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Versorgungsformen in Deutschland: Untersuchung zu Einflussfaktoren auf die Nachfrage spezifischer Versorgungsleistungen bei Pflege- und Hilfebedarf ; ZQP-Abschlussbericht

Externe Monographien

Dörte Naumann, Erika Schulz, Johannes Geyer, Thorben Korfhage

Berlin: ZQP, 2014, 144 S.
(Evaluation - Berichterstattung Pflegequalität)

Abstract

Welche individuellen und sozialen Ressourcen pflegebedürftige Menschen mobilisieren können, um ihren Hilfebedarf zu decken, gehört zu den zentralen sozialpolitischen Fragen in der Diskussion zur Lebenslage Pflegebedürftiger in Deutschland. Die Frage, wie die steigende Anzahl von pflegebedürftigen Menschen angemessen versorgt werden können, steht im Mittelpunkt vieler pflege-, sozial- und gesellschaftspolitischer Diskussionen. Um die bestehenden pflegerischen Versorgungsstrukturen gezielt dem wachsenden Pflegebedarf anzupassen, sind verlässliche Statistiken zum Pflegebedarf und der Inanspruchnahme von Pflegeleistungen im häuslichen Bereich nötig. Allerdings ist zurzeit der faktische Pflegebedarf in der Bevölkerung ab 65 Jahren zurzeit schwer präzise fassbar. Denn aktuelle repräsentative Studien zu hilfe- und pflegebedürftigen Menschen sind rar und orientieren sich an unterschiedlichen Definitionen von Pflegebedürftigkeit. Einer aktuellen Hochrechnung des DIW zufolge ist neben den in der Pflegestatistik erfassten rund zwei Millionen Leistungsempfängern der Pflegeversicherung zusätzlich mit weiteren rund drei Millionen Personen ab 65 Jahren zu rechnen, die regelmäßig im Alltag Hilfe brauchen. Zu ihnen gehören Personen, die zwar alltäglich Hilfe benötigen, aber (noch) nicht den Leistungskriterien der Pflegeversicherung entsprechen oder aber aus persönlichen Vorbehalten oder mangelnder Information (noch) von einem Antrag auf gesetzliche Leistungen absehen. Ausgangspunkt dieser ZQP Studie ist die Annahme, dass sich die Nachfrage und die Kombination von informellen und formellen Hilfe- und Pflegeleistungen, also das häusliche Pflegearrangement, nicht allein aus dem Grad der Pflegebedürftigkeit bzw. Einschränkungen bei alltäglichen Aufgaben ergeben. Vielmehr können Personen mit vergleichbarem Hilfe- und Pflegebedarf unterschiedliche Hilfequellen für die Bewältigung des Alltags aktivieren und kombinieren und damit in ganz verschiedenen Pflegearrangements leben. Mit formeller Pflege sind privat oder über die Pflegeversicherung finanzierte professionell angebotene Hilfe- und Pflegeleistungen im Alltag gemeint. Informelle Pflege umfasst sämtliche Formen von Hilfe und Pflege, die unentgeltlich im privaten Umfeld des hilfe- und pflegebedürftigen Menschen von Ehepartnern, Kindern, weiteren Familienangehörigen, Nachbarn und Freunden geleistet werden. In dieser Studie zeichnet das DIW Berlin im Auftrag des ZQP anhand des bevölkerungsrepräsentativen Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) nach, wie Pflegebedürftige in der häuslichen Pflege ihre Versorgung organisieren und was ihre Entscheidung für unterschiedliche Kombinationen aus informeller und/oder formeller Pflege beeinflusst. Es wird gezeigt, dass hier Faktoren, wie der Umfang und die Beschaffenheit der sozialen Netzwerke, die Haushaltsgröße und die finanziellen Ressourcen eines Haushalts, das wohnortnahe Angebot an Pflegedienstleistungen aber auch Lebenseinstellungen und psychologische Bewältigungsstrategien eine wichtige Rolle spielen. Unter anderem werden exemplarisch regelmäßige Muster und Strukturen der Inanspruchnahme von (in-)formeller Hilfe und Lebenszufriedenheit in den Pflegehaushalten aufgezeigt, die unter anderem je nach Haushaltsgröße variieren. Damit leistet diese ZQP-Studie einen wichtigen Beitrag zur realistischen Einschätzung des Pflegebedarfs und der Nachfrage nach professioneller häuslicher Pflege.

Johannes Geyer

Stellvertretender Abteilungsleiter in der Abteilung Staat

Themen: Gesundheit

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