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Kredite für Unternehmerinnen? Im Internet geht's besser als bei der Bank

Pressemitteilung vom 4. August 2010

Frauen haben auf Internet-Kreditmärkten mindestens so gute Kreditchancen wie Männer – oft sogar bessere. Im Gegensatz dazu werden Frauen als Geschäftskundinnen von Banken noch immer diskriminiert: Ihre Chancen auf einen Kredit sind geringer als die von Männern, die Konditionen oft deutlich schlechter. Eine neue Untersuchung des DIW Berlin zeigt jetzt, dass innovative Kreditmärkte, beispielsweise im Internet, diese traditionelle Diskriminierung überwinden können.

Zahlen und Fakten: Kreditmärkte im Internet

Wieviele Kredite werden im Internet vermittelt?

Seit dem Launch der Internet-Plattform smava im März 2007 wurden darauf insgesamt 3.602 Kredite mit einem Volumen von rund 26 Millionen Euro vermittelt. Davon entfielen etwa etwa 8,5 Millionen Euro auf Geschäftskredite. Das Durchschnittsvolumen eines Geschäftskredits beträgt etwa 12.000 Euro. smava ist aber nicht der einzige deutsche Internet-Kreditmarkt, ein anderer bekannter Anbieter ist etwa auxmoney. Beide Anbieter haben seit ihrer Gründung 2007 bis zum März 2010 ein Gesamtkreditvolumen von rund 33 Millionen Euro bewegt.

Wie funktionieren die Internet-Kreditmärkte?

Auf Internet-Kreditmärkten können Kreditnehmer die Konditionen ihres Kredits frei bestimmen – bei smava liegt der zulässige Maximalbeitrag bei 50.000 Euro, mögliche Laufzeiten sind drei und fünf Jahre. „Hier liegen zurzeit noch die Grenzen des Geschäftsmodells“, sagt DIW-Expertin Nataliya Barasinska. „50.000 Euro sind für mittlere Unternehmen schon ein eher geringer Betrag.“ Fast 90 Prozent der Kreditgesuche sind erfolgreich und werden vollständig finanziert, bei einem durchschnittlichen Zinssatz von 9,4 Prozent.

Wer sind die Kreditnehmer- und geber?

Sowohl unter den Kreditnehmern als auch den Kreditgebern finden sich deutlich mehr Männer als Frauen: Bei den Geschäftskrediten sind 79 Prozent der Kreditnehmer männlich. Die Nehmer von Geschäftskrediten sind in den meisten Fällen (59 Prozent) Gewerbetreibende, weitere 20 Prozent sind Freiberufler. Bei den Kreditgebern auf den Internet-Plattformen ist der Männerüberschuss sogar noch größer: Nur eine von zehn Geldgebern ist eine Frau. „Dieses Ergebnis hat uns ziemlich überrascht“, sagt Nataliya Barasinska. „Die Vorteile von Frauen auf innovativen Kreditmärkten haben offenbar nichts mit Solidarität unter den Geschlechtern zu tun.“

2005 wurde in Großbritannien die erste Internet-Kreditplattform gegründet. Seitdem sind weltweit Dutzende solcher Plattformen entstanden, die zusammen ein Kreditvolumen von etwa einer Milliarde Dollar bewegen. „Im Vergleich zu traditionellen Kreditmärkten ist das natürlich sehr bescheiden“, sagt DIW-Finanzexpertin Nataliya Barasinska. „Aber diese so genannten Peer-to-Peer-Netzwerke haben Vorteile für beide Seiten – Kreditnehmer und Kreditgeber. Und sie werden immer beliebter.“

Für ihre Untersuchung haben Dorothea Schäfer und Nataliya Barasinska die Vergabe von Geschäftskrediten bei smava analysiert, der größten deutschen Kreditplattform im Internet. Zwar sind Geschäftskredite auf innovativen Kreditmärkten noch in der Minderheit: „Die meisten der im Internet vermittelten Kredite sind Konsumentenkredite, zum Beispiel für neue Möbel.“ Trotzdem werden auf der untersuchten größten deutschen Kreditplattform smava im Schnitt 44 Geschäftskredite pro Monat vermittelt. Und dabei haben Frauen oft bessere Karten als Männer.

Geschäftskundinnen haben bessere Chancen auf hohe Kredite

„Wir haben alle für die Kreditvergabe relevanten Faktoren untersucht“, erklärt Nataliya Barasinska. Alter, Beschäftigung, Bundesland, Geschlecht und Schufa-Klasse sind auf den Internet-Kreditmärkten für alle potentiellen Kreditgeber einsehbar. Alle diese Faktoren spielen also potentiell eine Rolle bei der Kreditvergabe. Das Ergebnis ist eindeutig: Über alle Schufa-Klassen hinweg haben Frauen etwas bessere Chancen als Männer, einen Geschäftskredit zu erhalten. Besonders stark ist dieser Effekt bei höheren Summen jenseits von 10.000 Euro.

Dieses Ergebnis steht im klaren Gegensatz zu den Befunden der Studien über die Kreditvergabe im klassischen Bankgeschäft. Sie zeigen, dass Banken bei Geschäftskunden zu einer Diskriminierung von Frauen neigen. „Die Ursachen dafür können in geschlechtsspezifischen Klischees liegen“, sagt Nataliya Barasinska. „Viele glauben wohl noch immer, dass Frauen schlechtere unternehmerische Fähigkeiten haben.“ Auf Internet-Kreditmärkten würden diese Klischees offenkundig keine Rolle mehr spielen.

Links

Verbessern Internet-Kreditmärkte den Kreditzugang für Unternehmerinnen? Von Nataliya Barasinska und Dorothea Schäfer. In: Wochenbericht 31/2010 (PDF, 0.6 MB)

Interview mit Nataliya Barasinska (PDF, 262.97 KB) (auch als

O-Ton von Nataliya Barasinska
Die Internet-Plattformen bieten ganz neue Zugangschancen zu Krediten - Acht Fragen an Nataliya Barasinska
verfügbar)
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