Methodische Erläuterungen

Ansatz und Methode

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung stellt seit langem Informationen zur Verfügung, die zeitnah Daten zur konjunkturellen Grundtendenz liefern. Der Bedarf nach aktuellen Indikatoren zur Beurteilung der wirtschaftlichen Entwicklung ist bei Politik, Wirtschaft und Administration sowie in der Öffentlichkeit sehr groß. Schließlich sind viele in ihren täglichen Entscheidungen über Konsum und Investitionen, über Einstellungen und Entlassungen von Arbeitskräften sowie über wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen von den Erwartungen über die konjunkturelle Entwicklung abhängig.

Das DIW Berlin arbeitet deshalb seit langem an einem Konjunkturbarometer auf Basis der vierteljährlichen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, das die tagesaktuellen Entwicklungen berücksichtigt und häufiger als bisher, und zwar monatlich, der Öffentlichkeit bereitgestellt werden soll.
Nach hinreichenden Testläufen wird das DIW Berlin in Zukunft monatlich eine Schätzung des realen Bruttoinlandsprodukts für Deutschland auf seiner Homepage veröffentlichen*.

Die Basis des zugrunde liegenden Ansatzes bilden dieselben Indikatoren die in den vierteljährlichen Konjunkturberichten verwendet werden**. Im Unterschied zum bisherigen Vorgehen muss nun bei der monatlichen Frequenz der in die Berechnung eingehenden Daten der Schätzanteil erhöht werden. Die Schätzung der vierteljährlichen volkswirtschaftlichen Komponenten wird somit durch eine Schätzung von monatlichen Indikatoren ergänzt, die zeitgleich die Entwicklungstendenz des Bruttoinlandsprodukts signalisieren.

Im Ergebnis wird eine Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Dynamik im jeweiligen Quartal zu einem weitaus früheren Zeitpunkt möglich.

Für die Berechnungen bildet das ökonometrische Kurzfristmodell „FEST - First Estimations" des DIW Berlin die Basis***. Damit wird das reale Bruttoinlandsprodukt nach seiner Entstehung, gegliedert nach 12 Wirtschaftsbereichen, ermittelt. Für diese Wirtschaftsbereiche liegen einzelne Schätzfunktionen vor.

Unter Berücksichtigung der Gütersteuern und -subventionen kann das reale Bruttoinlandsprodukt als Summe der sektoralen Bruttowertschöpfung abgeleitet werden. Während bei der Schätzung der Bruttowertschöpfung für das produzierende Gewerbe und das Baugewerbe sowie für den Handel und das Gastgewerbe auf Indikatoren zurückgegriffen werden kann, liegen für die Dienstleistungsbereiche wenige aktuelle Informationen vor. Die Bruttowertschöpfung wird hier mithilfe autoregressiver Funktionen geschätzt, und das Ergebnis wird in eine saison- und kalenderbereinigte Entwicklung übersetzt.

Mit dem verwendeten Ansatz wird also die Wachstumsrate des realen Bruttoinlandsprodukts auf Basis von Indikatoren geschätzt. Dabei fließen die für das jeweilige Quartal vorhandenen monatlichen Werte der relevanten Indikatoren ein. Die für das Quartal noch nicht vorliegenden Monatswerte werden mithilfe von ökonometrischen Gleichungen geschätzt.


Bei der monatlichen Schätzung des DIW-Konjunkturbarometers fließen folgende Indikatoren ein:


Produktionsindizes

  • Verarbeitendes Gewerbe
  • Energieversorgung
  • Bergbau, Steine Erden
  • Bauhauptgewerbe


Umsatzindizes

  • Ausbaugewerbe (vierteljährlich)
  • Reale Einzelhandelsumsätze
  • Großhandelsumsatz
  • Realer Umsatz im Gastgewerbe
  • Investitionsgütergewerbe, Umsatz Inland


Auftragseingänge

  • Verarbeitendes Gewerbe
  • Investitionsgütergewerbe


Andere Indikatoren

  • Neuzulassungen von Kraftfahrzeugen
  • Großhandelspreise
  • ifo-Variable Geschäftserwartungen
  • Kassenmäßige Einnahmen bei der Mineralöl- und Umsatzsteuer


Bei Veröffentlichung eines neuen offiziellen Monatswertes von im Modell verwendeten Indikatoren wird eine Neuschätzung vorgenommen. In der Regel werden bei jeder Veröffentlichung eines neuen Monatswertes vom Statistischen Bundesamt auch die zurückliegenden Werte revidiert, wodurch sich dann auch Abweichungen beim DIW-Konjunkturbarometer zu den vorangegangenen Schätzungen ergeben können. Grundsätzlich erlaubt diese Vorgehensweise eine kontinuierliche Aktualisierung der für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung wichtigen Einflüsse. Das Resultat ist ein Konjunkturbarometer, das die aktuellen Tendenzen zeitnah widerspiegelt. Zusätzlich zu den ökonometrischen Berechnungen findet auch eine iterativ-analytische Überprüfung der erzielten Ergebnisse statt. Sie werden auf Konsistenz geprüft, indem Größen wie die Lagerbestandsveränderung ermittelt werden, die sich als Residuum zwischen den Komponenten der Verwendungsseite und dem Bruttoinlandsprodukt ergeben. Dies könnte auch zu einer Neujustierung der Einzelgleichungen führen. In vierteljährlichen Abständen wird darüber hinaus in den Wochenberichten des DIW Berlin ein Konjunkturbericht erscheinen, in dem die gesamtwirtschaftliche Entwicklung weiterhin differenzierter dargestellt wird.


Fußnoten

**) Vgl. Karin Müller-Krumholz: The system of national accounts as compiled by the German Institute for Economic Research (DIW Ber-lin): The quarterly data and their statistical basis. In: Allgemeines Sta-tistisches Archiv 2001, Bd. 85 (2), S. 348-362.

***) Vgl. Andreas Cors und Vladimir Kouzine: An approach for timely estimations of the German GDP. In: Allgemeines Statistisches Archiv 2003; Bd. 87 (2), S. 201-220.


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