DIW Wochenbericht 21 / 2025, S. 312
Claudia Kemfert, Erich Wittenberg
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Frau Kemfert, die Spree ist eine wichtige Wasserader in Sachsen, Brandenburg und Berlin. Ist die Wasserversorgung dieser Regionen durch den Fluss gesichert oder muss man in Zukunft mit Problemen rechnen? Man muss in der Zukunft mit Problemen rechnen, weil einerseits das Wasserangebot in der Spree höher ist, als es natürlicherweise wäre. Das liegt daran, dass der Braunkohletagebau Grundwasser abpumpt und in den Fluss leitet. Wenn jetzt der Kohleabbau beendet wird, muss der Grundwasserspiegel sich wieder stabilisieren und man hat ein geringeres Wasserangebot. Zum anderen hat das erhöhte Angebot eine recht hohe Wassernachfrage generiert. Das führt zu Nutzungskonflikten zwischen verschiedenen Sektoren.
Welche Maßnahmen müssten ergriffen werden, damit es in Zukunft zu keinen weiteren Wasserkonflikten kommt? Wir brauchen eine nachhaltige Wasserwirtschaft. Sowohl die lokale Anpassung der Nachfrage muss in den Blick genommen werden, aber auch das Angebot. Wir schlagen eine Anpassung der Wasserentgelte in den betroffenen Ländern Sachsen, Brandenburg und Berlin vor, wo durch Erhöhung dieser Wasserentgelte Einsparungen der Wassernachfrage insbesondere im Bereich von Industrie und Gewerbe erreicht werden können. Und wir schlagen vor, auch die Angebotsseite zu stabilisieren, zum Beispiel durch eine Renaturierung von Flussauen, damit sich die Speicherfähigkeit erhöht. Auch das Potenzial von Regenwasserrückhaltung müsste stärker berücksichtigt werden.
Es gibt ja auch den Vorschlag, große Wassermengen aus der Elbe in die Spree umzuleiten. Was halten Sie davon? Die Entnahme von großen Mengen Wasser aus der Elbe ginge zulasten von Hamburg und zugunsten von Berlin. Das würde somit wieder zu größeren Nutzungskonflikten zwischen Landwirtschaft, Industrie, Tourismus sowie auch der Trinkwasserversorgung und dem Naturschutz führen. Deswegen ist es wichtig, dass man eher einen umweltökonomischen Ansatz wählt, der Angebot und Nachfrage stärker einbezieht. Das würde Fehlanreize vermindern und verhindern, dass eine künstliche Wasserknappheit durch diesen sehr großen Eingriff gefördert wird.
Wie groß wären die Einsparungen, die man mit den von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen erreichen könnte? Wir haben verschiedene Modellrechnungen erstellt, nach denen sich die Einsparungen im Bereich von Industrie und Gewerbe auf sechs bis 21 Prozent beziffern. Wir sollten daher eher technologische Effizienz und auch mehr Recycling in den Blick nehmen, denn diese Unternehmen sind ja in der Lage, weniger Wasser zu verbrauchen.
Müssten dann auch die Anliegerregionen mehr Geld für die Wasserentnahme bezahlen als bisher? Ja, aber es hängt jetzt davon ab, wie. Wir haben verschiedene Modellierungen gemacht, in denen wir von einer Vereinheitlichung der Wasserentgelte ausgehen. Das würde bedeuten, dass eine Zunahme der Wasserentgelte in allen Regionen zu einer effizienteren Nutzung von Wasser führt. Aber wichtig ist, dass man hier dynamische Wasserentgeltanpassungen hat, um Wasserkonflikte in den Griff zu bekommen.
Das heißt, die Politik müsste länderübergreifend eine solche Regelung einführen? Der Ball liegt bei der Politik, eine solche länderübergreifende Anpassung vorzunehmen. Wir brauchen hier ein vernünftiges umweltökonomisches Wassermanagement, was nicht nur auf Industriepolitik ausgerichtet ist, sondern die Verteilungskonflikte zwischen den Sektoren besser in den Griff bekommt. Das ist im Übrigen ja auch eine Verordnung der EU, die wir entsprechend umsetzen müssen.
Das Gespräch führte Erich Wittenberg.