DIW Wochenbericht 11 / 2025, S. 173
Geraldine Dany-Knedlik, Erich Wittenberg
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Frau Dany-Knedlik, US-Präsident Donald Trump verhängt willkürlich Zölle und setzt langjährige Partner unter Druck. Zudem befindet sich Deutschland mitten in einem Regierungswechsel. Inwieweit lässt sich in dieser Situation eine belastbare Konjunkturprognose erstellen? Unter diesen Bedingungen gibt es eine größere Prognoseunsicherheit, denn die relevanten Faktoren und die abwärts- und aufwärtsgerichteten Risiken haben stark zugenommen. Wenn man jedoch klar kommuniziert, unter welchen Annahmen die Prognose erstellt wird, dann ist abgesichert, wie diese Prognose im Verhältnis zu Politikänderungen steht. Eine wichtige Annahme ist beispielsweise, welche Handelshemmnisse unterstellt werden. Eine andere wichtige Annahme ist, wie der finanzpolitische Spielraum beziehungsweise die öffentlichen Haushalte aussehen.
Mit welchen Wachstumszahlen rechnen Sie? Im laufenden Jahr gehen wir von einer Stagnation der deutschen Wirtschaft aus. Für das kommende Jahr rechnen wir damit, dass eine allmähliche Erholung einsetzt und das Wachstum bei 1,1 Prozent liegen wird. Dabei muss man aber berücksichtigen, dass wir 2026 zum einen mehr Arbeitstage haben und zum anderen einen statistischen Überhang. Das heißt, dass die Verteilung der Wachstumsdynamik über die Quartale dafür sorgt, dass die Jahresrate etwas höher ausfällt. Wir nehmen an, dass alle Zölle, die jetzt beschlossen wurden, in Kraft bleiben. Gleichzeitig nehmen wir die Haushaltsplanung der alten Ampelkoalition aus dem Herbst letzten Jahres als Grundlage, da wir den neuen Haushalt noch nicht kennen.
Wie hat sich die deutsche Wirtschaft im letzten Quartal 2024 geschlagen? Zum Jahresende ist die deutsche Wirtschaft noch einmal etwas geschrumpft. Das lag vor allem an einem sehr negativen Außenhandel. Die deutschen Exporte sind stark zurückgegangen, insbesondere in die USA und nach China. Dem etwas entgegengewirkt haben die Exporte in unsere europäischen Nachbarländer. Das ist ein positives Zeichen. Zudem wurden im vierten Quartal einige Güter auf Lager produziert – vor allem dadurch ist die inländische Verwendung gestiegen.
Wie sieht es beim privaten Konsum aus? Der private Konsum entwickelt sich in diesem Jahr sehr schleppend. Wir sehen, dass die Menschen Sorge haben, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Gerade in der deutschen Industrie wird seit geraumer Zeit Beschäftigung abgebaut. Das verunsichert. Diejenigen, die es sich leisten können, legen Geld für schlechtere Zeiten auf die Seite. Die Sparquote liegt saisonbereinigt sehr hoch bei über elf Prozent. Diese Verunsicherung dürfte sich erst im Laufe des Jahres etwas abmildern.
Wie entwickeln sich die Inflation und die Verbraucherpreise? Wir gehen davon aus, dass sich die Verbraucherpreise weiter stabilisieren werden und die Inflation um die zwei Prozent liegen wird. Die Energiepreise geben etwas nach. Das ist sehr gut und stützt diese Entwicklung. Mit etwas Sorge blicken wir zurzeit auf die etwas gestiegenen Nahrungsmittelpreise. Die sind wichtig für die Konsumentenstimmung, da die Haushalte diese Preise besonders wahrnehmen.
Wo sehen Sie positive konjunkturelle Impulse? Ein positiver konjunktureller Impuls ist ganz sicher die sich aufhellende Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe. Die zuletzt kräftigen Produktionszahlen zeigen, dass hier noch Luft nach oben ist. Sollten zudem das geplante Sondervermögen für Infrastruktur und die zusätzlichen Gelder für Verteidigung tatsächlich kommen, wäre das natürlich ein Gamechanger für die deutsche Industrie und ein positives Signal für industrienahe Unternehmen.
Das Gespräch führte Erich Wittenberg.
Themen: Konjunktur, Geldpolitik