DIW Wochenbericht 44 / 2025, S. 704
Philipp M. Lersch, Erich Wittenberg
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Herr Lersch, wie hat sich die Zahl der Wohneigentümer*innen in den letzten Jahren entwickelt? In Deutschland leben knapp 50 Prozent der Haushalte in Wohneigentum; im europäischen Durchschnitt sind es ungefähr 70 Prozent. Gleichzeitig beobachten wir, dass in jüngeren Geburtskohorten der Anteil der Menschen mit Wohneigentum abnimmt. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Preise für Wohneigentum in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark angezogen und dabei auch oft die Einkommenssteigerungen übertroffen haben. Deshalb können sich viele Menschen Wohneigentum nicht mehr leisten.
Haben Personen, deren Eltern Immobilien besitzen oder besaßen, häufiger Wohneigentum? Ist also Wohneigentum eine Frage der Herkunft? Wenn Eltern im Wohneigentum leben, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Kinder auch im Wohneigentum leben werden, deutlich erhöht. Das ist auch in vielen anderen europäischen Ländern so. Dabei spielt das Vererben nur eine untergeordnete Rolle, weil Eltern aufgrund ihrer hohen Lebenserwartung oft noch selbst in ihren Häusern leben möchten, während ihre Kinder bereits in einer Phase sind, in der sie gerne Wohneigentum kaufen möchten. Deshalb sind andere Unterstützungen von Eltern an die Kinder wichtig, zum Beispiel finanzielle Transfers oder das Bürgen für Darlehen.
Inwieweit hat sich der Zusammenhang zwischen Wohneigentum der Eltern und Wohneigentumserwerb der erwachsenen Kinder in den vergangenen Jahren verändert? Zwischen 1951 bis 1989 stellen wir insgesamt einen Rückgang des Zusammenhangs fest. In der ältesten Geburtskohorte, die wir betrachten, war die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder Wohneigentum haben, wenn ihre Eltern auch Wohneigentum besaßen, noch um etwa 24 Prozentpunkte höher. In den jüngsten Geburtskohorten besitzen Kinder nur noch 15 Prozentpunkte eher Wohneigentum, wenn ihre Eltern auch Wohneigentümer*innen waren. Das heißt, wir sehen eine Abnahme dieses Zusammenhangs über die Generationen hinweg, der aber auch in der jüngeren Kohorte nach wie vor stark ist.
Wie ist die Abschwächung dieses Zusammenhangs zu erklären? Wir stellen grundsätzlich eine Zunahme der Mobilität zur Miete hin fest – sowohl im Fall von mietenden Eltern, als auch im Fall von besitzenden Eltern. Kinder schaffen es immer seltener in Wohneigentum, selbst wenn das für die Eltern noch galt. Das Wohneigentum der Eltern reicht offenbar nicht mehr aus, um auch die Kinder in Wohneigentum zu bringen.
Was bedeuten Ihre Ergebnisse für die Chancenungleichheit beim Erwerb von Wohneigentum? Die gute Nachricht ist, dass die Chancenungleichheit, wenn man sie auf das Wohneigentum der Eltern bezieht, abgenommen hat. Sie ist aber nicht verschwunden – wie beschrieben haben Kinder, deren Eltern Wohneigentümer*innen sind, nach wie vor höhere Chancen, selbst Wohneigentum zu besitzen.
Wie ließe sich der Chancenungleichheit beim Wohneigentum entgegenwirken? Da wir davon ausgehen, dass vor allem die hohen Preise ein Problem sind, denken wir, dass das Eigenkapital der Kinder gestärkt werden muss. Deutschland ist ein Land, in dem Darlehen relativ streng vergeben werden und die Banken relativ viel Eigenkapital fordern. Das kann ein Problem sein, wenn die Eltern nicht ausreichend unterstützen können. Zum Beispiel würden Maßnahmen wie der Mietkauf vielen helfen, die nicht genug Eigenkapital haben.
Das Gespräch führte Erich Wittenberg.
Themen: Verteilung, Ungleichheit, Immobilien und Wohnen, Familie, Bildung