DIW Wochenbericht 43 / 2024, S. 667-674
Jan Goebel, Sarah Satilmis, Linus Seikat
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„Homeoffice steigert nicht nur die Zufriedenheit der Beschäftigten, sondern bietet auch Chancen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie – klare gesetzliche Regeln fehlen aber noch.“ Jan Goebel
Der Anteil von Homeoffice lag in Deutschland vor Beginn der Corona-Pandemie auf einem international vergleichsweise niedrigen Niveau. Mit der vorübergehend eingeführten Pflicht zum Homeoffice im Jahr 2021 hat die Debatte über die Zukunft der Arbeitswelt deutlich an Dynamik gewonnen. Dieser Wochenbericht analysiert die Entwicklung der Nutzung von Homeoffice in Deutschland im Zeitraum von 2014 bis 2022 auf Basis von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Ab dem Jahr 2021 zeigt sich ein signifikanter Anstieg, wobei das Niveau auch nach Aufhebung der politischen Maßnahmen nicht auf das Niveau vor der Pandemie zurückfällt. Zwischen den Wirtschaftssektoren bestehen deutliche Unterschiede. Besonders ausgeprägt ist der Anstieg bei höher qualifizierten Beschäftigten in größeren Unternehmen sowie bei Personen mit Kindern. Geschlechterunterschiede sind dabei kaum festzustellen und Unterschiede zwischen Paarhaushalten und Singles treten nur zeitweise auf. Die Analyse weist zudem auf eine höhere Arbeitszufriedenheit und eine leicht verlängerte Arbeitszeit bei Homeoffice hin. Für einen modernen und flexiblen Arbeitsmarkt sollten die während der Pandemie geschaffenen Möglichkeiten zum Homeoffice verstetigt und weiterführende Instrumente entwickelt werden, um die Option zum Homeoffice langfristig zu unterstützen.
Bereits im Jahr 2016 veröffentlichte das DIW Berlin einen Wochenbericht zur Verfügbarkeit und Inanspruchnahme von Homeoffice in Deutschland.Karl Brenke (2016): Home Office: Möglichkeiten werden bei weitem nicht ausgeschöpft. DIW Wochenbericht Nr. 5, 95–105 (online verfügbar, abgerufen am 6. Oktober 2024. Dies gilt auch für alle anderen Online-Quellen dieses Berichts, sofern nicht anders vermerkt). Die Ergebnisse zeigten damals, dass das Potenzial von Homeoffice in Deutschland weitgehend ungenutzt blieb. Lediglich rund zwölf Prozent der deutschen Arbeitnehmenden arbeiteten im Homeoffice – ein im europäischen Vergleich niedriges Niveau. Diese Analyse unterstrich die Relevanz des Themas und führte zu Forderungen, das Recht auf Homeoffice zu stärkenKarl Brenke (2019): Home-Office: Nicht in der Beweglichkeit verharren. DIW Wochenbericht Nr. 11, 192 (online verfügbar). – eine Debatte, die auch in den Folgejahren fortgeführt wurde.
Zu Beginn des Jahres 2021 (während der Corona-Pandemie) wurden Arbeitgebende gesetzlich verpflichtet, ihren Beschäftigten Homeoffice anzubieten, „soweit keine betrieblichen Gründe entgegenstehen“.Corona Datenplattform (2021): Themenreport 02: Homeoffice im Verlauf der Corona-Pandemie, Ausgabe Juli 2021. Die Entscheidung, ob dieses Angebot angenommen wurde, lag zunächst bei den Beschäftigten. Ab April 2021 bestand jedoch auch für die Arbeitnehmenden die Pflicht, das Angebot zum Homeoffice anzunehmen, sofern keine bedeutsamen Gründe dagegensprachen. Die bundesweite Pflicht bestand (mit Unterbrechung) bis in das Frühjahr 2022. Viele Unternehmen und Beschäftigte konnten im Zuge dieser Maßnahmen umfangreiche (und teilweise erstmalige) Erfahrungen mit Homeoffice in ihrem Betrieb sammeln.
Aktuelle Unternehmensbefragungen zeigen, dass knapp ein Viertel der Arbeitnehmenden in Deutschland die Möglichkeit zum Homeoffice weiterhin nutzt und derzeit circa 17 Prozent der gesamten Arbeitszeit im Homeoffice stattfindet.Vgl. Informationen aus der ifo-Konjunkturumfrage vom 12. September 2024 auf der Website des ifo Instituts (online verfügbar). Dieser Wochenbericht analysiert die Verbreitung von Homeoffice in Deutschland und untersucht dabei Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen von Beschäftigten nach Arbeitsplatz- und sozialen Merkmalen. Zudem wird beleuchtet, wie sich Arbeitszeit und Zufriedenheit in diesem Kontext entwickelt haben. Hierzu werden Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) herangezogen (Kasten). Das SOEP bietet detaillierte Informationen zur Erwerbstätigkeit der Befragten und ermöglicht eine repräsentative Längsschnittanalyse auf Ebene der Beschäftigten. Daten zur Nutzung von Homeoffice wurden erstmals im Jahr 2014 erhoben. Der Analysezeitraum für diesen Wochenbericht umfasst somit die Jahre 2014 bis 2022 und beschränkt sich auf die Gruppe der abhängig Beschäftigten. Bei den Arbeitsplatzmerkmalen werden der Wirtschaftssektor, die Unternehmensgröße, das Qualifikationsniveau der Tätigkeit sowie die regionale Verteilung (Ost- oder Westdeutschland) berücksichtigt. Im Bereich der sozialen Merkmale stehen die Haushaltszusammensetzung, das Einkommen sowie Geschlechterunterschiede im Fokus der Analyse. Die gewonnenen Erkenntnisse zeigen, dass die Nutzung von Homeoffice in Deutschland auch nach Ende der Homeoffice-Pflicht während der Corona-Pandemie fester Bestandteil vieler Stellen geblieben ist.
Das SOEP ist die größte und am längsten laufende multidisziplinäre Langzeitstudie in Deutschland. Seit 1984 werden dort jedes Jahr rund 30000 Personen in etwa 22000 Haushalten befragt.Jan Goebel et al. (2019): The German Socio-Economic Panel (SOEP). Journal of Economics and Statistics, 239(29), 345–360 (online verfügbar). Für die vorliegende Publikation wurde die Datenversionen SOEPv.39 mit vorläufigen Gewichten genutzt.
Die Fragen zum Homeoffice wurden hierbei über die Analysejahre 2014, 2020, 2021 und 2022 unterschiedlich gestellt. In den Befragungen 2014 und 2020 wurde gefragt, ob generell Homeoffice gemacht wird und in welchem Umfang dies geschieht („Kommt es vor, dass Sie Ihre Beschäftigung von zu Hause ausüben?“ mit den Antwortoptionen „Täglich“, „Mehrmals die Woche“, „Alle 2 bis 4 Wochen“ und „Seltener, nur bei Bedarf“, wenn Befragte hier „Ja“ angegeben haben). Im Befragungsjahr 2021 hat sich die Frageformulierung geändert, es wird konkret nach den letzten sechs Monaten gefragt („Kam es in den letzten 6 Monaten vor, dass Sie Ihre derzeitige Beschäftigung zu Hause ausgeübt haben?“). Im Befragungsjahr 2022 wurde zudem eine neue Antwortmöglichkeit („Einmal in der Woche“) hinzugefügt. In den Jahren 2021 und 2022 wurde (wenn angegeben wurde, dass wöchentlich Homeoffice geleistet wurde) zusätzlich erfragt, wie hoch die konkrete wöchentliche Arbeitszeit im Homeoffice ist („Und wie viel beträgt im Durchschnitt Ihre tatsächliche Arbeitszeit pro Woche, die Sie zu Hause arbeiten (einschließlich eventueller Überstunden)?“). Zusätzlich kann für die Jahre 2020, 2021 und 2022 ausgewertet werden, bei wem Homeoffice vertraglich festgelegt wurde („Ist in Ihrem Arbeitsvertrag oder anderweitig die Möglichkeit festgehalten, dass Sie Ihre Beschäftigung zu Hause ausüben können?“). In den Befragungsjahren 2014, 2021 und 2022 wird zusätzlich nach dem Wunsch nach Homeoffice gefragt („Wenn es Ihr Betrieb Ihnen freistellen würde, zeitweise auch zu Hause zu arbeiten, würden Sie dann dieses Angebot annehmen?“ mit den Antwortoptionen „Ja“, „Nein“ und „Ist bei meiner Arbeit nicht möglich“). Einmalig im Jahr 2021 wurde erfragt, wie häufig vor der Pandemiezeit von zu Hause aus gearbeitet wurde („Wie häufig haben Sie Ihre Beschäftigung vor Beginn der Coronakrise in Deutschland zu Hause ausgeübt?“ mit den Antwortoptionen „Täglich“, „Mehrmals die Woche“, „Alle 2 bis 4 Tage“, „Seltener, nur bei Bedarf“, „Niemals“ und „Trifft nicht zu, war zu dem Zeitpunkt nicht erwerbstätig“). Alle genannten Fragen wurden allen erwerbstätigen Personen gestellt, die Analyse bezieht allerdings nur Arbeitnehmende mit ein.
Der Analysezeitraum kann in fünf Abschnitte unterteilt werden (Abbildung 1): Der erste Abschnitt umfasst den Zeitraum zwischen der SOEP-Befragung 2014 und der ersten Verpflichtung für Arbeitgebende, die Möglichkeit zum Homeoffice anzubieten (Januar 2021). Der zweite Abschnitt stellt die erste Homeoffice-Pflicht dar, die von Januar bis Juni 2021 bestand – zuerst nur für die Arbeitgebenden, kurz darauf dann auch für die Arbeitnehmenden.Im Zeitraum vom 27. Januar 2021 bis zum 20. April 2021 waren nur Arbeitgebende dazu verpflichtet, Homeoffice möglich zu machen, was von Arbeitnehmendenseite aber nicht zwingend in Anspruch genommen werden musste. Ab 21. April waren durch die 4. Novelle des Infektionsschutzgesetzes Arbeitnehmende verpflichtet, das Angebot zum Homeoffice zu nutzen. Diese Maßnahmen wurden am 30. Juni 2021 aufgehoben. Zwischen Juli und November 2021 gab es dann Lockerungen. Auf diesen Abschnitt folgte die zweite Homeoffice-Pflicht, die von November 2021 bis März 2022 galt. Der fünfte Abschnitt stellt den Zeitraum nach Aufhebung der Pflicht (am 19. März 2022) dar.
Zwischen 2014 und der ersten Pflicht zum Angebot von Homeoffice im Januar 2021 zeigen sich nur geringe Veränderungen im Ausmaß der Nutzung von Homeoffice (Tabelle). Im Jahr 2014 arbeiteten etwa 81 Prozent der Beschäftigten ausschließlich in Präsenz. Bis Anfang 2020 sank dieser Anteil leicht auf rund 75 Prozent. Der Anteil derjenigen, die täglich im Homeoffice tätig waren, blieb mit etwa vier Prozent über den gesamten Zeitraum konstant. Eine leichte Zunahme war hingegen bei gelegentlichem Homeoffice zu verzeichnen.
In Prozent
Homeoffice Nutzung | Befragungszeitraum | |||||
---|---|---|---|---|---|---|
2014 | Prä-Pandemie | 1. Homeoffice-Pflicht | Zwischen 1. und 2. Homeoffice-Pflicht | 2. Homeoffice-Pflicht | Nach Ende der Homeoffice-Pflicht | |
Täglich | 4,1 | 4,1 | 14,3 | 10,0 | 12,1 | 6,9 |
Mehrmals in der Woche | 4,9 | 7,0 | 14,3 | 15,2 | 12,2 | 16,7 |
Ein Mal in der Woche | 0,01 | 6,0 | ||||
Alle 2 bis 4 Wochen | 2,9 | 4,7 | 3,5 | 3,9 | 1,4 | 3,0 |
Seltener, nur bei Bedarf | 6,9 | 9,1 | 4,1 | 5,6 | 5,9 | 6,8 |
Kein Homeoffice | 81,2 | 75,1 | 63,7 | 65,4 | 68,4 | 60,6 |
Anmerkungen: Prä-Pandemie umfasst den Zeitraum vor dem 26. Januar 2021. Die erste Homeoffice-Pflicht beginnt am 27. Januar 2021 und endet am 30. Juni 2021. Die zweite Phase der Homeoffice-Pflicht dauert vom 23. November 2021 bis zum 19. März 2022. Ab 20. März 2022 bestehen keine Verpflichtungen zum Homeoffice.
Quelle: SOEPv.39 (vorläufige Gewichtung); eigene Berechnungen.
Mit der Einführung der ersten Maßnahmen nach Pandemiebeginn im Januar 2021 erfolgte dann ein deutlicher Anstieg: Nur noch etwa 64 Prozent der Befragten gaben an, vollständig vor Ort zu arbeiten. Die Anzahl der Beschäftigten, die mehrmals pro Woche oder gar täglich im Homeoffice tätig waren, nahm deutlich zu (von sieben auf 14,3 Prozent beziehungsweise von rund vier auf 14,3 Prozent).
Im Zeitraum zwischen der ersten und der zweiten politischen Maßnahme zum Homeoffice (im Sommer 2021) zeigt sich ein leichter Rückgang beim täglichen Homeoffice – deutliche generelle Veränderungen der Nutzung von Homeoffice sind jedoch nicht zu beobachten. Mit der erneuten Pflicht ab Herbst 2021 gab es auch wieder leichte Schwankungen, wobei hier jedoch nicht von einer grundlegenden Änderung der Homeoffice-Nutzung gesprochen werden kann – weiterhin gaben knapp 31 Prozent an, im Homeoffice tätig zu sein, die meisten davon mehrmals die Woche oder täglich. Auch nach der Aufhebung der Homeoffice-Pflicht Anfang 2022 blieben rund sieben Prozent der Beschäftigten täglich im Homeoffice, während der Anteil derjenigen, die einmal oder mehrmals die Woche von zu Hause arbeiteten, deutlich anstieg (auf 22,8 Prozent). Selteneres Homeoffice blieb dabei weitgehend unverändert.
Es ist davon auszugehen, dass nicht alle Beschäftigten, die während der Pandemie im Homeoffice tätig waren, dies freiwillig taten – ebenso wenig haben alle Arbeitgebenden Homeoffice freiwillig ermöglicht. Dennoch zeigt sich, dass die Rückkehr auf das Niveau vor der Pandemie nach dem Wegfall der Homeoffice-Pflicht ausgeblieben ist. Das liegt zum einen an den Entwicklungen, die sich durch die Pandemiemaßnahmen ergeben haben: Infrastrukturen wurden bereits geschaffen, Arbeitsabläufe und Gewohnheiten an die Heim- oder hybride Arbeit im Betrieb angepasst. Zusätzlich entspricht diese Entwicklung auch den Beobachtungen, dass Homeoffice in Deutschland vor der Pandemie im internationalen Vergleich weniger verbreitet war und Flexibilisierungswünsche (vor allem der Arbeitnehmenden) vielfach unerfüllt blieben.Brenke (2016), a.a.O.
Nicht alle Tätigkeiten können in gleichem Maße im Homeoffice erledigt werden. Arbeitsplatzmerkmale beeinflussen sowohl die grundsätzliche Möglichkeit, Homeoffice durchzuführen, als auch die Entscheidung, diese Option tatsächlich zu nutzen.
Die stärksten Zuwächse von Homeoffice sind im Finanzbereich sowie bei freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen, im Grundstückwesen, in der öffentlichen Verwaltung und im Bereich Information und Kommunikation zu beobachten (Abbildung 2). Im Finanzdienstleistungssektor lag das Vor-Pandemie-Niveau bei 51,3 Prozent (mit 26,4 Prozent, die wöchentlich im Homeoffice tätig waren), während der politischen Maßnahmen zum Homeoffice stieg dieser Anteil auf bis zu 83,2 Prozent und blieb auch nach Ende der Maßnahmen auf einem hohen Niveau von knapp 80 Prozent (wobei noch immer 67,9 Prozent der Arbeitnehmenden mindestens einmal pro Woche von zu Hause arbeiten). Ähnlich ist die Entwicklung bei freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen sowie im Grundstückwesen: Vor der Pandemie arbeitete etwa die Hälfte der Beschäftigten zumindest gelegentlich im Homeoffice, während der Pandemie stieg dieser Anteil auf knapp zwei Drittel und blieb auch nach dem Ende der Pflicht zum Homeoffice auf diesem Niveau.
Im Bereich Information und Kommunikation ist diese Entwicklung noch deutlicher: Bereits 2014 hat knapp die Hälfte der Arbeitnehmenden zuhause gearbeitet, dieses Niveau lag kurz vor Pandemiebeginn bei 69,8 Prozent, ist während der Maßnahmen auf bis zu 95,4 Prozent gestiegen und hält sich auch nach Ende der Maßnahmen bei 91,1 Prozent. In der öffentlichen Verwaltung war der Anteil von Homeoffice vor Beginn der Pandemie mit 24,4 Prozent vergleichsweise gering. Während der Maßnahmen stieg dieser Anteil jedoch auf bis zu 64,3 Prozent und liegt nach Ende der Maßnahmen bei 59,4 Prozent.
Während der Anstieg der Nutzung von Homeoffice bei Beschäftigten in Unternehmen mit bis zu 100 Mitarbeitenden durchschnittlich zehn Prozentpunkte zwischen dem Vor-Pandemie-Niveau und dem Niveau nach Ende der Homeofficeregelungen beträgt, liegt die Differenz bei Beschäftigten, die in größeren Unternehmen tätig sind, bei bis zu 30 Prozentpunkten (Abbildung 3).
Regionale Unterschiede zwischen Beschäftigten in Ost- und Westdeutschland sind in dieser Entwicklung kaum zu beobachten. Der Homeofficeanteil ist in Westdeutschland über den gesamten Analysezeitraum hinweg etwas höher als in Ostdeutschland (nach Ende der Pandemieregelungen 40,4 Prozent im Westen gegenüber 32,2 Prozent im Osten), was sich vermutlich mit den regionalen Unternehmens- und Produktionsstrukturen erklären lässt.
Bei der Betrachtung der beruflichen Stellung der befragten Beschäftigten wird deutlich, dass Personen mit qualifizierten und hochqualifizierten Tätigkeiten den größten Zuwachs beim Homeoffice haben. Auch bei Beamten ist ein deutlicher, wenn auch geringerer Anstieg zu beobachten.
Parallel zeigen sich deutliche Unterschiede nach Qualifizierungsniveau und Einkommen der Arbeitnehmenden (Abbildung 4). Vor allem Personen mit Stellen, die einen Hochschulabschluss erfordern, und Personen mit hohem Einkommen haben sowohl einen generell höheren Anteil an Homeoffice als auch einen besonders hohen Zuwachs im Analysezeitraum.
So stieg der Anteil von Homeoffice bei unqualifizierten Tätigkeiten und Tätigkeiten mit Berufsausbildung von niedrigen einstelligen Prozentzahlen vor der Pandemie auf 12,4 Prozent beziehungsweise 27,8 Prozent nach dem Ende der Pandemiemaßnahmen. Im Gegensatz dazu wuchs der Homeofficeanteil bei Tätigkeiten, die einen Hochschulabschluss erfordern, von 57 Prozent vor der Pandemie auf 70,3 Prozent nach dem Wegfall der Homeoffice-Pflicht.
Auch in Bezug auf die Arbeitszeit ergeben sich klare Unterschiede (Abbildung 5): Während geringfügig Beschäftigte kaum im Homeoffice arbeiten, war der Anteil unter Vollzeitbeschäftigten bereits vor der Pandemie höher als unter Teilzeitbeschäftigten und ist im Verlauf weiter gestiegen.
Zu Beginn der Pandemie nutzten Paare häufiger Homeoffice als Singles, dieser Unterschied nivellierte sich jedoch im weiteren Verlauf (Abbildung 6). Beschäftigte mit Kindern arbeiteten durchgehend häufiger im Homeoffice als jene ohne Kinder, unabhängig von der Pandemiephase. Das Angebot von Homeoffice könnte eine Flexibilisierung möglich machen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern.In aktuellen Studien zeigen sich unter anderem bei Frauen mit Kindern im Vorschulalter positive Effekte von Homeoffice auf die Lebenszufriedenheit, vgl. Claudia Senik et al.(2024): Teleworking and life satisfaction during COVID-19: the importance of family structure. Journal of Population Economics 37(1), 1–24. Geschlechterunterschiede sind in der Nutzung von Homeoffice hingegen kaum zu beobachten.
Frühere Analysen zeigten bereits, dass sowohl die Wochenarbeitszeit als auch die Zufriedenheit bei Beschäftigten, die Homeoffice nutzen, höher ist.Brenke (2016), a.a.O. Diese Ergebnisse bestätigen sich über den Zeitraum der Pandemie hinweg (Abbildung 7). Beschäftigte im Homeoffice haben in allen Abschnitten des Analysezeitraums eine höhere durchschnittliche Arbeitszeit (knapp 39 Stunden pro Woche in Präsenzarbeit und knapp 41 Stunden im Homeoffice). Sowohl die Einkommens- als auch die Arbeits- und generelle Lebenszufriedenheit der Beschäftigten, die im Homeoffice tätig sind, ist fast durchweg höher als die der Beschäftigten, die gar nicht im Homeoffice tätig sind (Abbildung 8). Homeoffice dürfte daher grundsätzlich positiv bewertet werden. International war es bereits vor der Pandemie deutlich verbreiteter, was darauf hindeutet, dass Deutschland hier Aufholpotenzial hatte.
Der Anteil von Homeoffice in Deutschland hat nach einer langen Phase der Stagnation ab 2021 deutlich zugenommen, begleitet von zeitweiligen Schwankungen im Zusammenhang mit den politischen Maßnahmen während der Pandemie. Der Anstieg variiert jedoch stark zwischen unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen und Unternehmensgrößen. Besonders hoch ist der Anteil in Sektoren wie dem Finanzwesen, der öffentlichen Verwaltung sowie den freiberuflichen und technischen Dienstleistungen. Im Gegensatz dazu verzeichnen kleinere Unternehmen nur eine geringe Zunahme von Homeoffice. Ein weiteres zentrales Ergebnis ist, dass vor allem höherqualifizierte Beschäftigte häufiger im Homeoffice arbeiten, während geringfügig Beschäftigte kaum von dieser Möglichkeit profitieren. Haushaltsstrukturen beeinflussen die Verbreitung von Homeoffice ebenfalls: Beschäftigte mit Kindern nutzen Homeoffice besonders häufig. Beschäftigte mit Homeoffice berichten insgesamt von einer höheren Zufriedenheit, verbunden mit einer tendenziell längeren Arbeitszeit.
Insgesamt wird deutlich, dass Homeoffice in Deutschland zu einem festen Bestandteil der Arbeitswelt geworden ist. Die Politik sollte diesen Wandel aktiv begleiten, um Chancengleichheit zu fördern und Homeoffice nachhaltig zu gestalten. So könnten gezielte Förderprogramme entwickelt werden, um die Verbreitung von Homeoffice auch in kleineren Unternehmen zu stärken. Hierzu könnten finanzielle Anreize für den Ausbau der digitalen Infrastruktur sowie Schulungsangebote für Führungskräfte und Mitarbeitende zählen.
Themen: Wohlbefinden, Arbeit und Beschäftigung
JEL-Classification: J28;I18;I31
Keywords: Working from home; Satisfaction
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2024-43-1