DIW Wochenbericht 6 / 2025, S. 75-82
Sandra Bohmann, Lars Felder, Peter Haan, Claudia Kemfert, Merve Kücük, Laura Schmitz, Jürgen Schupp
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„Besonders bei steigenden CO2-Preisen ist die Rückerstattung eines Großteils der Einnahmen in Form eines Klimagelds wichtig, um die gesellschaftliche Akzeptanz zu wahren.“ Lars Felder
Aktuelle Befragungsergebnisse zeigen, dass nur rund die Hälfte aller Erwachsenen in Deutschland einer pauschalen Rückerstattung von 80 Prozent der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in Form eines Klimageldes zustimmen würde. Sie belegen aber auch, dass ein angemessen hohes Klimageld selbst bei deutlich höheren CO2-Preisen zu einer höheren Akzeptanz führt. Derzeit vertritt noch knapp die Hälfte der Befragten eine eher ambivalente, also leicht zustimmende oder leicht ablehnende Meinung zum Klimageld. Diejenigen, die eine Rückerstattung von 80 Prozent der Einnahmen aus der zum Befragungszeitpunkt geltenden CO2-Bepreisung ablehnen, bekunden vor allem ihre generelle Ablehnung der CO2-Bepreisung. Als weiterer Grund wird die Skepsis hinsichtlich der klimapolitischen Wirksamkeit des betrachteten Klimagelds genannt. Der Grad der Zustimmung variiert zudem hinsichtlich einiger soziodemographischer Merkmale. In Anbetracht der absehbar steigenden CO2-Preise wird ein sozialer Ausgleich beispielsweise in Form eines Klimageldes notwendig sein. Die Studienergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, die vorhandenen Bedenken zur klimapolitischen Wirksamkeit und der gerechten Verteilung der Kosten zu adressieren. Hierzu müssen die Ausgestaltung und Wirksamkeit des Klimageldes besser erläutert werden.
Deutschland soll gemäß den Zielen des Klimaschutzgesetzes bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein. Bereits bis 2030 sollen die CO2-Emissionen um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 sinken.Bundesregierung (2024): Treibhausgasemissionen sinken deutlich (online verfügbar, abgerufen am 16. Januar 2025. Dies gilt für alle Onlinequellen in diesem Bericht). Der Expertenrat für Klimafragen fordert, dass zur Einhaltung dieser Ziele keinerlei Aufschub geduldet werden darf und es unverminderter klimapolitischer Anstrengungen bedarf.So warnt der Expertenrat für Klimafragen davor, dass Deutschland seine Ziele für 2030 durchaus auch verfehlen könne, da bisherige Emissionsreduktionen nur zum Teil der Klimaschutzpolitik geschuldet seien. Er mahnt deshalb weitergehende klimaschutzpolitische Maßnahmen an. Expertenrat für Klimafragen (2024): Gutachten zur Prüfung der Treibhausgas-Projektionsdaten 2024. Sondergutachten gemäß § 12 Abs. 4 Bundes-Klimaschutzgesetz vom 3.6.2024 (online verfügbar). Ein wirkungsvolles Instrument, um die Klimaziele zu erreichen, ist eine effektive CO2-Bepreisung durch den europäischen und nationalen Emissionshandel (Kasten 1).Eine Meta-Studie belegt die Wirksamkeit der CO2-Bepreisung mit einer statistisch signifikanten Emissionsreduzierung in Höhe von −4 Prozent bis −15 Prozent. Niklas Döbbeling-Hildebrandt (2024): Systematic review and meta-analysis of ex-post-evaluations on the effectiveness of carbon pricing. Nature Communications, Nr. 15, 41–47 (online verfügbar). Wenn die erlaubten Emissionsmengen sukzessive verringert werden, steigen die CO2-Preise und dadurch auch die Preise der fossilen Energieträger. Dies setzt breite wirtschaftliche Anreize zum Umstieg auf klimaschonende Alternativen.Sophie M. Behr et al. (2024): Sanierung sehr ineffizienter Gebäude sichert hohe Heizkostenrisiken ab. DIW Wochenbericht Nr. 19, 279–287 (online verfügbar).
Die CO2-Bepreisung in Deutschland erfolgt aktuell im Rahmen des europäischen Emissionshandelssystems (EU-ETS) für Industrie und Stromerzeugung und des nationalen Brennstoffemissionshandels (nEHS) für Kraft- und Heizstoffe. Der EU-ETS deckt die Stromerzeugung, Industrie sowie die Luftfahrt innerhalb der EU ab. Unternehmen in diesen Sektoren sind verpflichtet, Zertifikate für ihre Emissionen zu erwerben. Diese werden entweder versteigert oder in begrenztem Umfang kostenlos zugeteilt. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Zertifikate fließen in die nationalen Haushalte der Mitgliedstaaten und werden häufig für Klimaschutzmaßnahmen, Innovationen und soziale Kompensation verwendet. Der nEHS ergänzt das EU-ETS und gilt seit 2021 für fossile Brennstoffe in den Bereichen Verkehr und Gebäude in Deutschland. Hier kaufen zum Beispiel Energieunternehmen CO2-Zertifikate für die von ihnen verkauften fossilen Brennstoffe.
Bis Dezember 2024 lag der nationale CO2-Preis bei 45 Euro pro Tonne – dieser Preis galt auch während des Hauptbefragungszeitraums der im Bericht vorgestellten Studie. Zum 1. Januar 2025 wurde der Preis auf 55 Euro pro Tonne angehoben: Im Jahr 2026 wird er in einem Korridor von 55 bis 65 Euro pro Tonne liegen. Durch die schrittweise Verteuerung fossiler Energieträger sollen wirtschaftliche Anreize für klimafreundliche Technologien und Verhaltensweisen geschaffen werden. Die Einnahmen aus dem nEHS fließen direkt in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) des Bundeshaushalts. Sie sind zweckgebunden und dienen vor allem der Finanzierung energie- und klimapolitischer Maßnahmen im Rahmen von Förderprogrammen für Gebäudesanierungen und Elektromobilität.Für die Bundesregierung bleibt der KTF – auch nach der Streichung einer Rücklage in Höhe von 60 Milliarden Euro infolge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts „im Ergebnis ein Fonds für die Bürgerinnen und Bürger, für Arbeitsplätze und Wertschöpfung“. Die Bundesregierung (2023): Sondervermögen „KTF“. Milliardeninvestitionen in Energiewende, Klimaschutz und Transformation, Aktuelles 9. August 2023 (online verfügbar). Die in dieser Studie diskutierte Rückerstattung bezieht sicht ausschließlich auf die Einnahmen aus dem nEHS.
Wissenschaftliche Analysen zeigen, dass zur Erreichung der europäischen Klimaziele bis 2030 deutlich höhere CO2-Preise erforderlich sind. Eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) schätzt, dass in den Sektoren außerhalb des EU-ETS, wie Verkehr und Gebäude, CO2-Preise von bis zu 275 Euro pro Tonne notwendig sein könnten, um die Emissionsziele zu erreichen.Robert C. Pietzcker et al. (2021): Notwendige CO2-Preise zum Erreichen des europäischen Klimaziels 2030 (Ariadne Hintergrund). Potsdam Institute for Climate Impact Research (online verfügbar). Diese hohen Preise unterstreichen die Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen, um soziale Härten zu vermeiden und die Akzeptanz in der Bevölkerung zu sichern. Das Klimageld wird als zentrales Instrument der sozialen Abfederung diskutiert. Studien zeigen, dass eine direkte, pauschale Rückerstattung der CO2-Einnahmen an die Bevölkerung die Akzeptanz für steigende CO2-Preise erhöhen kann.Stephan Sommer, Linus Mattauch und Michael Pahle (2022): Supporting carbon taxes: The role of fairness. Ecological Economics, Vol. 195 (online verfügbar). Die Einführung eines Klimageldes in Deutschland ist bislang an administrativen und politischen Hürden gescheitert. So fehlen beispielsweise geeignete Mechanismen für die pauschale Auszahlung der Einnahmen.
Höhere fossile Energiepreise in den Bereichen Wärme und Mobilität bedeuten jedoch stärkere Belastungen für Verbraucher*innen. Dies betrifft die unteren Einkommensgruppen relativ stärker, da deren Energiekosten einen deutlich größeren Anteil am Haushaltsbudget ausmachen.Stefan Bach et al. (2024): CO2-Bepreisung: Klimaprämie zügig einführen, bei höheren Einkommen abschmelzen. DIW Wochenbericht Nr. 42, 647–655 (online verfügbar). Durch die CO2-Bepreisung entstehen zusätzliche Einnahmen für den Staat, die in den Klima- und Transformationsfonds fließen und im Bundeshaushalt ausschließlich für klimapolitische Zwecke verwendet werden dürfen. Diese Mehreinnahmen könnten auch für eine pauschale Rückerstattung (Klimageld) an alle Privatpersonen verwendet werden, um so die höhere finanzielle Belastung durch die CO2-Bepreisung teilweise oder ganz auszugleichen. Von einem so ausgestalteten Klimageld würden Haushalte mit geringen CO2-Emissionen überproportional profitieren. Da Haushalte mit geringen Einkommen häufig auch weniger Emissionen verursachen, könnte daher ein Klimageld die negativen Verteilungswirkungen der CO2-Bepreissung bei unteren bis mittleren Einkommensgruppen ausgleichen oder zumindest reduzieren.Stefan Bach et al. (2023): Verkehrs- und Wärmewende: CO2-Bepreisung stärken, Klimageld einführen, Anpassungskosten verringern. DIW Wochenbericht Nr. 23, 274–280 (online verfügbar).
Die Ampelkoalition hatte bislang auf eine Rückerstattung der Einnahmen aus dem Klima- und Transformationsfonds an die Bürger*innen – nicht zuletzt auch aufgrund eines bislang fehlenden Auszahlungsmechanismus – verzichtet.Vgl. hierzu die Antwort der Bundesregierung zum Umsetzungsstand zur Einführung und Auszahlung eines Klimageldes sowie die Mitteilung des Finanzministers Jörg Kukies vom Dezember 2024, dass im Jahr 2025 der Basismechanismus für pauschale Auszahlungen bereitstehe und dass „über konkrete Leistungen eine künftige Bundesregierung zu entscheiden habe”. Deutscher Bundestag (2024): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion CDU/CSU. Umsetzungsstand zur Einführung und Auszahlung eines Klimagelds, Drucksache 20/13865 vom 19.11.2024 (online verfügbar); Bundesministerium der Finanzen (2024): Bundesregierung bringt Eckpunkte für einen Direktauszahlungsmechanismus auf den Weg, Pressemitteilung vom 18.12.2024 (online verfügbar). Von wissenschaftlicher Seite wurde sehr früh auf – rascher realisierbare – Wege einer Rückerstattung hingewiesen. Jan Stede et al. (2020): Optionen zur Auszahlung einer Pro-Kopf-Klimaprämie für einen sozialverträglichen CO2-Preis. Endbericht eines Forschungsprojekts im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen (fe 3/19). DIW Berlin Politikberatung kompakt Nr. 155 (online verfügbar). Für die politische Umsetzung dieser auf CO2-Bepreisung basierenden Klimaschutzpolitik, die eine Zunahme der Belastungen für Verbraucher*innen nicht ausschließt, muss bei den Bürger*innen um Verständnis gerungen werden. Dabei dürfen vor allem Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen sowie Gruppen, die keine Möglichkeit zum Umstieg auf weniger CO2-intensive Alternativen haben, finanziell nicht überfordert werden.
In diesen Wochenbericht wird auf Basis einer Online-Umfrage unter erwachsenen Personen in Deutschland untersucht,Peter Haan dankt für finanzielle Unterstützung durch das Fördernetzwerk Interdisziplinäre Sozialforschung und das Forschungsprojekt Ariadne (AP7). wie groß die Zustimmung in der Bevölkerung zu verschiedenen klimapolitischen Maßnahmenbündeln, die jeweils aus einem CO2-Preis und einer pauschalen Rückerstattung von einem – für alle Erwachsenen in gleicher Höhe ausgezahlten – Klimageld bestehen.In der Studie wurde davon ausgegangen, dass Kindern nur die Hälfte des Klimageldes einer erwachsenen Person im Haushalt erstattet wird. Es wird auch gezeigt, wie sich der Grad der Zustimmung zwischen soziodemographischen Gruppen unterscheidet und wie sich die Zustimmung mit Höhe des Preises sowie unterschiedlichen Varianten einer Rückerstattung des Klimageldes verändert.
Bisherige Befragungen zur Akzeptanz der CO2-Bepreisung bei gleichzeitiger Entlastung von Verbraucher*innen durch ein Klimageld belegen, dass in Deutschland ein vergleichsweise hoher Grad an Zustimmung festgestellt werden konnte.Einige Studien zeigten, dass mögliche andere Formen der Entlastung der Bürger*innen stärkere Zustimmung erfahren können. Einen Überblick geben Rolf G. Heinze und Jürgen Schupp (2024): Klimageld als Transformationshebel – Gestaltungspotenziale und Umsetzungsblockaden. In: Kai-Uwe Hellmann (Hrsg.) (2024): Verbrauchersozialpolitik. Reihe Verbraucherforschung, Baden-Baden, 231–250 (online verfügbar). So ergab beispielsweise eine Umfrage von Juni 2023, dass rund 70 Prozent der Befragten einer CO2-Bepreisung zustimmen würden, sofern sie mit einer einheitlichen Rückzahlung an die Verbraucher*innen einherginge.Andrej Woerner et al. (2024): How to increase public support for carbon pricing with revenue recycling. Nature Sustainability, Nr. 7, 1–9 (online verfügbar). Zugleich hat aber eine vom RWI vorgelegte Studie ergeben, dass die derzeitigen Kenntnisse der Bürger*innen zur Wirkungsweise und zur Höhe der CO2-Bepreisung sowie der für sie daraus resultierenden finanziellen Konsequenzen als unzureichend einzustufen sind.Jana Eßer et al. (2023): CO2-Bepreisung in Deutschland: Kenntnisstand privater Haushalte im Jahr 2022. RWI Materialien, Diskussionspapier Nr. 157 (online verfügbar). Eine weitere Studie zeigt, dass die Akzeptanz für eine ambitionierte Klimapolitik und die Zustimmung zu konkreten klimapolitischen Maßnahmen steigt, wenn die betrachtete Klimaschutzmaßnahme von Bürger*innen sowohl als wirksam als auch als sozial gerecht wahrgenommen wird.Sara Holzmann und Frederik Digulla (2024): Klimapolitik für Akzeptanz. Der aktuelle Policy-Mix auf dem Prüfstand. Bertelsman Stiftung, Fokus Paper #25, 11f (online verfügbar). Ähnliche Erkenntnisse mithilfe unterschiedlicher Methoden lieferte auch bereits die Studie von Elisabeth Dütschke et al. (2023): Using the revenues from carbon pricing – Insights into the acceptance and perceptions of particularly burdened groups. Energy Policy, Vol. 175, Article 113468 (online verfügbar). Weiter belegt die Studie, dass der in Deutschland geltende CO2-Preis ohne eine direkte Rückerstattung der Einnahmen an die Bürger*innen überwiegend als ungerecht bewertet wird.
Die im November und Dezember 2024 und im Januar 2025 im Auftrag des DIW Berlin durchgeführte Befragung (Kasten 2) zeigt, dass knapp die Hälfte (48 Prozent) der 780 Befragten, die die Maßnahmenbündel bewertet haben, einer pauschalen Rückerstattung von 80 Prozent der Einnahmen aus der zum Umfragezeitpunkt geltenden CO2-Bepreisung an Privatpersonen zustimmen würde (Abbildung 1).In der Umfrage wurden die Befragten informiert, dass die restlichen 20 Prozent der Einnahmen in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert werden würden. Acht Prozent der insgesamt 850 Befragten gab gar keine Bewertung ab. Die im Folgenden berichteten Anteile beziehen sich jeweils auf die 780 Befragten, die die Maßnahmenbündel bewerteten.
Die Analyse basiert auf einem breit angelegten Online-Umfrageexperiment mit 6700 Befragten. Für den Wochenbericht wird nur die Kontrollgruppe herangezogen, die keine weiteren Informationstreatments erhalten hat und damit am ehesten mit der Allgemeinbevölkerung vergleichbar ist (N=850). Es werden ausschließlich Teilnehmende berücksichtigt, die einen Aufmerksamkeitstest erfolgreich absolviert haben. Die Auswahl der Teilnehmenden erfolgte zufällig und wurde hinsichtlich Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, Haushaltsgröße und Wohngebiet an repräsentative Verteilungen der deutschen Bevölkerung angepasst. Um herauszufinden, inwiefern die Zustimmung zu einer Politikmaßnahme mit den Parametern des jeweiligen CO2-Preises und Höhe der Rückerstattung variiert, wird ein Vignetten-Design verwendet, das den CO2-Preis und den Anteil der an die Haushalte zurückfließenden Einnahmen variiert. Die zentrale Ergebnisvariable ist die erklärte Unterstützung für die Einführung der spezifischen Kombination aus CO2-Preis und Höhe der Rückerstattung gemessen auf einer 6-Punkte-Likert-Skala. Die genaue Frage lautet „Alles in allem, sind Sie für die Einführung dieser Politik?” In dem Wochenbericht werden die zustimmenden und ablehnenden Antwortkategorien zu einer binären Variable zusammengefasst, die lediglich zwischen einer Haltung „für” und „gegen“ die Politikmaßnahme unterscheidet.
Das Einkommen wird als Haushaltsnettoeinkommen abgefragt, wobei die Optionen als Einkommensstufen angegeben werden. Es wird ein gewichtetes Äquivalenzeinkommen pro Person berechnet, indem die Mittelwerte durch die Anzahl der Personen im Haushalt geteilt werden. Erwachsene erhalten ein Gewicht von eins und Kinder von 0,5. Dann werden die Befragten in folgende drei Gruppen eingeteilt: niedriges Einkommen (unter 60 Prozent des Medianäquivalenzeinkommens), mittleres Einkommen (zwischen 60 Prozent und 150 Prozent des Medianäquivalenzeinkommens) und hohes Einkommen (über 150 Prozent des Medianäquivalenzeinkommens). Das Bildungsniveau wird auf Basis des höchsten Bildungsabschlusses ebenfalls in drei Kategorien eingeteilt: 1. bis mittlere Reife (kein Schulabschluss, Hauptschulabschluss, mittlere Reife), 2. Abitur, 3. Hochschulabschluss. Die Variable „Erneuerbare Heizenergie” gibt an, ob ein Teil des Heizenergiebedarfs im jeweiligen Haushalt mit Erneuerbaren (Holz, Solarthermie oder Umweltwärme) abgedeckt wird.
Die Regressionsergebnisse zum Zusammenhang zwischen soziodemographischen Merkmalen und der Zustimmung zu einem Maßnahmenpaket von 80 Prozent Rückerstattung der Einnahmen aus einem CO2-Preis von 45 Euro pro Tonne basieren auf mehreren linearen Regressionsmodellen. In diesen Modellen wird der Zusammenhang der einzelnen Kategorien auf die allgemeine Akzeptanz getrennt bewertet. Die Akzeptanz wird dabei als binäre Variable gemessen.
Für die Regressionsergebnisse zum Einfluss des Preises und des Rückerstattungsanteils auf die Zustimmung wird ebenfalls ein lineares Regressionsmodell verwendet. Der Preis, der Rückerstattungsanteil sowie fixe Effekte des Teilnehmenden werden berücksichtigt.
Auffallend ist, dass der vage Grad der Zustimmung („eher dafür“) oder auch Ablehnung („eher dagegen“) ebenfalls von der Hälfte der Befragten (53 Prozent) präferiert wird, während die Extrempositionen völliger Ablehnung oder auch völliger Zustimmung deutlich seltener vertreten werden. So sind lediglich 30 Prozent der Befragten wirklich „gegen“ oder „völlig gegen“ die Einführung eines Klimageldes bei einem CO2-Preis von 45 Euro pro Tonne CO2-Äquivalente – also dem während des Befragungszeitraumes geltenden CO2-Preis.Die Befragten, die noch im Januar 2025 befragt wurden (17 Prozent der hier untersuchten Stichprobe), wurden auf die Änderung des CO2-Preises zum 1.1.2025 auf 55 Euro pro Tonne hingewiesen. Sie wurden gebeten, den Fragebogen so auszufüllen, als ob der CO2-Preis weiterhin 45 Euro betragen würde.
In der Umfrage wurde auch nach den Gründen für eine Ablehnung der Kombination des zum Zeitpunkt geltenden CO2-Preises von 45 Euro pro Tonne bei einer pauschalen Rückerstattung von 80 Prozent gefragt. Die 406 Befragten, die dieses Maßnahmenpaket ablehnten, gaben am häufigsten (44 Prozent) an, generell die CO2-Bepreisung als klimapolitisches Instrument abzulehnen (Abbildung 2).
An zweiter Stelle stehen Bedenken hinsichtlich der finanziellen Belastung für den eigenen Haushalt (39 Prozent). Die Tatsache, dass ein großer Teil der Befragten um die eigene Kaufkraft besorgt ist, deutet darauf hin, dass die individuellen wie gesamtgesellschaftlichen Implikationen eines Klimageldes trotz der in der Fragestellung vorgenommenen Präzisierungen nicht vollständig verstanden wurden. Grundsätzlich würden alle Einkommensgruppen im Vergleich zum Status quo (keine Rückerstattung) finanziell profitieren. Es kann auch der Fall sein, dass dahinter eine grundsätzliche Überzeugung gegen die CO2-Bepreisung als klimapolitisches Instrument („Ich bin grundsätzlich gegen einen CO2-Preis“) steht.
Mehr als ein Viertel (26 Prozent) derjenigen, die eine 80-prozentige Rückerstattung der zum Befragungszeitpunkt geltenden CO2-Bepreisung ablehnten, gaben an, nicht zu verstehen, wie eine Kombination aus CO2-Bepreisung und Rückerstattung einen Klimaeffekt haben kann. 17 Prozent der Ablehnenden wünschten sich, dass die Einnahmen der CO2-Bepreisung nur an untere und mittlere Einkommensgruppen ausgezahlt werden. Acht Prozent der Ablehnenden gab an, dass höhere CO2-Preise nötig wären. Insgesamt deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass die Skepsis gegenüber Steuer- und Rückvergütungssystemen wie dem Klimageld eng mit einer generellen Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen und dem Eigeninteresse (Sorge um die eigene Kaufkraft) verknüpft ist. Außerdem spielen Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit (fehlendes Verständnis des Wirkungsmechanismus) und Gerechtigkeitsaspekte eine Rolle – ein Ergebnis, das mit früheren Studien übereinstimmt.Antoine Dechezleprêtre et al. (2022): Fighting climate change: International attitudes toward climate policies. National Bureau of Economic Research, Working Paper Series, Working Paper Nr. 30265 (online verfügbar). Gleichzeitig belegt eine aktuelle Übersichtsstudie, in der die Ergebnisse von 36 empirischen Studien zur Zustimmung zur CO2-Bepreisung sowie zu unterschiedlichen Einnahmeverwendungen untersucht wurden, dass eine pauschale Rückzahlung sowohl weltweit als auch in Europa tendenziell weniger Zustimmung findet als eine Reihe alternativer Verwendungen der Einnahmen wie Steuererleichterungen oder grüne Investments. Valencia Mohammadzadeh et al. (2024): Public support for carbon pricing policies and revenue recycling options: a systematic review and meta-analysis of the survey literature. npj Climate Action 3, Article Nr. 74 (online verfügbar).
Werden die verschiedenen Ausgestaltungen des Klimageldes betrachtet – CO2-Preis (45 Euro/Tonne versus 200 Euro/Tonne) und Höhe der Rückzahlung an die Verbraucher*innen (20 Prozent versus 80 Prozent) – so zeigt sich, dass die Zustimmung mit höherem CO2-Preis und niedrigerer Rückzahlung von 20 Prozent schwindet (Abbildung 3). Beim Szenario von einem CO2-Preis von 200 Euro pro Tonne und einer Rückzahlung von 20 Prozent geben nur noch 29 Prozent der Befragten an, diesem Maßnahmenbündel zuzustimmen. Bemerkenswert ist jedoch, dass selbst ein sehr hoher CO2-Preis von 200 Euro pro Tonne von 40 Prozent der Befragten befürwortet wird, sofern ein erheblicher Anteil der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung als Klimageld zurückerstattet wird. Wird in einem Regressionsmodell für die soziodemographischen Hintergründe der Befragten kontrolliert, so zeigt sich, dass ein CO2-Preis von 200 Euro statt 45 Euro die Zustimmung um elf Prozentpunkte reduziert, während eine Rückerstattung von 80 Prozent anstelle von 20 Prozent die Zustimmung um acht Prozentpunkte erhöht (Abbildung 4). Diese Ergebnisse unterstreichen, dass das Klimageld allein nur eingeschränkt geeignet ist, die breite Akzeptanz für ambitionierte Klimapolitik nachhaltig zu stärken. Insgesamt führen – wenig überraschend – höhere Preise zu einem Rückgang der Unterstützung eines Klimageldes, während eine höhere Rückerstattung die Unterstützung erhöht.
Im Folgenden wird die Zustimmung zu dem Maßnahmenbündel mit einem CO2-Preis von 45 Euro und einer Rückerstattung von 80 Prozent nach unterschiedlichen soziodemographischen Merkmalen differenziert. Dabei zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Alter der Befragten und der Ablehnung des Maßnahmenbündels. So sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Zustimmung im Vergleich zur jüngsten Gruppe der 18- bis 24-Jährigen um knapp 25 Prozentpunkte, wenn die Befragten 55 Jahre oder älter sind (Abbildung 5).
Befragte, die in einer Großstadt leben, sowie Personen, die erneuerbare Energiequellen (wie Umweltwärme oder Solarthermie) zum Heizen im eigenen Haushalt verwenden, weisen hingegen eine signifikant höhere Unterstützung zum Klimageld auf. Abgesehen von diesen Merkmalen lassen sich keine statistisch signifikanten Zusammenhänge zwischen anderen sozioökonomischen Merkmalen und der Unterstützung des Maßnahmenbündels feststellen. Personen, die ein Auto besitzen, zeigen zwar im Vergleich zu Personen ohne Auto eine tendenziell geringere Unterstützung; hier ist der Unterschied jedoch nicht statistisch signifikant. Interessant ist, dass das verfügbare Haushaltseinkommen keine Auswirkungen auf die Zustimmung hat, obwohl die Sorge vor einer zu starken finanziellen Belastung am zweithäufigsten als Grund der Ablehnung des betrachteten Maßnahmenbündels angeführt wurde.
Am 1. Januar 2025 ist der CO2-Preis von 45 auf 55 Euro pro Tonne gestiegen. Damit sind klimaschädliche Brennstoffe wie Heizöl und Gas teurer und ein Umstieg auf Elektromobilität, der Einbau von klimafreundlichen Heizungen oder die energetische Sanierung von Gebäuden tendenziell attraktiver geworden. Höhere fossile Energiepreise in den Bereichen Wärme und Mobilität erhöhen die finanziellen Belastungen von Verbraucher*innen. Davon sind untere Einkommensgruppen relativ stärker betroffen, da Energiekosten ein großer Posten in ihrem Haushaltsbudget sind. Die durch die CO2-Bepreisung entstehenden Einnahmen könnten genutzt werden, um Verbraucher*innen durch pauschale Klimageldzahlungen zu entlasten.
Die empirischen Studienergebnisse zeigen, dass etwa knapp die Hälfte der Befragten einem pauschalen Klimageld zustimmen würde. Vor allem bei der älteren Bevölkerung, aber auch bei in ländlichen Gegenden lebenden Menschen und solchen, die auf fossile Energiequellen zum Heizen angewiesen sind, stößt derzeit die Einführung eines Klimageldes auf signifikant geringere Zustimmung als in der Vergleichsgruppe. Wichtige Gründe der Ablehnung sind eine grundsätzliche Ablehnung von CO2-Preisen als klimapolitische Maßnahme sowie die Sorge vor finanziellen Mehrbelastungen. Die weitverbreitete Besorgnis um die eigene Kaufkraft unter der zum Befragungszeitpunkt geltenden CO2-Bepreisung deutet darauf hin, dass die Vorteile des Klimageldes – insbesondere für einkommensschwache Haushalte – noch nicht ausreichend kommuniziert wurden. Gleichzeitig hat sich ein erheblicher Teil der Bevölkerung noch kein klares Urteil zur Einführung des Klimageldes gebildet, was den Bedarf an weiteren Informationen unterstreicht.
Eine künftige Bundesregierung wäre gut beraten, in ihrem Regierungsprogramm nicht nur abstrakt einen „sozialen Kompensationsmechanismus“ für künftige Preisanstiege bei Nutzung fossiler Energien anzukündigen, sondern möglichst umgehend nach Regierungsbildung die Auszahlung eines Klimageldes mit verlässlichem Zeitplan zu beschließen und vor allem die erforderlichen Mittel im künftigen Haushaltsplan zu berücksichtigen. Neben einer Ankündigung der zu erwartenden Höhe des Klimageldes – insbesondere in Relation zu dem ab 2026 auf bis zu 65 Euro pro Tonne steigenden CO2-Preis – ist es wichtig, die konkreten Details der Ausgestaltung klar zu definieren. Hierbei ist beispielsweise zu klären, ob die Auszahlung für alle in pauschaler Höhe erfolgt, oder ob eine nach Belastung differenzierte Auszahlung vorgenommen werden soll. Des Weiteren ist zu überlegen, welcher Betrag für Kinder vorgesehen ist und inwieweit das Klimageld der Einkommenssteuerpflicht unterliegt. Die Auszahlung eines pauschales Klimageldes beinhaltet aufgrund des nach Einkommensgruppen unterschiedlichen CO2-Fußabdrucks bereits eine öko-soziale KomponenteEine Vielzahl wissenschaftlicher Studien belegt, dass eine Pro-Kopf-Auszahlung eines Klimageldes bereits eine „soziale Entlastungskomponente“ enthält, die dazu führt, dass die relative Entlastung bei den mittleren und unteren Einkommensdezilen deutlich größer ist, so dass das Klimageld der regressiven Belastung durch höhere Energiepreise entgegenwirkt. Vgl. Bach et al. (2023), a.a.O.. Sofern der Auszahlungsmechanismus für alle Bürger*innen eine pauschale Auszahlung vorsieht, könnte er rasch umgesetzt werden. Weitere soziale Staffelungen der Höhe eines Klimageldes können hingegen erst dann erfolgen, wenn hierzu die entsprechenden datenschutzrechtlichen Voraussetzungen geschaffen worden sind.
Soll das politische Fundament für mehr Klimaschutz in Deutschland nicht erodieren, so müssen einerseits Bedenken und Erwartungen der Bürger*innen ernst genommen werden, andererseits sind aber auch die Wirkungsmechanismen klimapolitischer Maßnahmen sowie deren sozialpolitische Flankierung sachgemäß zu kommunizieren. Auf diese Weise könnte die erforderliche Akzeptanz von Bürger*innen für weitere klimapolitisch erforderliche Schritte auf dem Weg zur Dekarbonisierung Deutschlands (zurück-)gewonnen werden.
Themen: Umweltmärkte, Steuern, Klimapolitik, Energiewirtschaft
JEL-Classification: D31;H23;Q41
Keywords: climate dividend, carbon tax, distribution, survey
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2025-6-1