DIW Wochenbericht 9 / 2025, S. 125
Alexander Kriwoluzky, Erich Wittenberg
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Herr Kriwoluzky, der Bitcoin besteht aus Nullen und Einsen, die auf einem Datenträger gespeichert werden. Gold hingegen kann man anfassen, bearbeiten oder sich in den Safe legen. Warum haben Sie diese beiden so unterschiedlichen Wertanlagen miteinander verglichen? Die Idee für diese Untersuchung kam mir im Gespräch mit jungen Studierenden. Für sie und auch für viele andere gilt Bitcoin als Anlageklasse. Es wird ganz konkret gesagt, wir kaufen Bitcoin nicht, weil es eine Währung ist oder weil wir denken, dass wir damit immer und überall bezahlen können, sondern wir kaufen Bitcoin, weil es eine Anlage ist. Wenn man sich dann überlegt, welche Charakteristiken Bitcoin hat, erkennt man, dass Bitcoin und Gold viele Gemeinsamkeiten haben. Zwar kann man Bitcoin nicht anfassen, aber Bitcoin zahlt genauso wie Gold keine Zinsen und Bitcoin zahlt genauso wie Gold keine Dividenden. Das einzige worauf man setzt, wenn man Bitcoin kauft, ist, dass man wieder mit Gewinn verkaufen kann. Das hat uns dazu gebracht, zu fragen, inwiefern die Gleichsetzung mit Gold auch für die Zentralbanken eine Rolle spielen könnte und ob sich Anlegende mit Bitcoin im Portfolio vor Schwankungen im Aktien- oder Anleihenmarkt schützen könnten.
Könnte Bitcoin ähnlich wie Gold als Absicherung gegen Kursverluste von Aktien oder Anleihen dienen? In unserer Studie finden wir heraus, dass das nicht der Fall ist, ganz im Gegenteil. Wir können bestätigen, dass Gold tatsächlich als Absicherung dienen kann. Das heißt, immer wenn der Aktienmarkt fällt, steigt der Goldkurs in der Regel etwas. Das hat damit zu tun, dass die Aktienkurse fallen, wenn hohe Unsicherheit herrscht, wie zum Beispiel nach dem Finanzcrash, nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine oder während der Pandemie. Gleichzeitig steigt der Goldpreis, weil sich viele Anlegende ins Gold flüchten. Beim Bitcoin sehen wir das nicht. Ganz im Gegenteil beobachten wir, dass immer wenn die Aktienkurse steigen und Menschen Aktien kaufen, auch der Bitcoin-Kurs steigt. Umgekehrt gilt, wenn die Aktienkurse fallen, sinkt der Bitcoin-Kurs ebenso. Deswegen ist Bitcoin keine gute Anlage, wenn man das Portfolio diversifizieren möchte.
Ist also Bitcoin nicht das neue Gold? Kurz und knapp gesagt: Bitcoin ist nicht das neue Gold.
Behält denn der Bitcoin in Krisenzeiten seinen Wert? Das ist eben nicht der Fall. Wenn man also eine sichere Währungsreserve haben möchte, dann sind Staatsanleihen, insbesondere deutsche Staatsanleihen, die wesentlich bessere Investition für Zentralbanken. Das ist ja auch das, was Zentralbanken machen. Dort liegen Staatsanleihen und dort sollte man kein Bitcoin haben. Bitcoin ist als Währungsreserve absolut ungeeignet.
Wie ist es denn zu erklären, dass man überhaupt in diese Richtung denkt? Denn die Diskussion um Bitcoin als Währungsreserve ist ja auch in der deutschen Politik durchaus aufgenommen worden. Diese Diskussion kommt ursprünglich aus den USA und wurde dort von Donald Trump und Elon Musk in die Welt gesetzt. Eine Motivation dafür könnte sein, dass die beiden den Bitcoin-Kurs vielleicht nach oben drücken wollten, beziehungsweise, dass sie auch für ein bestimmtes Klientel oder Wahlklientel in den USA interessant sein wollten. Gerade Elon Musk spricht da ja ganz stark die IT-Leute an. Zudem hat es natürlich auch immer etwas Libertäres, wenn man eine Währung hat, die nicht von der Zentralbank kontrolliert wird. Die Diskussion wurde dann in Deutschland von Leuten aufgenommen, die in den letzten Monaten in der Regel relativ unreflektiert Forderungen von Trump und Musk aufgenommen haben. So kam diese ganze Diskussion überhaupt erst hierher.
Das Gespräch führte Erich Wittenberg.
Themen: Geldpolitik, Finanzmärkte, Digitalisierung