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Zweitjobs: Domäne von Fachkräften und Akademikern

Pressemitteilung vom 31. August 2009

„Working poor“ gibt es in Deutschland kaum

Die Zahl der Menschen mit einem Zweit-Job ist deutlich gestiegen. Insgesamt haben in Deutschland rund 1,4 Millionen Menschen neben ihrem Hauptberuf einen regulären zweiten Job – das sind rund 3,7 Prozent aller Erwerbstätigen. 2002 waren es noch knapp über 2 Prozent. Eine aktuelle Studie des DIW Berlin zeigt: Zweitjobber in Deutschland sind meistens gut qualifiziert, und im überdurchschnittlichem Maße finden sich unter ihnen Akademiker. Erwerbstätige ohne Berufsausbildung üben dagegen eher selten eine Nebentätigkeit aus.
Keine amerikanischen Verhältnisse

In den USA sind die „working poor“ längst zum feststehenden Begriff geworden: Dazu gehören nicht zuletzt  Arbeitnehmer, die zwei oder mehr Jobs haben müssen, um über die Runden zu kommen. „Dieses Phänomen gibt es in Deutschland zumindest bei legaler Beschäftigung kaum“, erklärt DIW-Forscher Karl Brenke. „Mehrfachbeschäftigungen sind in Deutschland vor allem eine Sache von Fachkräften und somit der Mittelschicht. Jeder kennt ja den Vertreter, der in seiner Freizeit Versicherungen unter die Leute bringt, oder den Schauspieler, der sein Einkommen durch Kellnern oder Taxifahren aufbessert.“

Ein erheblicher Anstieg – von der Krise allerdings gebremst

In fast allen europäischen Ländern zeigt sich ein ähnliches Bild wie in Deutschland: Personen mit geringem Ausbildungsniveau sind unter den Zweitjobbern unterrepräsentiert.  Allerdings gibt es in den meisten EU-Ländern einen größeren Anteil von Erwerbstätigen mit einen Nebenjob als hierzulande, vor allem in Skandinavien, Polen, den Niederlanden und in Portugal. Trotz des massiven Anstiegs seit 2002 belegt Deutschland noch immer einen der Plätze im unteren Mittelfeld. Durch die Krise wurde der rasante Anstieg der Zweitjobs allerdings gebremst. Im ersten Vierteljahr 2009 war die Zahl der Zweitjobs um fünf Prozent niedriger als im entsprechenden Quartal des Vorjahres. „Offenbar sind gerade die Tätigkeiten in Zweitjobs in der Rezession weniger gefragt“, sagt Karl Brenke.

Selbständigkeit im Nebenjob weit verbreitet

Viele Erwerbstätige, die in ihrem Hauptberuf abhängig beschäftigt sind, üben ihre Nebentätigkeit als Selbständige aus. Fast die Hälfte aller Zweitjobs sind selbständige Beschäftigungen. Dazu gehören dann nicht nur Versicherungsvertreter, sondern auch der „klassische“ Landwirt im Nebenerwerb. Auch Hochschullehrer, Lehrer, Publizisten, Ärzte  und Juristen finden sich besonders oft unter den selbständigen Zweitjobbern.

Wenig gering Qualifizierte, aber mehr einfache Jobs

Die Zahl der Nebenjobs, die nur geringe berufliche Anforderungen stellen, hat in den letzten Jahren zwar überdurchschnittlich zugenommen. Das liegt daran, dass ein größerer Teil der Fachkräfte in ihrem  Zweitjob einer einfacheren Tätigkeit als in ihrem Hauptberuf nachgehen.  Es hat sich in der Untersuchung aber nicht gezeigt, dass es in Deutschland viele Beschäftigte gibt, die eine eher gering entlohnte Tätigkeit im Hauptberuf ausüben, und zusätzlich einen Nebenjob ausüben müssen, mit dem sie auf lange Arbeitszeiten und damit auf hinreichende Erwerbseinkünfte kommen. Vielmehr liegen die Arbeitszeiten der Beschäftigten mit einfachen Jobs unter dem Durchschnitt; viele davon gehen im Hauptberuf nur einer Teilzeitbeschäftigung nach – etwa als Reinigungskraft. Lange Arbeitszeiten weisen vielmehr insbesondere diejenigen  Zweitjobber vor, die einen Beruf mit hohen Anforderungen haben.

Die Studie des DIW Berlin erfasst alle Arten von Zweit- und Nebenjobs und beruht auf Daten des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaft (Eurostat) und auf Ergebnissen des deutschen Mikrozensus. „Der Mikrozensus ist wegen seiner großen Stichprobenzahl für diese Studie besonders geeignet, weil sie einen Einblick in die Berufsstruktur gestattet“, erklärt Karl Brenke „Dabei handelt es sich um eine amtliche Umfrage – Schwarzarbeit ist in den Daten also wahrscheinlich nicht abgebildet.“

Erwerbstätige mit Nebentätigkeiten in Deutschland und in Europa. Von Karl Brenke. In: Wochenbericht 35/2009.
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