Geld ausgeben? Ja, aber im Wettbewerb: Kommentar

DIW Wochenbericht 14 / 2025, S. 218

Tomaso Duso, Rupprecht Podszun

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Das Schuldenpaket der künftigen Bundesregierung steht. Über das „Ob“ wurde viel diskutiert. Jetzt drängen sich zwei weitere Fragen auf: Wofür genau soll das Geld eigentlich ausgegeben werden? Und wie? Die Entscheidung über das „Wofür“ erfordert einen gesellschaftlichen Diskurs und eine starke politische Prioritätensetzung. Ebenso entscheidend ist, wie der Staat die Mittel einsetzt. Beschaffung und die Vergabe von Infrastrukturprojekten zählen nicht gerade zu den Paradedisziplinen der Staatsverwaltung. Mit den gewaltigen Summen, die jetzt zur Verfügung stehen, steigt auch das Risiko.

Das wichtigste Gegenmittel: Wettbewerb. Nur er garantiert, dass die Mittel effizient und innovationsfördernd eingesetzt werden. Auch mögliche Nebenwirkungen wie Preissteigerungen und Inflation fallen geringer aus, wenn der Wettbewerb gestärkt wird. Ja, wenn wettbewerbsorientiert agiert wird, bietet sich sogar eine Chance zum Aufbruch. Schon jetzt sollten die Koalitionspartner fünf Grundsätze festschreiben, die das Prinzip Wettbewerb für den Einsatz der Mittel absichern:

Erstens: Die Gelder – insbesondere für Rüstungsausgaben – sollten zumindest europaweit vergeben werden. Derzeit sind Rüstungsmärkte in Europa zersplittert. Den Unternehmen fehlen Größenvorteile und zugleich binden sich Staaten gern an die Unternehmen aus ihrer Heimat. Gerade in der Rüstungsindustrie mit komplexen und langfristigen Großaufträgen besteht die Gefahr von langfristigen Abhängigkeiten. Dies kann vermieden werden, indem von Anfang an auf Wettbewerb gesetzt wird. Dem Verlust von Synergieeffekten stehen Risikostreuung und Wettbewerbsvorteile gegenüber.

Zweitens: Die Beschaffungsverfahren sollten modernisiert werden. Planung und Ausführung sollten so weit wie möglich getrennt werden, um verschiedenen Unternehmen die Chance zu geben, sich zu beteiligen. Die staatliche Innovationsagentur SPRIND zeigt bespielhaft, wie moderne Beschaffung aussehen kann – etwa durch Ideenwettbewerbe und eine flexible Herangehensweise, die verschiedene Lösungswege zulässt, statt ein Ergebnis im Detail vorzugeben.

Drittens: Bei der Beschaffung sollte systematisch Innovation berücksichtigt werden. Zwar wird ein Großteil des Geldes in klassische Infrastrukturprojekte fließen, doch Digitalisierung, KI und Dekarbonisierung treiben auch in diesen Bereichen Innovationen voran. Oft werden die Impulse von Start-ups und Forschungseinrichtungen kommen, sie sollten gezielt eingebunden werden. Um die Großprojekte zu Katalysatoren für die Zukunft zu machen, sollten Spillover-Effekte und dual use (also zivile Nutzung) bei militärischen Erkenntnissen gefördert werden.

Viertens: Wenn die massiven Investitionen einen echten Strukturwandel in der Wirtschaft anschieben sollen, können die staatlichen Behörden nicht stehenbleiben. Das Schuldenpaket sollte Verwaltungsmodernisierung vorantreiben. Behörden leiden unter ihrer Monopolträgheit, aber auch hier kann das Wettbewerbsprinzip zu mehr Effizienz beitragen. Gezielte Anreize für Mitarbeiter*innen, regelmäßige Datenerhebung mit Monitoring sowie gezielte Personalrotation können starre und verkrustete Strukturen aufbrechen.

Fünftens: Je höher die Ausgaben, desto stärker müssen die Sicherungsmechanismen sein. Der Ruf nach Entbürokratisierung darf nicht dazu führen, dass auch das weggeschnitten wird, was an Kontrolle nötig ist. Das Beihilferecht und das Vergaberecht zum Beispiel können und müssen zwar vereinfacht und beschleunigt werden, sie dienen aber dem Schutz vor Wettbewerbsverzerrungen und Fehlausgaben – eine inhaltliche Entwertung wäre aber falsch. Ähnliches gilt für moderne Instrumente, mit denen Korruption und Wettbewerbsverzerrungen aufgedeckt und bekämpft werden.

Die Entscheidung des Bundestags wurde als „historisch“ bezeichnet. Jetzt kommt es darauf an, dass sie der Start für einen Wettkampf um die Zukunft wird.

Dieser Kommentar ist am 27. März 2025 im Handelsblatt erschienen.

Tomaso Duso

Abteilungsleiter in der Abteilung Unternehmen und Märkte

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