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Staatsbanken sind besser als ihr Ruf

Pressemitteilung vom 15. September 2010

DIW Berlin: „Nicht auf Privatisierungen, sondern auf Reformen der Finanzmarktregulierung kommt es an“

Banken in Staatsbesitz können sich positiv auf das Wirtschaftswachstum auswirken. Dies gilt sowohl für Entwicklungsländer als auch für viele Industrienationen, so das Ergebnis einer neuen DIW-Studie, die für 128 Länder den Zusammenhang zwischen staatlichem Bankeigentum und wirtschaftlicher Dynamik untersucht hat. Länder, in denen staatliche Banken ein relativ großes Gewicht haben, weisen durchschnittlich ein stärkeres Wachstum auf als Länder mit wenigen staatlichen Kreditinstituten. „Eine staatliche Bankenbeteiligung von 50 Prozent erhöht die jährliche Wachstumsrate um durchschnittlich ein bis zwei Prozent“, sagt DIW-Expertin Dr. Anja Shortland.

„Wenn die Regulierung in einem Land schwach ist, ziehen viele Anleger staatliche Kreditinstitute vor“, sagt Anja Shortland, Finanzexpertin des DIW Berlin. „Die Vorteile staatlicher Beteiligung sind vor allem dann groß, wenn dadurch eine unzureichende Regulierung des Finanzsektors kompensiert wird.“ So gab es nach dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 eine starke Nachfrage nach Sparkonten bei staatlich gestützten und somit als sicher eingeschätzten Geldinstituten. „Den positive Effekt von staatlichen Beteiligungen für das Wirtschaftwachstum konnten wir für den Zeitraum von 1995 bis 2007 ganz deutlich statistisch nachweisen“, so Shortland.

Auf das Vertrauen in die Finanzmarktregulierung kommt es an

„Entscheidend ist das Vertrauen in die Finanzmarktregulierung“, sagt Shortland. „Die Höhe der Einlagen bei staatlichen Banken hängt davon ab, ob die Kunden den Institutionen trauen, die das Verhalten der privaten Banken regeln.“ Dieses Vertrauen sei im Zuge der internationalen Finanzkrise stark erschüttert worden. Viele Banken hätten mit hochkomplexen und intransparenten Finanzprodukten extrem risikoreiche Strategien zur kurzfristigen Profitmaximierung verfolgt. Durch eine unzuverlässige Risikobewertung der Rating-Agenturen hätten Aufsichtsräte und Regulierungsbehörden zunehmend die Kontrolle über die Banken verloren. „Staatliche Kreditinstitute investieren langfristiger und sind in der Regel weniger anfällig für spekulative Investitionsstrategien“, so Anja Shortland.

In Deutschland haben staatliche Banken keinen Wachstumseffekt

Für Länder mit hochwirksamer Regulierung wie Deutschland, sei ein Wachstumseffekt durch Staatsbanken allerdings nicht definitiv nachweisbar. „Das zeigt, dass staatliche Geldhäuser ein effektiver Ersatz für gute Regulierung sein können“, so die Ökonomin. „Es kommt aber immer auf das Geschäftsmodell an: Die deutschen Sparkassen wirken stabilisierend, während die Landesbanken problematisch sind.“

Vorwürfe, dass durch staatliche Eingriffe in das Bankensystem die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit sinke, weist Shortland zurück. Der Staat übernimmt oft bankrotte Institute in Zeiten von Bankenkrisen. Ihn für diese Krisen verantwortlich zu machen, wäre „als würde man Krankenhäuser für eine schlechte Gesundheit verantwortlich machen, weil sie so viele Kranke beherbergen.“ Wichtiger als Privatisierungen sei daher eine rasche und gründliche Reform der Bankenaufsicht. „Nur damit lässt sich riskantes und kundenschädliches Verhalten der Banken eindämmen und das Vertrauen der Bevölkerung wiederherstellen.“

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