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Kürzungen beim Gründungszuschuss: Eine Rechnung, die nicht aufgeht

Pressemitteilung vom 8. November 2011

Die geplanten Kürzungen beim Gründungszuschuss, über die am heutigen Dienstag im Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag beraten wird, werden der Bundesagentur für Arbeit nach Ansicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) viel weniger Einsparungen bringen als erwartet. „Die Reformen führen am Ziel vorbei. Der Gründungszuschuss ist ein erfolgreiches Instrument, das zuvor arbeitslosen Gründerinnen und Gründern nachweislich hilft, die schwierige Anfangsphase ihrer Selbständigkeit zu überstehen“, sagt Alexander Kritikos, DIW-Forschungsdirektor Entrepreneurship. „Die Mitnahmeeffekte sind viel geringer als befürchtet. Die eingesparten Kosten hingegen werden wahrscheinlich an anderer Stelle wieder auftreten.“
Mit dem Gründungzuschuss erhalten zuvor arbeitslose Gründerinnen und Gründer für die ersten neun Monate ihrer Selbständigkeit eine Förderung in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes. Kernpunkte der jetzt diskutierten Reform sind eine 75-prozentige Kürzung des Gesamtbudgets, eine Reduzierung der Bezugsdauer von neun auf sechs Monate sowie die Umstellung auf Einzelfallentscheidungen; bislang besteht ein Rechtsanspruch. In den letzten zehn Jahren wurden laut Bundesagentur für Arbeit durchschnittlich 140 000 Menschen jährlich mit dem Gründungszuschuss oder mit dessen Vorgängerinstrument gefördert. „Kommt die Reform wie geplant, können durch die Budgetkürzung jährlich nur noch rund 50 000 Personen gefördert werden“, schätzt Kritikos.

Viele angebliche Schwachpunkte, die mit der geplanten Reform abgeschafft werden sollen, hält Kritikos für überbewertet. Die Mitnahmeeffekte treten verschiedenen Studien zufolge nicht in 60 bis 75 Prozent, sondern nur in rund 20 Prozent aller Fälle auf. Auch die Einschätzung, Gründungen aus Arbeitslosigkeit seien häufig nicht nachhaltig, sieht Kritikos nicht bestätigt: Fünf Jahre nach Gründung seien immer noch knapp 70 Prozent aller geförderten Gründungen am Markt. Außerdem erwirtschafteten viele Selbständige ein höheres Einkommen als zuvor in abhängiger Beschäftigung.

Das Gesamtbudget  soll von 1,8 Milliarden Euro auf 470 Millionen Euro jährlich  gekürzt werden. „Es ist aber damit zu rechnen, dass sich die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit an anderen Stellen erhöhen, insbesondere beim Arbeitslosengeld I. Denn ohne Förderung werden gerade in der Anfangsphase der Selbständigkeit mehr Gründer scheitern und so früher wieder auf das Arbeitslosengeld I angewiesen sein, oder sie machen sich bei vollem Bezug von Arbeitslosengeld I selbständig.“ Mit der Umstellung auf die Ermessensentscheidung hinge es letztendlich von den Arbeitsvermittlern vor Ort ab, ob ein arbeitsloser Gründer den Zuschuss erhält oder nicht. „Völlig unklar ist jedoch“, so Kritikos, „nach welchen Kriterien die Vermittler entscheiden sollen.“
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