DIW Wochenbericht 42 / 2024, S. 656
Stefan Bach, Erich Wittenberg
get_appDownload (PDF 89 KB)
get_appGesamtausgabe/ Whole Issue (PDF 2.82 MB - barrierefrei / universal access)
Herr Bach, ab 2027 wird der nationale Emissionshandel in den europäischen Emissionshandel überführt. Welche Auswirkungen wird das auf die Endverbraucherpreise haben? Das kann zu kräftigen Preiserhöhungen an der Tankstelle führen, sowie bei Heizöl und Erdgas. Es sollen ja die europäischen Minderungsziele erreicht werden und da liegen wir zurück, deshalb könnten wir hohe Preissprünge sehen. Der Liter Benzin könnte dann durchaus 2,20 Euro kosten – und das dauerhaft, nicht nur kurzfristig, wie während der Energiekrise.
Inwieweit könnte eine Klimaprämie die Belastungen durch die CO2-Bepreisung mildern? Die CO2-Bepreisung ist grundsätzlich sinnvoll, damit Anreize gesetzt werden, den fossilen Energieverbrauch zu reduzieren. Problematisch ist, dass das zu Belastungen bei den privaten Haushalten führt, die sehr gravierend sein können, wenn die Menschen niedrige Einkommen haben und sich nicht anpassen können. Daher ist es sinnvoll, unbürokratisch eine Klimaprämie zu zahlen, damit diese Belastungen grundsätzlich ausgeglichen werden.
Wie hoch müsste eine Klimaprämie ausfallen, damit die Belastungen insbesondere für Menschen mit niedrigem Einkommen vollständig kompensiert werden? Wir schlagen für 2026 eine Klimaprämie in Höhe von 124 Euro im Jahr vor. Das wäre dann aufkommensneutral, das heißt, das Geld, das der Staat von den privaten Haushalten nimmt, wird wieder zurückgegeben.
Warum soll die Klimaprämie pauschal ausgezahlt werden und nicht angepasst an die jeweiligen Bedürfnisse? Der Vorteil der einheitlichen Pro-Kopf-Klimaprämie ist, dass sie unbürokratisch und niederschwellig an alle ausgezahlt werden kann und keine Bedürftigkeitsprüfungen erforderlich sind. Das Problem ist, dass die Klimaprämie bei manchen armen Haushalten nicht ausreicht, wenn sie einen sehr hohen Energieverbrauch haben. Hier braucht man zusätzliche Hilfen. Gleichzeitig brauchen die reichen Leute das ausgezahlte Geld eigentlich nicht, denn die können es sich leisten, ihren Energieverbrauch zu reduzieren, indem sie energetisch sanieren, neue Heizungen installieren und Elektroautos kaufen.
Sollte also die pauschal ausgezahlte Klimaprämie bei den reichen Haushalten wieder abgeschöpft werden? Unser Vorschlag ist, dass wir die Klimaprämie erst einmal an alle auszahlen und dann über die Einkommen- und Lohnsteuer bei den wohlhabenden Leuten wieder abschmelzen. Dann steht mehr Geld zur Verfügung, das man für besondere Förderprogramme insbesondere bei den einkommensschwachen Haushalten verwenden kann.
Wie ließe sich das in der Praxis am besten umsetzen? Die Auszahlung der Klimaprämie kann über die Steuer-ID laufen, die bereits für alle in einer Datenbank gespeichert ist. In Verbindung mit den Kontonummern kann dann das Geld automatisch an alle ausgezahlt werden. Die Österreicher zeigen, dass so etwas funktioniert. Die Einkommensprüfung über die nachträgliche Besteuerung kann ebenfalls unbürokratisch ablaufen, in dem die Klimaprämie einfach steuerpflichtig gemacht wird. Durch Anwendung einer speziellen Tariffunktion soll die Klimaprämie bei unteren und mittleren Einkommen komplett erhalten bleiben. Bei den Hochverdienenden kann man die Klimaprämie komplett abschmelzen.
Ab wann wäre mit einer solchen Klimaprämie zu rechnen? In dieser Legislaturperiode wird das nichts mehr, denn der Ampelregierung ist ja bekanntermaßen das Geld ausgegangen. Aber ab 2026 und insbesondere ab 2027, wenn der europäische Emissionshandel für Kraft- und Brennstoffe kommt und die Preise deutlich steigen, ist durchaus damit zu rechnen, dass da etwas passiert.