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Reformstillstand in Syrien: Tabus verzögern Wirtschaftsreformen

Pressemitteilung vom 13. Februar 2008

Politische und ideologische Tabus behindern eine zügige Umsetzung der wirtschaftspolitischen Reformen in Syrien. Dies berichtet das DIW Berlin in einer aktuellen Studie. "Wichtige Maßnahmen wie die Einführung einer Mehrwertsteuer, der Abbau von Subventionen, die Privatisierung von Staatsunternehmen, eine stärkere außenwirtschaftliche Öffnung oder die Integration der Flüchtlinge aus dem Irak kommen nicht voran", sagte Professor Tilman Brück, Leiter der Abteilung Weltwirtschaft am DIW Berlin. Syrien habe zwar den richtigen Weg eingeschlagen. Die bisherigen Liberalisierungsansätze haben sich allerdings noch nicht auf Wachstum und Beschäftigung ausgewirkt. Vielfach fehlt auch das Know-How bei der Umsetzung der Reformen.
Die Wirtschaft Syriens hängt am Tropf schrumpfender Erdölreserven. Angesichts des enormen Staatsdefizits droht bei einem absehbaren Auslaufen der Öleinnahmen ein wirtschaftlicher Kollaps. Um den Staatshaushalt zu stabilisieren, muss das Wirtschaftswachstum auf einer breiten Basis gestärkt und die Abhängigkeit vom Öl reduziert werden. Die Einführung einer Mehrwertsteuer würde die Einnahmen aus der Wirtschaft außerhalb des Öl-Sektors stärken. Eine Erhöhung der Energiepreise auf das internationale Niveau könnte zusätzliche Einnahmen von mehr als zehn Prozent der Bruttoinlandsprodukts bringen. Beide Maßnahmen müssten vom Aufbau eines sozialen Sicherungssystems flankiert werden, da sie die armen Bevölkerungsgruppen stark belasten. Eine Belastung für den Staatshaushalt ist auch die zu hohe Beschäftigung im öffentlichen Dienst, der fast die Hälfte aller Beschäftigen im Dienstleistungssektor umfasst. "Ein zeitweiliger Einstellungsstopp in einigen Bereichen wäre hier ein wichtiges Reformsignal", sagte Tilman Brück. Das Endziel muss aber die Privatisierung von Staatsunternehmen sein - bisher ein wirtschaftspolitisches Tabu. Ein weiteres Tabu - der Ausschluss des Handels mit Israel - ist ein Hindernis für die Ausnutzung des Exportpotentials. Daneben ist die Wirtschaft Syriens von niedriger Arbeitsproduktivität, stagnierenden Pro-Kopf-Einkommen, einer niedrigen Exportrate, hoher Arbeitslosigkeit und einer blühenden Schattenwirtschaft gekennzeichnet. Nicht zuletzt müssen die technischen Kapazitäten gestärkt werden. "Es fehlt bei der Umsetzung des Reformprozesses an Fachkräften für die Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle der zu ergreifenden Maßnahmen", so der DIW-Experte. Hier könnten sich die Geberländer der internationalen Gemeinschaft und insbesondere die EU stärker einbringen, zum Beispiel durch technische Beratung, beim Aufbau von Forschungs- und Beratungsinstitutionen oder beim Training nationaler Experten.

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