„Grüne“ Einstellungen von Verbraucher*innen sind effektive Stellschraube für mehr Umweltschutz

DIW Wochenbericht 23 / 2025, S. 335-341

Sonja Dobkowitz

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  • Studie zeigt für Automobilbranche in den USA, dass „grünere“ Einstellungen von Verbraucher*innen Forschungsinvestitionen beeinflussen können
  • Sind Haushalte bereit, sich umweltbewusster zu verhalten, steigen Patentanmeldungen für „saubere“ Technologien, also elektrisch, hybrid oder mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge
  • Forschungsinvestitionen in Verbrennungsmotoren blieben im Untersuchungszeitraum von 2006 bis 2019 langfristig allerdings unverändert
  • Positiver Effekt von „grünerer“ Nachfrage auf Entwicklung sauberer Technologien stärker und langlebiger als im Fall steigender Benzinpreise
  • „Grüneres“ Konsument*innenverhalten sollte als Stellschraube grüner Transformation verstärkt genutzt werden, etwa durch mehr Informationen zu Produktemissionen

„Firmen beziehen die Einstellungen von Verbraucher*innen in ihre Innovationsentscheidungen ein. Das kann viel bewirken – die Politik sollte sich diese Erkenntnis bei Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen stärker zunutze machen.“ Sonja Dobkowitz

Verbraucher*innen haben heutzutage bei vielen Produkten die Wahl, sich für eine umweltfreundlichere Variante zu entscheiden, beispielsweise beim Kauf eines Autos. In dieser Studie wird auf Basis von Haushaltsdaten aus den USA für die Jahre 2006 bis 2019 und anhand der Automobilbranche untersucht, ob „grünere“ Einstellungen von Verbraucher*innen Forschungsinvestitionen von Firmen beeinflussen können. Die Ergebnisse legen nahe, dass das der Fall ist: Sind die Haushalte grundsätzlich bereit, sich umweltbewusster zu verhalten, steigen die Patentanmeldungen im Bereich der elektrisch, hybrid oder mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeuge stark an. Die Investitionen in konventionelle Verbrennungsmotoren bleiben langfristig jedoch unverändert. Der Effekt einer „grüneren“ Nachfrage auf die Entwicklung sauberer Technologien ist langfristiger Natur und stärker ausgeprägt als bei einem Anstieg der Benzinpreise. Die Bereitschaft der Konsument*innen, umweltfreundlichere Produkte zu kaufen, sollte daher als Stellschraube der grünen Transformation verstärkt in den Blick genommen und gefördert werden. Ein Ansatzpunkt könnten striktere Transparenzvorgaben zu Emissionen sein, die bei der Produktion und Nutzung eines Produkts entstehen.

Klimawandel und Umweltschutz sind Aspekte, die heutzutage zumindest ein Teil der Verbraucher*innen bei Konsumentscheidungen mitbedenkt. Die Konsument*innen entscheiden also nicht nur, ob sie ein Produkt überhaupt kaufen und nutzen, sondern auch darüber, welche Umweltauswirkungen damit einhergehen. So haben beispielsweise Autokäufer*innen die Wahl zwischen emissionsarmen Elektroautos oder herkömmlichen Verbrennern.

Im Allgemeinen gilt die Umrüstung auf elektro- oder wasserstoffbetriebene Fahrzeuge in vielen Ländern als ein wesentlicher Bestandteil der grünen Transformation und entsprechender politischer Bemühungen. Geebnet werden soll dieser Weg zum Beispiel durch Subventionen für den Kauf von Elektroautos, erhöhte Steuern auf fossile Brennstoffe oder das Verbot von nichtemissionsfreien Fahrzeugen.infoEin Verbot des Verkaufs von Neufahrzeugen, die nicht ohne Emissionen betrieben werden können, wurde im März 2023 auf EU-Ebene beschlossen und soll ab 2035 gelten. Vgl. Pressemitteilung der EU-Kommission vom 28. März 2023: EU-Staaten stimmen – endgültig – für emissionsfreie Autos ab 2035 (online verfügbar; abgerufen am 15. Mai 2025. Dies gilt auch für alle anderen Online-Quellen dieses Berichts, sofern nicht anders vermerkt). Die Wirkungsweisen steuerpolitischer InstrumenteinfoPhilippe Aghion et al. (2016): Carbon Taxes, Path Dependency, and Directed Technical Change: Evidence from the Auto Industry. Journal of Political Economy 124(1), 1–51 (online verfügbar) zeigen für die Automobilbranche in den USA, dass ein Anstieg der Benzinpreise zu einem Anstieg der Investitionen in alternative Technologien wie hybrid oder elektrobetriebene Fahrzeuge führt. Todd D. Geraden (2023): Demanding Innovation: The Impact of Consumer Subsidies on Solar Panel Production Costs (online verfügbar) untersucht den Effekt von Subventionen für Solarkollektoren. Die Analyse zeigt, dass Subventionen nicht nur einen direkten positiven Effekt auf Innovationen haben, sondern durch Wettbewerbseffekte auch den Anreiz für Innovationen in anderen Ländern erhöhen. David Popp (2019): Environmental Policy and Innovation: A decade of research (online verfügbar) diskutiert in einem Übersichtspapier Literatur zu den Zusammenhängen von Umweltpolitik und Innovation. in diesem Zusammenhang sind gut untersucht, nicht jedoch die Effekte einer intrinsisch motivierten „grüneren“ Nachfrage. Damit sind nichtmonetäre Motive gemeint, sich umweltfreundlich zu verhalten. Klima- und Umweltschutz stehen in diesem Sinne für einen Wert, dem sich ein*e Verbraucher*in beim Kauf entsprechend verhält. Das kann sogar bedeuten, dass man für bestimmte Güter einen höheren Preis als in der umweltschädlicheren Variante zu zahlen bereit ist. Durch Standards für Transparenz über Emissionen und Umweltauswirkungen, die durch den Konsum und die Produktion eines Gutes entstehen, kann die Politik eine grünere Nachfrage ermöglichen und sogar fördern.infoAls Beispiel für politische Bestrebungen siehe: Europäisches Parlament (2024): Sustainable Consumption and Production (online verfügbar). Siehe auch Sachverständigenrat für Umweltfragen (2023): Politik in der Pflicht: Umweltfreundliches Verhalten erleichtern. Sondergutachten (online verfügbar). Anna Schulze Tilling (2025): The Effectiveness of Carbon Labels (online verfügbar) weist den Effekt von Informationsbereitstellung zu Emissionen im Mensakontext nach.

Wie Firmen ihre Forschungsinvestitionen auf ein verändertes Konsumverhalten anpassen, ist – am Beispiel der USA – der Fokus dieses Berichts. Abschließend soll der Effekt mit demjenigen verglichen werden, den steigende Benzinpreise auf die Forschungsinvestitionen der Automobilhersteller haben.

Messung von Haushaltspräferenzen ist eine Herausforderung

Dieser Studie liegen Daten aus den USA für den Zeitraum von 2006 bis 2019 zugrunde. Zur Quantifizierung der Effekte wird ein empirischer Ansatz verwendet (Kasten). Dieser vergleicht das Innovationsverhalten von Firmen, deren Kund*innen unterschiedliche Präferenzen aufweisen.infoDie hier dargestellten Ergebnisse und Methoden basieren auf Olimpia Cutinelli-Rendina, Sonja Dobkowitz und Antoine Mayerowitz (2025): Environmentally-Responsible Households: Irresponsible Corporate Lobbying. DIW Discussion Paper Nr. 2115 (online verfügbar). Dafür ist es erforderlich, die Haushaltspräferenzen zu mehreren Zeitpunkten an unterschiedlichen Orten zu kennen. Die Bereitschaft, sich umweltfreundlicher zu verhalten, wird für gewöhnlich jedoch durch Umfragen erhoben, die weder die benötigte geografische Auflösung aufweisen noch ausreichend häufig durchgeführt werden. Aus diesem Grund wurden für diese Analyse Daten zur Suchhäufigkeit nach geeigneten Begriffen in einer Online-Suchmaschine (Google) genutzt.

Zur Herleitung der Ergebnisse wird eine empirische Methode (Instrumental Variable Shift-Share Approach) angewandt. Diese berücksichtigt nur solche Veränderungen der Haushaltspräferenzen in den USA, die durch Waldbrände erklärbar sind.infoDie Daten zu Waldbränden stammen von der NASA (Fire Information for Resource Management System (FIRMS, online verfügbar). Berücksichtigt wird die Nähe eines Bundesstaates zu den Waldbränden, deren Intensität und Größe. Cutinelli-Rendina, Dobkowitz und Mayerowitz (2025), a.a.O. belegen, dass dies den Index für Haushaltspräferenzen ausreichend stark beeinflusst. Dieser Ansatz soll sicherstellen, dass die Ergebnisse kausal interpretierbar sind. Andernfalls wäre es zum Beispiel denkbar, dass ein verändertes Angebot von Produkten – in diesem Fall Autos – zu „grüneren“ Präferenzen der Haushalte führt und fälschlicherweise als Reaktion auf „grünere“ Haushaltspräferenzen zurückgeführt wird. Derselbe Ansatz stellt auch sicher, dass es nicht Politikmaßnahmen sind, die sowohl das Konsumverhalten der Haushalte als auch die Investitionsentscheidungen von Unternehmen beeinflussen. Die zugrundeliegende Annahme ist, dass ohne die Veränderung der Haushaltspräferenzen infolge der Waldbrände kein systematischer Unterschied zwischen diesen Firmen besteht.

Dies ist eine riskante Annahme: So verkaufen Firmen in Gegenden mit höherer Waldbrandgefahr höchstwahrscheinlich umweltfreundlichere Produkte oder unterliegen strengeren Umweltregularien. Um auszuschließen, dass die Ergebnisse von solchen anderen Faktoren beeinflusst sind, berücksichtigt der methodische Ansatz systematische Unterschiede zwischen Firmen, Zeitpunkten und Regionen. Hierzu werden in das empirische Modell sogenannte „fixed effects“ für den Zeitraum und die Firma als erklärende Variablen einbezogen. Selbiges gilt für bundesstaatenspezifische Kontrollvariablen wie den Anteil von Pendler*innen in der Bevölkerung.

Der Effekt „grünerer“ Haushaltspräferenzen ist definiert als der Unterschied im Innovationsverhalten von Firmen, die von veränderten Haushaltspräferenzen in ihren Absatzmärkten betroffen sind, gegenüber solchen Firmen, bei denen das nicht der Fall ist.infoDabei werden nur solche Veränderungen der Präferenzen berücksichtigt, die durch Waldbrände zu erklären sind.

Die diesem Wochenbericht zugrundeliegende StudieinfoVgl. Cutinelli-Rendina, Dobkowitz und Mayerowitz (2025), a.a.O. zeigt, dass es eine ausreichend große Variation der Bedeutung von Waldbränden für Firmen über die Zeit gibt. Das liegt zum einen an der Variation der Bedeutung lokaler Märkte für Firmen. Zum Beispiel verkaufen Ford, Toyota und Jeep ihre Fahrzeuge vergleichsweise gleichmäßig über die Bundesstaaten der USA, während beispielsweise BMW und General Motors regional spezialisierter sind. Zum anderen liegt eine ausreichend starke Variation von Waldbränden und damit verbundenen Präferenzänderungen über die US-Bundesstaaten und verschiedene Zeitpunkte vor. Diese Heterogenität der Firmen mit Blick auf ihre (lokalen) Absatzmärkte ermöglicht den angestrebten Vergleich des Innovationsverhaltens.

Die Analyse betrachtet den Effekt der veränderten Präferenzen über größere Zeitspannen (Local Projections). Hierzu werden Wachstumsraten des Wissensbestands über verschieden lange Zeiträume betrachtet. Der Basiswert bleibt dabei konstant. Der zeitliche Horizont (angegeben in Quartalen), über den die Wachstumsrate gemessen wird, ist in Abbildung 2 und Abbildung 3 auf der x-Achse dargestellt. Ein Wert von beispielsweise 4 bedeutet, dass der entsprechende y-Achsenwert den prozentualen Effekt einer einprozentigen Veränderung der zweijährigen Wachstumsrate des Index für „grünere“ Präferenzen auf die Entwicklung des Wissensbestands vom Ausgangszeitpunkt bis zum vierten Quartal angibt – also über einen Zeitraum von insgesamt drei Jahren. Die ersten zwei Jahre entfallen dabei auf die Zeitspanne, in der sich die Haushaltspräferenzen ändern, während im letzten Jahr die Haushaltspräferenzen konstant gehalten werden.

Es kann gezeigt werden, dass die Steigung der Graphen in Abbildung 2 und Abbildung 3 die Richtung des Effekts auf die vierteljährliche Wachstumsrate angibt.infoCutinelli-Rendina, Dobkowitz und Mayerowitz (2025), a.a.O. Daher verweist eine negative Steigung zwischen zwei benachbarten Quartalen auf einen negativen Effekt des Index auf die Wachstumsrate zwischen diesen beiden Quartalen.

Während sich die Bemessung der Haushaltspräferenzen auf die USA bezieht, sind die betrachteten Automobilhersteller globale Akteure.infoTesla ist ein Ausreißer in der Gruppe der Automobilhersteller in den USA. Es ist das einzige Unternehmen, das ausschließlich (in der Nutzung) emissionsfreie Fahrzeuge produziert. Aus diesem Grund wird Tesla in der zugrundeliegenden Stichprobe nicht berücksichtigt. Für die Ergebnisse mit Tesla vgl. Cutinelli-Rendina, Dobkowitz und Mayerowitz (2025), a.a.O. Die inkludierten Automobilhersteller sind: BMW, Daimler, FCA (Fiat Chrysler Automobiles), Ford, Geely Automobile Hld., General Motors, Honda, Hyundai Kia Automotive Group, Isuzu, Mazda Motors Group, Renault-Nissan-Mitsubishi, Subaru Group, Suzuki, Tata Group, Toyota Group, Volkswagen. Firmengruppen umfassen mehrere Marken, die Tata Group zum Beispiel Jaguar, Land Rover und Tata. Dadurch sind die Ergebnisse auch außerhalb der USA relevant. Um abzubilden, wie die Automobilhersteller in Forschung investieren, werden Patentdaten der US-Patent- und Handelsorganisation (USPTO) zu Hilfe genommen.infoDie betrachtete Stichprobe beinhaltet nur solche Patente, die bei der US-Patent- und Handelsorganisation USPTO registriert und somit relevant für den Markt in den USA sind. Patente, die Autohersteller in anderen Ländern anmelden, können in der Analyse nicht berücksichtigt werden. Die global agierenden Firmen könnten jedoch auch mit der Anmeldung von Patenten in anderen Regionen reagieren. Des weiteren wird angenommen, dass die durch Waldbrände verursachte Verhaltensänderung der Haushalte (siehe auch den Kasten in diesem Bericht) in den USA nicht mit Veränderungen der Firmensituation außerhalb der USA korreliert.

Für die Messung der Haushaltspräferenzen bedient sich die vorgestellte Analyse eines Index, der für verschiedene US-Bundesstaaten auf der Suchhäufigkeit nach Begriffen beruht, die eine Bereitschaft zu umweltfreundlichem Verhalten ausdrücken.infoDer Index wurde in der Arbeit von Cutinelli-Rendina, Dobkowitz und Mayerowitz (2025), a.a.O. entwickelt. Diese Begriffe sind (im englischen Original) „Recycling“, „Solar Energy“ und „Electric Car“. Im Gegensatz zu allgemeineren Begriffen wie Climate Change, die auch ein generelles Interesse am Klimawandel ausdrücken, stehen die gewählten Begriffe für eine Bereitschaft, das eigene Verhalten anzupassen.

Dieser Zusammenhang ist aber nicht eindeutig und die Absicht, mit der nach einem gewissen Begriff gesucht wird, ist unbekannt. Daher soll zunächst der hier genutzte Index mit einem Index verglichen werden, der auf Umfragedaten beruht. Die Umfragedaten kommen von der US-weiten Gallup-Umfrage,infoDie Gallup-Umfrage misst die öffentliche Meinung und Einstellungen in den USA anhand repräsentativer Stichproben. In dieser Studie wird die Gallup Poll Social Series, die im März 2023 zu Umweltthemen durchgeführt wurde, verwendet. Vgl. Gallup, Inc. (2023): March Gallup Poll Social Series: The Environment. die allerdings nur lückenhaft Haushaltseinstellungen zu umweltfreundlichem Konsumverhalten erhebt. Daher basiert der Vergleich auf der Frage nach der Sorge um den Klimawandel und auf dem Anteil der Haushalte, die diese Sorge als groß angeben. Auch wenn die Besorgnis noch keine Bereitschaft zur Anpassung des Verhaltens ausdrückt, ist der Vergleich doch informativ, da angenommen werden kann, dass ein Haushalt eher sein Verhalten ändert, wenn er sich Sorgen um die Umwelt macht.

Ein positiver Trend des Suchbegriffeindex für mehrere US-Bundesstaaten zu Beginn des Beobachtungszeitraums wird anschließend von einem U-Verlauf abgelöst (Abbildung 1). Auch beim Vergleichsindex, der US-weiten Gallup-Umfrage, zeigt sich ein Rückgang des Anteils der Haushalte, der sich große Sorgen um den Klimawandel macht, ab Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007, gefolgt von einem Wiederanstieg ab etwa 2015. Die Entwicklungen in dem auf der Gallup-Umfrage basierenden Index sind insgesamt ähnlich, gehen zeitlich jedoch der Bereitschaft zu einer Verhaltensveränderung, gemessen an den Online-Suchbegriffen, voraus. Anders gesagt: Erst kommen Umweltbedenken auf, und erst später setzt die Bereitschaft zu umweltbewussten Handlungsanpassungen ein.

Die diesem Wochenbericht zugrundeliegende StudieinfoVgl. Cutinelli-Rendina, Dobkowitz und Mayerowitz (2025), a.a.O. bestätigt, dass der Suchbegriffeindex eine starke Vorhersagekraft für den Kauf von Elektroautos und die Nutzung von Solarenergie hat. So steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Haushalt Solarenergie oder ein Elektroauto nutzt, um 1,7 Prozent, wenn der Index zur umweltfreundlichen Handlungsbereitschaft um ein Prozent steigt. Auch die Unterstützung umweltfreundlicher Politik nimmt mit einem Anstieg des Index zu. Der hier verwendete Index scheint also eine sinnvolle Annäherung an die Präferenzen von Haushalten zu sein.

Im Folgenden wird die Reaktion von Firmen analysiert, wenn die betrachteten Begriffe an Relevanz in den Suchanfragen gewinnen, die Haushaltspräferenzen also „grüner“ werden.

„Grünere“ Haushaltspräferenzen: Neuentwicklung sauberer Technologien nimmt langfristig zu

„Grünere“ Haushaltspräferenzen können auf unterschiedliche Weise Forschungsinvestitionen von Firmen beeinflussen. Wie im vorherigen Absatz beschrieben, sagt eine zunehmende Bereitschaft, sich umweltfreundlicher zu verhalten, einen Anstieg der Nachfrage nach Elektroautos voraus. In der Theorie sollten Firmen darauf mit einem größeren Angebot von Elektroautos reagieren. Forschung, die ein kostengünstiges Angebot sauberer Produkte ermöglicht, wird profitabler. Gleichzeitig verliert die Forschung zu herkömmlichen Verbrennungsmotoren an Attraktivität.

Die Messung von Forschungsausgaben und die Aufteilung in sogenannte saubere und schmutzige Technologien gestaltet sich jedoch schwierig. Deshalb werden Patentdaten zur Hilfe genommen, um Forschungsinvestitionen von Firmen annäherungsweise zu erfassen.infoEs werden nur erteilte Patente berücksichtigt, um sicherzustellen, dass eine Erfindung, der tatsächlich Investitionen vorausgegangen sind, vorliegt. Dabei wird das Datum der Anmeldung eines Patents als Zeitpunkt der Erfindung genutzt, da dieses näher an den Forschungsinvestitionen liegt. In dieser Studie wird nur die Zahl der Patente berücksichtigt. Cutinelli-Rendina, Dobkowitz und Mayerowitz (2025), a.a.O. zeigen, dass sich die Ergebnisse, die auf referenzgewichteten Patentdaten basieren, kaum merklich von den hier diskutierten unterscheiden. Neben ihrer Messbarkeit haben Patentdaten einen weiteren Vorteil: Sie können anhand der Art der erfundenen Technologie im Kontext der Automobilindustrie leicht in „saubere“ Patente, also elektrische, hybride und wasserstoffbasierte Antriebstechnologien, in „graue“ Patente, also solche, die die Emissionen von Verbrennungsmotoren reduzieren, und in „schmutzige“ Patente zu Verbrennungsmotoren unterteilt werden. Die betrachteten Ergebnisse beziehen sich auf Veränderungen des „Wissensbestands“ der Firmen, der als Summe der Patente einer Firma über die Zeit definiert ist.infoDer Grund für diese Transformation der Daten ist technischer Natur. So erlaubt die Betrachtung des Wissensbestands anstelle des Zuflusses neuer Patente eine genauere Schätzung. Dabei wird berücksichtigt, dass Patente mit der Zeit an technologischer Relevanz verlieren. Basierend auf der Literatur wird der jährliche Wertverlust einer Erfindung als 20 Prozent angenommen. Siehe hierzu Wendy Li and Bronwyn H. Hall (2020): Depreciation of business R&D capital. Review of Income and Wealth 66(1), 161–180.

Wenn die Bereitschaft zu einem umweltfreundlichen Verhalten steigt, bleibt der saubere und schmutzige Wissensbestand des durchschnittlichen Automobilherstellers zunächst unverändert (Abbildung 2).infoBetrachtet wird hier ein Anstieg der zweijährigen Wachstumsrate des Index um ein Prozent, vgl. dazu auch den Kasten in diesem Bericht. Erst langfristig, etwa zehn Quartale nach dem Einsetzen der „grüneren“ Nachfrage, steigt die Zahl der sauberen Patente schneller als ohne eine Veränderung der Haushaltspräferenzen. Der Effekt ist offenbar dauerhafter Natur: So nehmen die langfristigen Wachstumsraten stetig weiter zu. Der Zuwachs an Wissen zu schmutzigen Technologien sinkt dagegen ab gut einem Jahr (fünf Quartale) nach der Veränderung der Haushaltspräferenzen. Diese Reduktion wird in der langen Frist jedoch durch mehr schmutzige Patente kompensiert, so dass die langfristige Wachstumsrate des Wissensbestands zu schmutzigen Technologien unverändert bleibt. Die verzögerte Reaktion vor allem des sauberen Wissensbestands ist plausibel, denn neue Erfindungen brauchen Zeit. Die Wachstumsrate grauer Technologien hingegen reagiert unmittelbar: Sie sinkt direkt mit der „Vergrünung“ der Präferenzen stark ab, um bis zu 23,5 Prozent im Vergleich zu einem Szenario ohne veränderte Haushaltspräferenzen. Insgesamt bleibt der graue Wissensbestand über den gesamten betrachteten Zeitraum, also mindestens fünf Jahre lang, gehemmt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Automobilhersteller im Durchschnitt auf mehr emissionsfreie Antriebstechnologien setzen, um eine „grünere“ Nachfrage zu bedienen. Technologien, die die Emissionen von Verbrennungsmotoren senken, sind hingegen weniger attraktiv.

Höhere Benzinpreise: Emissionsfreie Technologien profitieren nur vorübergehend

Um abschließend die Wirkung „grünerer“ Haushaltspräferenzen einzuordnen, soll vergleichend der Effekt höherer BenzinpreiseinfoDie Daten zu den Benzinpreisen stammen aus dem „End-use energy prices and taxes for OECD countries“-Datensatz der Internationalen Energieagentur (IEA, online verfügbar). Es handelt sich dabei um Benzinpreise für unterschiedliche Länder, die mit Hilfe von Verkaufszahlen zu einem gewichteten Mittel zusammengefasst werden. Die Analyse folgt Aghion et al. (2016), a.a.O. betrachtet werden. Der Benzinpreis kann zum Beispiel aufgrund der Einführung oder Erhöhung eines CO2-Preises steigen.infoSiehe unter anderem Stefan Bach et al. (2024): Verkehrs- und Wärmewende: CO2-Bepreisung stärken, Klimageld einführen, Anpassungskosten verringern. DIW Wochenbericht Nr. 23, 273–280 (online verfügbar). Zwei qualitative Unterschiede zwischen „grüneren“ Haushaltspräferenzen und höheren Benzinpreisen als Ausgangsszenario stechen dabei heraus (Abbildung 3): Zum einen wird der anfänglich leichte Anstieg des sauberen Wissensbestands in Reaktion auf gestiegene Benzinpreise in der mittleren Frist durch weniger Patente auf emissionsfreie Technologien kompensiert. Die langfristige Wachstumsrate (ab etwa zwölf Quartalen beziehungsweise drei Jahren nach der Veränderung der Haushaltspräferenzen) ist unverändert. Zum anderen zeigt sich: Während eine „grünere“ Nachfrage zu einer permanenten Verringerung der Forschung an grauen Technologien führt, bleiben Investitionen in diesen Forschungsbereich von einem Anstieg der Benzinpreise im Großen und Ganzen unberührt. Höhere Benzinpreise und grünere Haushaltspräferenzen ähneln sich jedoch in ihrer Wirkungsweise auf schmutzige Forschungsinvestitionen. Diese sinken zwar in der mittleren Frist, bleiben aber langfristig unbeeinflusst.

Wenn Haushalte umweltfreundlichere Präferenzen entwickeln, ist es also offenbar besonders wichtig, alternative Technologien anbieten zu können, die für die Haushalte klar als sauber erkennbar sind. Firmen verringern infolgedessen dauerhaft ihre Investitionen in die Entwicklung grauer Technologien. Bei einem Benzinpreisanstieg bleiben solche grauen Technologien, die Verbrenner effizienter machen, hingegen attraktiv und die Zuwachsrate der Investitionen in saubere Technologien bleibt langfristig unberührt. Die radikalere Anpassung des Technologiemixes und der langfristig erhöhte Zuwachs sauberer Technologien im Fall „grünerer“ Präferenzen unterstreichen die Relevanz selbiger für die grüne Transformation insgesamt.

Fazit: Umweltbewusstes Verhalten von Haushalten sollte gestärkt werden

Forschungsinvestitionen in emissionsfreie Technologien sind ein integraler Bestandteil der grünen Transformation. Dieser Beitrag zeigt, dass die Bereitschaft der Haushalte, beim Kauf von Produkten unabhängig von finanziellen Anreizen Umweltaspekte einzubeziehen, dazu einen Beitrag leisten kann. Am Beispiel der USA wird klar, dass Automobilhersteller auf eine solche „grünere“ Nachfrage reagieren, indem sie mehr Geld in die Forschung und Entwicklung emissionsarmer Technologien investieren. Im Vergleich mit einem Anstieg der Benzinpreise erhöhen „grünere“ Haushaltspräferenzen Investitionen in saubere Technologien langfristig deutlich stärker. Außerdem führen sie zu einer fundamentaleren Anpassung des Technologiemixes weg von emissionsreduzierenden zu emissionsfreien Technologien. Beide Aspekte deuten auf die Effektivität „grünerer“ Haushaltspräferenzen für eine grüne Transformation hin.

Die Politik sollte sich diese Wirkungskraft „grüner“ Haushaltspräferenzen zunutze machen und ein zusätzliches Augenmerk darauf legen, eine „grünere“ Nachfrage zu fördern. Ein Ansatzpunkt können Transparenzvorgaben zu Emissionen sein, die durch den Konsum und die Produktion eines Gutes entstehen. Gerade in fiskalpolitisch schwierigen Zeiten stellen Politikmaßnahmen, die auf Verhaltensänderungen abzielen, eine kostengünstige umweltpolitische Alternative dar. Dieser Beitrag zeigt, dass dies ein wirksamer Hebel sein kann, um „grüne“ Forschungsinvestitionen anzukurbeln.

Sonja Dobkowitz

Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Makroökonomie



JEL-Classification: D9;D70;O3;Q55
Keywords: Green Transition, Directed Technical Change, Green Household Preferences
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2025-23-1

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