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Kommunale Energie- und Wasserversorger weiten Investitionen aus

Pressemitteilung vom 21. Oktober 2015

Im Gegensatz zu den kommunalen Kernhaushalten sinken die Investitionen öffentlicher Unternehmen in der Energie- und Wasserversorgung nicht – DIW-Forscherinnen stellen keinen Zusammenhang fest zwischen regionaler Finanzkraft, demografischer Entwicklung und Investitionen

Zahlreiche Kommunen in Deutschland investieren zu wenig, vor allem zulasten der Infrastruktur. Für die kommunalen Energie- und Wasserversorger – also aus den kommunalen Haushalten ausgelagerte öffentliche Unternehmen – gilt dies jedoch nicht, im Gegenteil: Wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in einer aktuellen Untersuchung herausgefunden hat, steigen die Investitionen der öffentlichen Unternehmen im Bereich der Energie- und Wasserversorgung, vergleichbar mit dem Trend bei privaten Energie- und Wasserversorgern. So haben sich die Bruttoinvestitionen in Leitungsanlagen der rein öffentlichen Unternehmen in den Jahren 2005 bis 2012 von jährlich rund 1,4 auf fast 2,3 Milliarden Euro erhöht. Obwohl sich die regionale Finanzkraft und demografische Entwicklung in den Versorgungsgebieten stark unterscheiden, scheinen diese Faktoren bisher kaum Einfluss auf die Investitionsausgaben der öffentlichen Energie- und Wasserversorgungsunternehmen zu haben: Kommunale Versorger investieren in finanzschwachen Bundesländern nicht weniger als in finanzstarken und sie investieren in schrumpfenden Regionen nicht weniger als in wachsenden. „Es ist allerdings nicht gesagt, dass dieses Ergebnis auch für weitere oder noch nicht ausgelagerte Bereiche gilt“, schreiben die DIW-Ökonominnen Astrid Cullmann, Maria Nieswand und Caroline Stiel in ihrer Studie, „denn die Energie- und Wasserversorgung unterscheidet sich insofern grundlegend von anderen kommunalen Tätigkeiten, als dass sie sich in der Regel selbst trägt und damit weitgehend unabhängig von der Finanzlage einer Kommune ist“.

Öffentliche und private Energie- und Wasserversorger investieren in ähnlichem Ausmaß

Die Studienautorinnen haben die Investitionsausgaben kommunaler Energie- und Wasserversorgungsunternehmen anhand erstmals verfügbarer Mikrodaten aus der amtlichen Statistik analysiert. Diese enthält sowohl Informationen zu öffentlichen als auch zu privaten Unternehmen, jeweils für die Jahre 2005 bis 2012. Die Auswertung basiert auf sämtlichen Unternehmen der Energie- und Wasserversorgung in Deutschland mit mehr als zehn Mitarbeitern. Dies sind etwa 1.000 private, 1.400 rein öffentliche und rund 300 mehrheitlich öffentliche Firmen. Alle Unternehmen – gleich welcher Eigentümerschaft – investieren überwiegend in Leitungsnetze und sonstige Verteilanlagen wie Transformatoren oder Pumpanlagen.

Der Analyse des DIW Berlin zufolge investierten private und öffentliche Energie- und Wasserversorger bis 2009 in sehr ähnlichem Ausmaß. Ab diesem Zeitpunkt entwickelte sich das Investitionsverhalten zwar auseinander, allerdings in erster Linie deshalb, weil die erforderlichen Netzerweiterungsinvestitionen im Rahmen der Energiewende vor allem in solche Regionen fielen, in denen überwiegend private Energieunternehmen tätig sind. Wird dieser Effekt berücksichtigt, investierten öffentliche und private Versorgungsunternehmen weiterhin ähnlich viel in Leitungsanlagen.

Demografischer Wandel dürfte Investitionsentscheidungen künftig stärker beeinflussen

Um herauszufinden, ob die Höhe der Investitionen durch die regionale Finanzkraft beeinflusst wird, haben Cullmann, Nieswand und Stiel die Flächenländer anhand des Länderfinanzausgleichs in Geberländer, Nehmerländer West und Nehmerländer Ost aufgeteilt und analysiert, wie sich die kommunalen Energie- und Wasserversorger in diesen Ländern jeweils verhalten. Das zentrale Ergebnis: Die regionale Finanzkraft spielt quasi keine Rolle – so investierten die kommunalen Unternehmen in Geberländern bis 2008 sogar weniger als in Nehmerländern. Die finanzschwachen ostdeutschen Nehmerländer wiederum unterschieden sich nicht von den finanzstärkeren westdeutschen Nehmerländern. „Die Analyse liefert also keine Anzeichen dafür, dass Kommunen als Eigentümer durch Gewinnabführungsforderungen die finanziellen Ressourcen der Unternehmen in einem Maße verringern, das deren Investitionsmöglichkeiten einschränkt“, so die DIW-Forscherinnen. Gleichwohl könne der Befund nur als erste Annäherung verstanden werden, da das Investitionsverhalten der kommunalen Energie- und Wasserversorger bislang aufgrund der Datenverfügbarkeit nicht mit der Finanzkraft der jeweiligen Kommunen, sondern lediglich mit den Bundesländern verglichen werden konnte.

Ebenfalls kaum Anzeichen gibt es dafür, dass die Investitionen in ländlichen Gegenden mit schrumpfender Bevölkerung sinken. Der DIW-Auswertung zufolge haben sich die Investitionen im ländlichen und städtischen Raum zwischen 2005 und 2012 ähnlich entwickelt. Zwar kann auf Basis der Datenlage nicht ausgeschlossen werden, dass in ersten Regionen bereits Investitionen vorgenommen wurden, um das Energie- und Wassernetz einer kleineren Bevölkerungszahl anzupassen. Eine Umfrage der KfW-Bankengruppe unter Kommunen deutet jedoch darauf hin, dass Rückbauinvestitionen bisher kaum im Fokus stehen. Die DIW-Ökonominnen erwarten aber, dass sich dies in Zukunft ändert: „Angesichts der großen Herausforderungen, mit denen sich Kommunen vor allem angesichts des demografischen Wandels konfrontiert sehen, dürfte der Einfluss von Demografie und Finanzkraft auf Investitionsentscheidungen der kommunalen Energie- und Wasserversorger künftig steigen.“

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