Auch in Bezug auf die Bedeutung für den Klimaschutz hat sich die Bewertung von Erdgas erheblich gewandelt, und das DIW Berlin war wiederum ein Vorreiter in der wissenschaftlichen Bearbeitung: Mit der in den 1990er Jahren beschleunigten Klimadiskussion gelang es der Erdgaswirtschaft für längere Zeit, sich ein Image der „Brückentechnologie“ in ein post-fossiles Zeitalter zu geben, insbesondere mit Verweis auf die angeblich wesentlich schmutzigere Kohle. Auch die DIW-Forscher*innen ließen sich durch dieses Narrative (ver-)leiten und hoben die Bedeutung des Erdgases auch für die Energiewende hervor.infoCf. u.a. Engerer & Horn (2009): Erdgas für Europa: die Importe steigen deutlich, DIW Wochenbericht 17-2009; Neumann & Hirschhausen (2015): Natural Gas: An Overview of a Lower-Carbon Transformation Fuel, Review of Environmental Economics and Policy Bei genauerem Hinschauen ist jedoch Erdgas (technisch gesprochen „Methan“ = CH4) insbesondere unter Berücksichtigung des gesamten Transportwegs genauso klimaschädlich wie Kohle, und sein Klimaerwärmungsfaktor ist 87-mal stärker als der von Kohlendioxid (CO2). Somit ist deutlich, dass nicht nur für die Energiewende und Klimaneutralität in Deutschland bis 2045, sondern für Klimaschutz weltweit ein zeitnaher Ausstieg aus der Erdgasnutzung angeraten wäre.
Autor*innen: Christian von Hirschhausen und Franziska Holz
Christian von Hirschhausen war von 1995 bis 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter des DIW Berlin in der Abteilung „Weltwirtschaft“. Von 2004 bis 2009 war er Professor für Energieökonomik an der TU Dresden. Seit 2009 ist er Leiter des Fachgebiets Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik an der TU Dresden.
Franziska Holz ist stellvertretende Leiterin der Abteilung „Energie, Verkehr, Umwelt“, wo sie den Forschungsbereich „Ressourcen- und Umweltmärkte“ leitet. Sie ist seit 2004 am DIW Berlin, zunächst als Doktorandin in der Abteilung „Weltwirtschaft“ (bis 2008), dann als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung „Energie, Verkehr, Umwelt“ (seit 2009).