DIW Wochenbericht 22 / 2025, S. 328
Sarah Godar, Erich Wittenberg
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Frau Godar, der automatische Informationsaustausch CRS (Common Reporting Standard) verpflichtet Banken und andere Finanzinstitute seit 2017, Kontostände und Kapitalerträge auf Konten im Ausland zu melden. Eigentlich sind über 100 Länder am CRS beteiligt. Warum standen Ihnen für Ihre Analyse lediglich Daten aus 16 Ländern zur Verfügung? Erstaunlicherweise sind die beteiligten Länder zögerlich, Statistiken dazu zu veröffentlichen. Viele begründen das damit, dass die internationalen Abkommen ihnen nicht erlauben, die Daten für etwas anderes als für die Steuerfahndung zu verwenden. Das ist eine fragwürdige Interpretation, denn bei Statistiken kann man sich eigentlich nicht auf das Steuergeheimnis berufen, das bei Individualdaten natürlich gilt.
Wie gut sind die Daten, die Sie bekommen haben? Der Informationsaustausch hat mit allen Ländern, die uns Daten geschickt haben, in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Das ist natürlich zunächst einmal gut. Wir haben zum Beispiel erfragt, wie hoch die Zuordnungsraten sind, um zu erfahren, wie gut die Steuerbehörden die empfangenen Informationen mit Informationen über Steuerzahler*innen im Inland verknüpfen können. Erstaunlicherweise geben die Steuerbehörden an, dass sie Zuordnungsraten von über 80 Prozent im Falle Deutschlands und in Belgien, Spanien und Norwegen sogar über 90 Prozent haben. Das heißt, die Datenqualität scheint nicht schlecht zu sein. Entgegen dem, was viele Beobachter erwartet hatten, können die Steuerbehörden die Daten den inländischen Steuerpflichtigen relativ gut zuordnen. Mit einer Einschränkung: Bei den Firmenkonten scheint noch etwas Nachbesserungsbedarf zu bestehen.
Zu welchem Anteil gehört denn das gemeldete Vermögen Firmen und zu welchem Anteil gehört es Privatpersonen? Wenn man nur die Anzahl der Konten betrachtet, dann wären weniger als fünf Prozent der Konten Firmenkonten. Aber da die Firmenkonten ein viel höheres Guthaben aufweisen, sind es dann doch etwa 50 Prozent der Vermögen, die Firmen gehören oder die von Firmen gehalten werden.
Ein zentrales Ziel des CRS ist es, die wirtschaftlich Berechtigten hinter Briefkastenfirmen zu identifizieren. Inwieweit lässt sich das tatsächlich feststellen? Wir haben die Länder dazu befragt, aber nur von Dänemark und Großbritannien Rückmeldungen bekommen. Diese haben gesagt, dass im Schnitt bei 60 Prozent der Konten passiver Firmen Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten vorliegen. Das ist nicht perfekt, aber schon mal ziemlich gut, würde ich sagen.
Welche Rolle spielen die CRS-Daten für die Steuerfahndung? Der automatische Informationsaustausch hat natürlich eine abschreckende Wirkung. Es gibt Studien, die zeigen, dass die freiwillige Meldung von Auslandskonten nach Einführung des automatischen Informationsaustauschs gestiegen ist. Noch dazu können die Steuerbehörden die Daten, die sie erhalten, auch für die Steuerfahndung oder die Steuerprüfung nutzen.
Was müsste geschehen, um die Effektivität des Informationsaustausches zu verbessern? Nach den Angaben, die wir jetzt von den Steuerbehörden erhalten haben, sieht es so aus, dass die Zuordnungsraten bei Firmenkonten noch etwas verbessert werden könnten. Darüber hinaus wäre es natürlich interessant, etwas mehr darüber zu erfahren, wie die Steuerbehörden diese Daten in der Steuerfahndung einsetzen. Da halten sich die Regierungen bisher recht bedeckt, vielleicht weil sie noch damit experimentieren und die Ergebnisse noch nicht vorzeigbar sind. Aber nach inzwischen acht Jahren mit dem automatischen Informationsaustausch kann die Öffentlichkeit eigentlich ein paar mehr öffentliche Evaluationen des Projekts erwarten.
Das Gespräch führte Erich Wittenberg.
Themen: Verteilung, Ungleichheit, Steuern