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„Energie- und Klimabeschlüsse der Koalition sind unzureichend“

Statement vom 22. Juni 2021

Union und SPD haben zentrale Streitpunkte in der Klimapolitik ausgeräumt. Die überarbeiteten Klimapläne sollen noch in dieser Woche im Bundestag zur Abstimmung gestellt werden. Dazu ein Statement von Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin):

BlockquoteZwar hat die Bundesregierung sich in Punkto Klimaschutz etwas bewegt und einige wichtige und richtige Schritte in die richtige Richtung unternommen. So ist es begrüßenswert, dass bei Photovoltaik (PV) Freiflächenanlagen finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten für Kommunen geschaffen werden und auch Hemmnisse bei der Erneuerung von Windanlagen etwas abgebaut wurden. Mögliche Entlastungen für Unternehmen durch höhere CO2-Preise, die im internationalen Wettbewerb stehen, sollten jedoch auf Ausnahmen beschränkt sein. Höhere CO2-Preise sind notwendig, um auch bei Unternehmen den notwenigen Lenkungseffekt für mehr Klimaschutz hervorzubringen. Zudem werden einseitig die ohnehin schon üppigen Ausnahmen für die Industrie ausgeweitet und die der privaten Verbraucher unzureichend adressiert. Da ist sozial unfair.

Besonders zu kritisieren sind die noch immer viel zu niedrigen Zubauraten für erneuerbare Energien insgesamt. Sie reichen nicht aus, um die Pariser Klimabeschlüsse zu erreichen. Der Strombedarf wird deutlich höher ansteigen als von der Bundesregierung angenommen, da der Mobilitäts- und Gebäudesektor elektrifiziert wird und stromintensiv Wasserstoff hergestellt werden soll. Da die bisherigen Zubauraten seit einigen Jahren verfehlt werden, ist zu erwarten, dass auch das 2030iger Ziel von 65 Prozent nicht erreicht werden wird, sondern eher bei 55-Prozent-Anteil erneuerbarer Energien liegen wird. Dabei ist der 65-Prozent-Anteil sogar noch zu niedrig und müsste mindestens bei 75 Prozent liegen, um eine Ökostromlücke zu vermeiden. Der Paris-konforme Ausbaupfad entspräche ein jährlicher Zubau von durchschnittlich etwa 30 GW PV und etwa 9 GW Windkraft. Das ist circa sechs- (PV) beziehungsweise dreimal (Wind) so hoch wie bisher vorgesehen.

Zudem wurden klare Fehlstellungen nicht behoben wie die endogene Mengensteuerung bei der Ausschreibung von Windenergieanlagen (Rationierung der Ausschreibungsmenge bei Unterzeichnung), diese hätte sofort abgeschafft werden sollen. Diese Regelung wirkt kontraproduktiv und birgt die Gefahr einer „Abwärtsspirale“ mit von Gebotstermin zu Gebotstermin weiter sinkenden Angebotsmengen. Zudem sind die noch immer vorhandenen diversen Ausbauhemmnisse bei der Planungs- und Genehmigungsphase nicht behoben worden. Gerade die Flächenverfügbarkeit bei Windkraft stellt sich weiterhin problematisch dar (z. B. durch die 10H-Regel in Bayern).

Außerdem ist die einseitige EEG-Umlagebefreiung für die grüne Wasserstoffherstellung zu kritisieren, da dadurch effizientere Klimaschutztechnologien – zum Beispiel die Wärmepumpe oder das Elektroauto – relativ schlechter gestellt werden. Diese Benachteiligungen sollten behoben werden.

Themen: Klimapolitik , Verkehr

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