Kaufpreise dürften wieder anziehen – Spekulative Preisblase kann sich wieder füllen: Interview

DIW Wochenbericht 51/52 / 2024, S. 857

Konstantin A. Kholodilin, Erich Wittenberg

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Herr Kholodilin, die EZB hat den Leitzins seit September 2023 mehrfach gesenkt. Wie hat sich das auf die Finanzierungsbedingungen für Wohnimmobilien ausgewirkt? In der Tat haben sich die Finanzierungsbedingungen für Immobilen verbessert und die Leute nehmen jetzt wieder mehr Kredite auf. Allerdings ist das Volumen der Neubaukredite deutlich niedriger als noch vor zwei Jahren, denn obwohl die Zinsen mehrmals gesunken sind, sind sie im Vergleich zu vor zwei Jahren immer noch auf einem relativ hohen Niveau.

Die Immobilienpreise in Deutschland waren zwischenzeitlich zurückgegangen. Inwieweit hat sich die Situation seit letztem Jahr verändert? Im Vergleich zum letzten Jahr sind die Immobilienpreise im Durchschnitt um rund zwölf Prozent zurückgegangen. Allerdings zeigen einige Indikatoren bereits an, dass sie vor allem auf dem Wohnungsmarkt angefangen haben zu steigen. Deshalb kann man wahrscheinlich schon über einen Wendepunkt reden. Das heißt, die Korrekturphase ist vorbei und wir müssen in den nächsten Monaten mit steigenden Preisen rechnen.

In den letzten Jahren war von einer spekulativen Preisblase auf dem Immobiliensektor die Rede. Ist diese Situation vorbei? Nach meinem Urteil hat die Blase kräftig Luft verloren und die Korrektur der Preise hat stattgefunden. Inwieweit die spekulative Komponente dadurch komplett eliminiert wurde, kann ich jedoch nicht sagen, denn es gibt dazu verschiedene Einschätzungen. Wahrscheinlich besteht noch eine kleine spekulative Komponente, aber dennoch erwarten wir, dass die Preise demnächst wieder steigen werden.

Werden die Kaufpreise in den Städten stärker ansteigen als auf dem Land? Das mag sein, weil das Bevölkerungswachstum in Großstädten deutlich stärker ist als in kleineren Städten oder ländlichen Gebieten. Deshalb ist in der näheren Zukunft in den Städten auch mit einem stärkeren Anstieg der Preise zu rechnen.

Wie ist die Situation auf dem Mietmarkt? Auf dem Mietmarkt ist die Lage viel homogener. Die Mieten steigen, wobei sich der Anstieg im Vergleich zum letzten Jahr beschleunigt hat. Das betrifft alle Regionen, unabhängig davon, ob wir über eine Metropole oder über eine kleine Stadt reden. In den letzten Jahren ist die Bevölkerung stark gewachsen, vor allem durch Migration aus dem Ausland gespeist. Auf der anderen Seite stagniert der Wohnungsbau seit 2020. Das führt dazu, dass sich die Lücke zwischen Nachfrage und Angebot weiter ausweitet. Das sorgt wiederum dafür, dass die Mieten weiter steigen. Sie sind nicht gefallen, weil es bei den Mieten keine spekulative Komponente gibt, im Gegensatz zu den Kaufpreisen.

Wie hat sich das Verhältnis von Immobilienkaufpreis und Mietpreis entwickelt? In den letzten Jahren sind die Mieten gestiegen und die Kaufpreise gefallen. Deshalb nimmt das Verhältnis zwischen Kaufpreisen und Mieten ab.

Wie sind die Aussichten? Wann könnte sich die angespannte Situation am Wohnungsmarkt wieder verbessern? Hier bin ich leider nicht so optimistisch. Ich erwarte, dass in der nächsten Zukunft keine Verbesserung kommt, weil alle Faktoren dagegen sprechen. Die Nachfrage steigt und das Angebot stagniert. Deshalb gibt es für mich aktuell keine Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage auf dem Wohnungsmarkt.

Ist denn mit einer erneuten Preisblase zu rechnen? Das ist durchaus möglich. Wenn die Preise anfangen zu steigen, dann bekommen die Investoren Wind davon und steigen auch in den Markt ein, um von dem Immobilienboom zu profitieren. Deshalb kann ich das nicht ausschließen.

Das Gespräch führte Erich Wittenberg.

O-Ton von Konstantin A. Kholodilin
Kaufpreise dürften wieder anziehen – Spekulative Preisblase kann sich wieder füllen - Interview mit Konstantin A. Kholodilin

Konstantin A. Kholodilin

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Makroökonomie

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