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Fünf Jahre EU-Osterweiterung: Schlechte Noten für deutsche Politik der Abschottung

Pressemitteilung vom 24. Juni 2009

Deutschland gehört mit seiner restriktiven Migrationspolitik zu den Verlierern der EU-Osterweiterung. Das ist das zentrale Ergebnis einer Untersuchung des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) und DIW Berlin zur Migration in der erweiterten EU. „Es gibt keine Negativeffekte für die Zielländer – weder auf dem Arbeitsmarkt noch für den Sozialstaat“, sagte DIW-Präsident und IZA-Direktor Klaus F. Zimmermann. „Im Gegenteil: Die Länder, die sich früh geöffnet haben, haben am ehesten profitiert.“
Nach der Osterweiterung: Bildungsniveau der Immigranten angestiegen Seit der EU-Osterweiterung hat die Zahl der Menschen, die von den neuen in die alten EU-Staaten zugewandert sind, deutlich zugenommen. Jährlich kommen seit 2004 rund 254.000 Menschen, verglichen mit 62.000 pro Jahr zwischen 2000 und 2003. Die Zuwanderer verteilen sich jedoch ungleichmäßig auf die alten EU-Staaten. „Übergangsregelungen, die die Mobilität einschränken, haben viele qualifizierte Zuwanderer in Länder mit einer offeneren Politik umgeleitet – etwa nach Irland oder Großbritannien“, sagte Zimmermann. Auch die Struktur der Einwanderer, die nach der Erweiterung kamen, hat sich verändert: Zwar ging der Anteil der Hochqualifizierten zurück, gleichzeitig nahm aber auch der Anteil der Geringqualifizierten ab – dadurch kam es zu einem Anstieg des durchschnittlichen Bildungsniveaus der Immigranten nach 2004. Die Zielländer profitieren von der Zuwanderung aus dem neuen Osten der EU, denn: „Viele Zuwanderer aus Osteuropa passen von ihrer Ausbildung gut zu den Bedürfnissen der lokalen Arbeitsmärkte“, sagte Zimmermann. Trotz Abschottung mehr EU-Immigranten auf dem deutschen Arbeitsmarkt Die deutsche Bilanz sieht dagegen trüb aus. Neben Österreich schottet Deutschland als einziger EU-Staat seinen Arbeitsplatz noch immer stark ab. Trotzdem ist die Zahl der osteuropäischen Zuwanderer erheblich gestiegen – zwischen 2004 und 2006 etwa zweieinhalb Mal so stark wie in den vier Jahren davor. „Nur sind nicht die Leute gekommen, die für den Arbeitsmarkt nützlich sind“, sagte Zimmermann. „Die Zuwanderer, die stattdessen kamen, sind älter und überwiegend gering qualifiziert. Eine Antwort auf Deutschlands Bedarf an Fachkräften stellt diese Gruppe also keinesfalls dar.“ Aktuelle deutsche Initiativen immer noch widersprüchlich „Auch die jüngsten Initiativen der Bundesregierung reihen sich in das Gesamtbild einer wenig transparenten und widersprüchlichen Migrationspolitik ein“, sagte Zimmermann. So trat im Januar 2009 zwar das „Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz“ in Kraft, das ausländischen Hochschulabsolventen den Zuzug erleichtern soll. Doch nur wenige Wochen später verkündete die Bundesregierung, an der Übergangsregelung für einen beschränkten Zugang für Arbeitnehmer aus den neuen Beitrittsländern weiter festzuhalten. „Man will global geschlossen bleiben, andererseits öffnet man heimlich, still und leise die Arbeitsmärkte für Hochschulabsolventen – diese Doppelstrategie wird mit der bisherigen Kommunikationspolitik nicht aufgehen“, so Zimmermann. „Deutschland muss endlich ein klares Signal setzen“ Auch in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise sei eine solche Politik kurzsichtig, denn der dringende Bedarf an Fachkräften könne mittelfristig nur durch Zuwanderung gedeckt werden. „Hochqualifizierte kommen nicht von jetzt auf morgen. Sie wandern in Länder, die eine entsprechende Reputation aufgebaut haben.“ Es sei nicht ersichtlich, wieso ab 2011, wenn auch Deutschland die Freizügigkeit umsetzen muss, ein besonderes Interesse qualifizierter Zuwanderer an einer Migration in die Bundesrepublik bestehen sollte. „Jetzt muss ein klares Signal gesetzt werden, dass ausländische Fachkräfte – insbesondere Hochschulabsolventen – in Deutschland dringend erwünscht sind", sagte Zimmermann. Schlechte Noten für deutsche Abschottungspolitik. Von Ulf Rinne und Klaus F. Zimmermann. In: Wochenbericht 26/2009

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