Statement vom 27. April 2022
Russland hat angekündigt, ab heute kein Gas mehr nach Polen und Bulgarien zu liefern. Dazu eine Einschätzung von Claudia Kemfert, Energieökonomin und Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin):
Der Gas-Lieferstopp seitens Russlands nach Polen und Bulgarien ist die nächste Eskalationsstufe Putins, um Europa in Angst und Panik zu versetzen und die europäischen Staaten dazu zu zwingen, ihre Gasrechnung in Rubel zu begleichen. Sie zeigt zudem, wie sehr Russland auf Rubel-Zahlungen angewiesen ist. Für Deutschland hat dies zunächst einmal keine unmittelbaren Auswirkungen, da die Gaslieferungen nach Deutschland in erster Linie über andere Pipelinerouten getätigt werden. Über die polnische Leitung wird seit Monaten weniger Gas geliefert. Es ist derzeit nicht mit Versorgungsengpässen zu rechnen, da Deutschland und Europa ausreichend mit Gas versorgt sind. Polen hat sich auf diese Situation seit langer Zeit vorbereitet und wird in erster Linie durch Flüssiggaslieferungen versorgt, norwegische Gaslieferungen kommen zudem künftig hinzu. Bulgarien ist sehr abhängig von russischen Gaslieferungen und wird über den europäischen Verbund Hilfe benötigen. Auch dort ist kurzfristig mit keinen Versorgungsengpässen zu rechnen, da die bulgarische Regierung vorgesorgt hat und die Gasspeicher ausreichend gefüllt sind.
Europa und auch Deutschland sollten sich nicht erpressen lassen, sondern auf Vertragseinhaltung bestehen und die Gaslieferungen wie vereinbart bezahlen. Ein Gas-Lieferstopp seitens Russlands ist auch für Deutschland wahrscheinlicher geworden. Deutschland muss sich vorbereiten und alles dafür tun, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Deutschland muss verstärkt aus anderen Ländern Gas beziehen, im Sommer die Gasspeicher füllen und sich auch durch verstärkte Energieeinsparungen auf den nächsten Winter vorbereiten.
Themen: Energiewirtschaft