News vom 5. März 2025
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) blickt auf 100 Jahre bewegte Geschichte zurück. Anlässlich des Jubiläums stellt das Institut heute im Roten Rathaus seine Chronik vor – gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, der Präsidentin der Leibniz-Gemeinschaft Prof. Dr. Martina Brockmeier und dem Wirtschaftshistoriker Prof. Dr. Nikolaus Wolf von der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Publikation mit dem Titel „Die Vermessung der Wirtschaft – 100 Jahre DIW Berlin“ beleuchtet alle Höhen und Tiefen der wechselvollen Institutshistorie, die eng mit der Geschichte der Hauptstadt verwoben ist.
Wegner würdigt das DIW Berlin als bedeutende Forschungseinrichtung für den Wissenschaftsstandort Berlin: „Seit seiner Gründung vor 100 Jahren prägt und bereichert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung mit seiner Arbeit maßgeblich unsere Stadt. Das DIW Berlin leistet mit seinen wissenschaftlichen Studien wie etwa zu Konjunktur, Transformation oder Energiewende einen wichtigen Beitrag für die politischen Debatten. Ein offener Austausch zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft sichert und stärkt unsere Demokratie. Ich wünsche dem DIW Berlin und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterhin viel Erfolg.“
„Seine Stadt“ Berlin hat das DIW Berlin seit Gründung im Jahr 1925 in über 300 Studien untersucht. Nach dem Krieg halfen Wissenschaftler*innen des Instituts, Berlin in den Marshallplan einzubinden, während der Blockade berechneten sie die Ladekapazitäten der Rosinenbomber, während der deutschen Teilung gingen sie auf Ost-Seite im Konsummarkt auf Datenjagd und beobachteten die Wirtschaftsentwicklung in der DDR so eng wie kaum jemand sonst. Später begleiteten die Forschenden erst den Immobilienboom, dann die Wohnungsnot und beobachteten die Kreativwirtschaft. Der Standort Berlin und die Berlin-Forschung des Instituts haben sich über die Jahrzehnte als äußerst wertvoll erwiesen. Die Studien des Instituts, das Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft ist, sind auch über die Stadtgrenzen hinaus von Relevanz: Konjunktur, Fragen der sozialen Ungleichheit und Verteilung, Gender Economics, Energiewende und Klimapolitik sind nur einige der Themen, die auf der Forschungsagenda des DIW Berlin stehen.
„Als eines der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ist das DIW Berlin aus der deutschen Wissenschaftslandschaft nicht mehr wegzudenken“, betont Leibniz-Präsidentin Brockmeier. „Es liefert herausragende Analysen und Daten, die als Grundlage für fundierte politische Entscheidungen dienen. Es schafft Plattformen für den evidenzbasierten Austausch zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft und stärkt damit den demokratischen Diskurs.“
Das DIW Berlin steht für innovative Forschung, unabhängige Politikberatung, Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und eine erstklassige Dateninfrastruktur. Mit kritischem Blick begleitet es die gesellschaftliche Transformation. „Das DIW Berlin zeichnet sich durch seine Unabhängigkeit und den Anspruch auf wissenschaftliche Exzellenz aus“, so Institutspräsident Marcel Fratzscher. „Diese Werte, zusammen mit der multidisziplinären Perspektive, stellen die Grundpfeiler des Instituts dar und prägen bis heute seine Arbeit.“
In der Weimarer Republik als „Institut für Konjunkturforschung“ gegründet, erlebte das Institut unter der Leitung des umstrittenen Ernst Wagemann eine Phase, die zunächst von wissenschaftlicher Unabhängigkeit und Innovationen, bald aber von Verstrickungen mit dem NS-Regime geprägt war. Das Institut erstellte für die Nazi-Diktatur kriegswirtschaftliche Analysen und unterstützte so den Unrechtsstaat und seine Vernichtungspolitik. Dieses dunkle Kapitel verdeutlicht die Notwendigkeit, die Vergangenheit kritisch zu reflektieren und sich der Bedeutung von Werten wie Offenheit, Vielfalt und wissenschaftlicher Freiheit bewusst zu sein.
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Nach dem Zweiten Weltkrieg schaffte das DIW Berlin einen Neuanfang und widmete sich der fundierten Analyse des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswachstums. Das Institut trug maßgeblich zum Wissenstransfer bei und etablierte sich als wichtiger Akteur in der wirtschaftspolitischen Beratung der Nachkriegszeit. In dieser Zeit wurden die Weichen für die zukünftige Ausrichtung des DIW Berlin als unabhängige Forschungseinrichtung gestellt.
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Die späten 1960er und 1970er Jahren waren eine Phase des Optimismus, gefolgt von Krisen und Ernüchterung, die durch die Ölkrise und wirtschaftliche Turbulenzen ausgelöst wurden. Das DIW Berlin setzte sich intensiv mit keynesianischen Theorien auseinander und analysierte die Auswirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen. Die Forschung kennzeichnete sich durch die Suche nach neuen Wegen zur Stabilisierung der Wirtschaft. Auch die DDR-Forschung rückte ins Zentrum der Studien.
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Mit dem Ende der sozialliberalen Koalition und der deutschen Wiedervereinigung stand das DIW Berlin vor neuen Herausforderungen. Das Institut forschte zu den wirtschaftlichen Folgen der Wiedervereinigung und beschäftigte sich mit Fragen der sozialen Gerechtigkeit und Verteilung. Diese Epoche des Wandels bewegte das Institut, sich neu zu positionieren und seine Forschungsschwerpunkte anzupassen. In diese Zeit fiel auch die Gründung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) im DIW Berlin, dessen Längsschnittdaten zu privaten Haushalten es Forschenden weltweit ermöglichen, Veränderungen im Leben von Menschen über lange Zeiträume hinweg zu verfolgen.
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Im Zeitalter der Globalisierung erfuhr das DIW Berlin eine wissenschaftliche Neuausrichtung und widmete sich verstärkt Fragen der Nachhaltigkeit, der sozial-ökologischen Transformation und den Auswirkungen multipler Krisen. Das Institut positionierte sich als Vorreiter bei der Analyse gesellschaftlicher Transformationen und trug mit seiner Forschung zur Gestaltung einer nachhaltigen und gerechten Zukunft bei. Diese Phase verdeutlicht die Relevanz des DIW Berlin als unabhängige und progressive Institution, die gesellschaftliche Debatten auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse bereichert.
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Neben der Chronik „Die Vermessung der Wirtschaft“ wird das Institut im Jahr 2025 in einer Online-Kampagne 100 Geschichten aus 100 Jahren DIW Berlin erzählen. Hier auf der Jubiläumswebseite des DIW Berlin finden Interessierte wöchentlich neue Texte, Podcastfolgen, Videos und Grafiken aus 100 Jahren Wirtschaftsforschung.
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