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Förderung erneuerbarer Energien und Emissionshandel – wir brauchen beides

Pressemitteilung vom 11. März 2009

Zwischen Emissionshandel und der Förderung erneuerbarer Energien besteht kein Widerspruch. Dies ist die Schlussfolgerung aus einer heute veröffentlichten Analyse des DIW Berlin. „Um die europäischen Klimaziele zu erreichen, brauchen wir beide Instrumente. Entscheidend ist die richtige Koordination in jeder einzelnen Phase", sagte DIW-Energieexpertin Prof. Dr. Claudia Kemfert. Sie wandte sich damit gegen Kritiker, die eine Förderung erneuerbarer Energien ablehnen, weil im Zusammenspiel mit dem Emissionshandel Emissionen nur verlagert, aber nicht verringert würden. Dies lässt sich laut DIW insbesondere durch die Anpassung der Emissionsobergrenzen (Caps) vermeiden.
Kritiker wenden ein, die Förderung erneuerbarer Energien führe dazu, das eingesparte CO2-Emissionen zu einer Preissenkung von Emissionsrechten führen und damit lediglich zu einer Verlagerung führten. Die Analyse des DIW Berlin zeigt jetzt: Dieser Zusammenhang besteht zwar theoretisch. Eine Förderung erneuerbarer Energien und der Emissionshandel schließen sich aber nicht grundsätzlich aus. „Werden die Förderung der erneuerbaren Energien und der Emissionshandel gezielt aufeinander abgestimmt, lassen sich größere Klimaeffekte erzielen, als wenn nur eines der beiden Instrumente angewandt wird“, so Claudia Kemfert. Inzwischen haben sich auch weitere Wissenschaftler in die Debatte eingeschaltet. 15 in der Klima- und Umweltforschung führende Wissenschaftler veröffentlichten einen gemeinsamen Aufruf, in dem sie sich für die weitere gezielte Förderung erneuerbarer Energie einsetzen (siehe Hintergrundinformation zur Pressemitteilung unten). Emissionsobergrenzen waren überhöht Das Zusammenspiel von Emissionshandel und Förderpolitik ist in den einzelnen Handelsperioden unterschiedlich. In der ersten Handelsphase 2005 bis 2007 waren die Caps in vielen Ländern deutlich überhöht. Das Gesamtsystem war daher nur begrenzt wirksam. Nach Schätzungen des DIW Berlin hätte der EEG-bedingte Zuwachs der Stromerzeugung im Jahr 2005 einen CO2-Preis senkenden Effekt von rund 1 Euro je Tonne bewirken können. Da es in der Startphase aber ohnehin ein Überangebot an Zertifikaten gab und eine große Anzahl von Emissionsrechten ungenutzt blieb, ist es zweifelhaft, ob Emissionen durch das EEG verlagert wurden. Für die zweite Handelsperiode 2008 bis 2012 wurden die zunehmende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien berücksichtigt und die Emissionsobergenzen - teilweise auf Druck aus Brüssel - entsprechend reduziert. Es ist deshalb auch für die zweite Handelsperiode nicht davon auszugehen, dass die Förderpolitik den Emissionshandel systematisch beeinträchtigt. Die für die dritte Handelsperiode ab 2013 beschlossenen gravierenden Änderungen bedeuten eine EU-weite Abstimmung von Emissionshandel und Förderpolitik. Dabei wird der erwartete Beitrag erneuerbarer Energien zur Emissionsverminderung bei der Cap-Höhe für den Emissionshandel eingerechnet, so dass insoweit unerwünschte Effekte vermieden werden. "Das EEG hat sich bewährt", sagte die Energieexpertin. "Es wäre falsch, die Förderung jetzt auslaufen zu lassen. Im Gegenteil: Die Förderung der Wachstumsbranche erneuerbare Energie muss engagiert weiterentwickelt werden." Förderung erneuerbarer Energien und Emissionshandel – wir brauchen beides. Von Claudia Kemfert und Jochen Diekmann. In: Wochenbericht 11/2009 Hintergrundinformation zur Pressemitteilung: Wissenschaftler fordern wirksame Förderung erneuerbarer Energien Die Förderung erneuerbarer Energien ist ein wesentliches Element der europäischen und der nationalen Energie- und Klimapolitik. Auf europäischer Ebene ist im Rahmen des Pakets Climate Action eine Richtlinie beschlossen worden, mit der bis 2020 ein Anteil EE von 20 % am Energieverbrauch erreicht werden soll. In Deutschland hat die große Koalition ein Integriertes Energie- und Klimaprogramm umgesetzt, das u.a. konkrete Maßnahmen zur Förderung Erneuerbarer Energien (z.B. EEG 2009, EEWärmeG, Aufstockung von F&E-Mitteln) enthält. In den letzten Wochen mehren sich allerdings Stimmen aus dem Kreis von Wirtschaftswissenschaftlern, die eine gezielte Förderung erneuerbarer Energien ablehnen. Dabei wird insbesondere die Auffassung vertreten, dass eine solche Förderung im Zusammenhang mit dem europäischen Emissionshandel nicht notwendig oder sogar schädlich sei. (vgl. z.B. Blankart u.a.: Die Energie-Lüge. In: Cicero 12/2008, S. 94f.). Dabei werden jedoch allzu häufig wichtige energie-, klima- und technologiepolitische Zusammenhänge außer Acht gelassen und aus vereinfachten Modellüberlegungen weitreichende wirtschafts- und umweltpolitische Schlussfolgerungen gezogen. Es wäre falsch solchen Ratschlägen zu folgen und die Förderung erneuerbarer Energien jetzt auslaufen zu lassen. Im Gegenteil: Die Förderpolitik muss künftig engagiert fortgeführt und weiterentwickelt werden, damit erneuerbare Energien – zusammen mit einer Steigerung der Energieeffizienz – wirksam zu einer nachhaltigen Energieversorgung beitragen können. Wenn zugleich unterschiedliche energie- und umweltpolitische Instrumente eingesetzt werden, dann müssen selbstverständlich auch deren Wechselwirkungen z.B. zwischen dem Emissionshandel und der Förderung erneuerbarer Energien beachtet werden (vgl. z.B. DIW u.a.: Gesamtwirtschaftliche Wirkungen des EEG, Februar 2008). Denn die Wirksamkeit des Maßnahmenbündels (policy mix) hängt davon ab, wie gute die Instrumente aufeinander abgestimmt sind. Solche Analysen dürfen sich allerdings nicht – wie dies einige Kritiker integrierter nationaler und europäischer Ansätze offensichtlich tun - auf statische Betrachtungen, isolierte Wirkungsanalysen und Vergleiche idealtypischer statt realer Politikoptionen beschränken. Im Folgenden soll deshalb erläutert werden, warum aus wissenschaftlicher Sicht weiterhin eine Förderung erneuerbarer Energien möglich und erforderlich ist. Unterzeichner: Prof. Dr. Claudia Kemfert, HU Berlin und DIW Berlin Prof. Dr. Udo Ernst Simonis, Berlin Prof. Dr. Olav Hohmeyer, Universität Flensburg Prof. Dr. Uwe Leprich, FH Saarbrücken Prof. Dr. Fritjof Staiß, Leiter, ZSW Stuttgart Prof. Dr. Eberhard Jochem, ISI Karlsruhe, Centre for Energy Policy and Economics (CEPE) an der ETH Zürich , Prof. Dr. Martin Jänicke, FU Berlin Prof. Dr. Joachim Schleich, Karlsruhe Prof. Dr. Marion A. Weissenberger-Eibl, Leiterin Fraunhofer ISI, Karlruhe Prof. Dr. Manfred Fischedick, Vizepräsident, Kom. Leiter des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie Prof. Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt, Hamburg und Leipzig Prof. Dr. Miranda Schreurs, Freie Universität Berlin, Leiterin der Forschungsstelle für Umweltpolitik Prof. Dr. Peter Hennicke Prof. Dr. Dr. h.c. Ortwin Renn, Stuttgart Prof. Dr. Karl W. Steininger , Universität Graz

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