurde.

Wie entwickeln sich die Verbraucherpreise? Die Verbraucherpreise haben sich so entwickelt, wie wir das im Frühjahr prognostiziert haben – sie sind im Aggregat weiter gefallen. Wir haben also eine geringere Inflationsrate und der Preisauftrieb ist so viel langsamer, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins jüngst erstmals wieder gesenkt hat.

Welche Auswirkungen wird diese Leitzinssenkung der EZB auf die deutsche Wirtschaft haben? Die Leitzinssenkung der EZB war von den Märkten zum Großteil erwartet worden und ist zu diesem Zeitpunkt ein sehr wichtiges Signal. Die hohen Zinsen werden in den nächsten zwei Jahren sukzessive sinken. Das ist wichtig für den Markt, denn wenn die Zinsen gesenkt werden, kurbelt das die Kauflaune der privaten Haushalte und die Investitionstätigkeit an.

Welche Signale gibt es von der deutschen Industrie? Die deutsche Industrie war zuletzt in positiverer Stimmung, allerdings verläuft die Erholung dort etwas schleppend. Das sehen wir vor allen Dingen an einer schwächelnden Industrieproduktion und an Auftragseingängen, die sich noch nicht in dem Maße verbessert haben, wie das zum Beispiel bei den Dienstleistungen der Fall ist.

Welche Auswirkungen wird das Hochwasser in Süddeutschland auf Industrie und Wirtschaft haben? Solch ein Hochwasser kann prinzipiell zwei Effekte haben. Der erste Effekt sind kurzfristige Produktionsausfälle. Gerade im Südwesten von Deutschland, wo die Automobilindustrie samt Zulieferer ansässig ist, könnte es potenziell zu großen Verwerfungen kommen. Wir rechnen aber nicht damit, dass es derzeit zu großen negativen Effekten für die Industrie kommt. Zweitens könnten sich die Investitionen im nächsten Jahr dadurch beleben, dass beschädigte Wohn- und Straßeninfrastruktur wieder aufgebaut wird. Wir denken aber auch hier, dass die Schäden sich im Rahmen halten, gerade wenn man das mit der Katastrophe im Ahrtal vergleicht.

Wie beurteilen Sie das weltwirtschaftliche Umfeld? Das weltwirtschaftliche Umfeld entwickelt sich zugunsten der deutschen Auslandsnachfrage. Wir sehen, dass sich das Wachstum in vielen fortgeschrittenen Volkswirtschaften, zum Beispiel in den USA, belebt. Auch in den meisten Schwellenländern, zum Beispiel China, ist das Wachstum wieder kräftiger ausgefallen. Wir denken, dass der Welthandel sich allmählich beleben wird. Das dürfte dann auch den deutschen Außenhandel stützen.

Das Gespräch führte Erich Wittenberg.

O-Ton von Geraldine Dany-Knedlik
Signale für Aufschwung der deutschen Wirtschaft stehen auf Grün - Interview mit Geraldine Dany-Knedlik

Geraldine Dany-Knedlik

Leitung Prognose und Konjunkturpolitik in der Abteilung Makroökonomie

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