Statement vom 30. Januar 2020
Das Berliner Abgeordnetenhaus hat heute den Mietendeckel beschlossen. Dieser sieht vor, die Mieten für fünf Jahre auf dem Niveau von Mitte des Jahres 2019 einzufrieren. Den Mietendeckel kommentiert Immobilienökonom und DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen:
Der Mietendeckel ist ein süßes Gift für den Berliner Wohnungsmarkt. Es dürfte rund 85 Prozent der Berliner Bevölkerung schmecken – so groß ist der Anteil der Mieterinnen und Mieter. Allerdings ist die beschlossene Regulierung ein sehr starker Eingriff in das Marktgeschehen, der mit bitteren Nebenwirkungen einhergehen dürfte. Erstens bedeutet der Deckel für die Qualität des regulierten Wohnungsbestands nichts Gutes. Die Preise für Handwerker galoppieren derzeit. Halten die Mieterträge nicht mehr mit, wird die Instandhaltung und Renovierung unrentabel. Zweitens ist es für Vermieterinnen und Vermieter zudem unerheblich, in welchem Zustand die Immobilie an den Markt gebracht wird. Da der Einsatz sinkt, werden viel mehr Haushalte die Lotterie auf dem Wohnungsmarkt mitspielen wollen. So findet sich immer jemand, der auch eine qualitativ schlechtere Wohnung zum aufgerufenen Preis anmieten möchte. Drittens reduziert der Mietendeckel die Chance, eine neue Wohnung zu finden. Die Beobachtungen aus anderen Fällen zeigen, dass die Umzugshäufigkeit der Haushalte nach Einführung von strengen Mietregulierungen deutlich sinkt. Zudem werden bei stetigem Zuzug aus anderen Regionen immer weniger Wohnungen innerhalb der Stadt frei. Umzugsketten sind unterbrochen. Viertens zeigen Erfahrungen aus anderen Ländern, dass der Mietwohnungsbestand mit dem zunehmenden Verkauf an selbstnutzende Haushalte geringer wird. So wichtig die kurzfristige Stabilisierung der Mietentwicklungen letztlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist, so sehr kann eine populäre, aber einseitige Wohnungsmarktpolitik negative Folgen zeitigen. Daher sollte die Politik mit einem Mix an Maßnahmen auf die Herausforderungen reagieren – auch mit regulierenden Eingriffen. Wohl oder übel ist die Stadt aber auf private Investitionen im Wohnungsbau angewiesen und muss daher auch die Interessen derjenigen berücksichtigen, die das Kapital zur Verfügung stellen.
Themen: Konjunktur