Öffentliche Mehrausgaben schieben Konjunktur schon in der kurzen Frist an: Interview

DIW Wochenbericht 24 / 2025, S. 372

Geraldine Dany-Knedlik, Erich Wittenberg

get_appDownload (PDF  111 KB)

get_appGesamtausgabe/ Whole Issue (PDF  3.34 MB - barrierefrei / universal access)

Frau Dany-Knedlik, die erratische Handelspolitik der USA bestimmt nach wie vor die Weltwirtschaft. Wie hat sich die deutsche Wirtschaft in diesem Umfeld zuletzt entwickelt? Zum Jahresauftakt gab es eine positive Überraschung: Die deutsche Wirtschaft hat unerwartet deutlich expandiert. Das liegt zum Teil daran, dass vorgezogene Lieferungen und Käufe seitens der USA unsere Exporte angeschoben haben. Das heißt, Vorzieheffekte überlagern etwas die unterliegende konjunkturelle Entwicklung in Deutschland.

Gab es noch weitere Stützen der Konjunktur? Ja, es gab eine deutliche Erholung des privaten Konsums. Trotz anziehender Reallöhne und eines starken Wachstums der real verfügbaren Einkommen hatten wir zuvor noch keine merkliche Erholung im privaten Konsum gesehen. Zum Jahresauftakt gab es jedoch kräftige Zuwächse. Das stimmt uns positiv.

Wie sieht es im Verarbeitenden Gewerbe und bei den Dienstleistungen aus? Auch im Verarbeitenden Gewerbe kam es zuletzt zu wieder etwas kräftigeren Zuwächsen. Was uns etwas Sorgen macht, ist die deutliche Eintrübung der Stimmung bei den Dienstleistungen. Zu unserer Überraschung hat sich aber die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe etwas verbessert. Das hätte man vor dem Hintergrund der von den USA angekündigten Zollerhöhungen anders erwartet.

Wie stark wirkt sich die Zollpolitik der USA auf die Konjunktur in Deutschland aus? Das ist natürlich ein großer, dämpfender Faktor. Zu einen belasten die tatsächlich stattfindenden Zollerhöhungen unsere Warenausfuhren. Zum anderen sorgt das Hin und Her in der Zollpolitik seitens der USA für eine steigende Unsicherheit, weil Unternehmen weltweit nicht wissen können, wie die Handelspolitik der USA in den nächsten Jahren aussehen wird. Das beeinträchtigt auch die Planbarkeit von Investitionen. Es geht also nicht nur darum, dass wir durch höhere Zölle weniger Ausfuhren haben, sondern auch darum, Klarheit in der US-Handelspolitik zu bekommen, damit Investitionen von Unternehmen wieder planbar werden.

Wie und wann werden sich die geplanten öffentlichen Investitionen der neuen Bundesregierung bemerkbar machen? Wir gehen davon aus, dass erst ab dem kommenden Jahr Mittel, aber dann in erheblicher Höhe, abfließen werden, allerdings immer noch weniger, als durchschnittlich abfließen müssten. Bei dem Investitionspaket von 500 Milliarden Euro für zwölf Jahre wären das im Jahresdurchschnitt rund 40 Milliarden Euro. Es braucht jedoch einfach eine gewisse Zeit, um Investitionen zu planen und Projekte zu vergeben. Das wird alles bis ins nächste Jahr hinein dauern. Dementsprechend wird etwas mehr als die Hälfte der 40 Milliarden für dieses Jahr erst im kommenden Jahr abfließen. Es stellt sich zudem die Frage: Wo fließen diese Gelder rein? Was sind das für Projekte und was haben diese Projekte für einen Effekt auf das Wirtschaftswachstum? Insgesamt gehen wir davon aus, dass ein deutlicher Effekt schon im kommenden Jahr spürbar ist.

Mit welchen Wachstumszahlen rechnen Sie? Wir denken, dass wir in Deutschland im kommenden Jahr ein Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent haben werden. Die Mehrausgaben für öffentlichen Projekte werden auch in der kurzen Frist schon die Konjunktur anschieben. Wir gehen davon aus, dass öffentliche Investitionen einen langfristigen durchschnittlichen Multiplikator von zwei haben, dass also für jeden Euro der öffentlich investiert wird, wieder zwei Euro reinkommen. Bei öffentlichen Geldern, die sich auf den Konsum oder auf Subventionen beziehen, ist der Multiplikator etwas kleiner. Das gilt auch für Militärausgaben, zumindest in der kurzen Frist.

O-Ton von Geraldine Dany-Knedlik
Öffentliche Mehrausgaben schieben Konjunktur schon in der kurzen Frist an - Interview mit Geraldine Dany-Knedlik

Geraldine Dany-Knedlik

Stellvertretende Abteilungsleiterin in der Abteilung Makroökonomie

keyboard_arrow_up