Statement vom 4. Januar 2024
Das Statistische Bundesamt hat heute die vorläufige Inflationsrate für das Jahr 2023 veröffentlicht. Dies kommentiert DIW-Präsident Marcel Fratzscher:
Die Inflation war mit 5,9 Prozent im Jahr 2023 noch immer viel zu hoch. Wir erleben nach wie vor eine höchst unsoziale Inflation, denn Menschen mit geringen Einkommen erfahren eine zwei- bis dreimal höhere Inflation als Menschen mit hohen Einkommen. Das liegt daran, dass in den vergangenen beiden Jahren besonders die Dinge teurer geworden sind, für die Menschen mit geringen Einkommen einen viel höheren Anteil ihres monatlichen Einkommens aufbringen müssen als andere Menschen. Dies sind insbesondere Energie und Lebensmittel.
Das größte Problem für die Bürgerinnen und Bürger ist nicht die Inflation per se, sondern die Tatsache, dass für die meisten Menschen in den vergangenen beiden Jahren die Preise für ihren Lebensunterhalt stärker gestiegen sind als ihre Löhne und Einkommen. Vor allem Menschen mit geringen und mittleren Einkommen haben heute eine geringere Kaufkraft als noch vor zwei Jahren und müssen deshalb den Gürtel enger schnallen. Dies wirkt sich auch negativ auf die Konjunktur und gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland aus. Denn weniger Nachfrage bedeutet auch weniger Wachstum und Umsatz für die Unternehmen.
Die Chancen stehen gut, dass die Inflation 2024 deutlich abnehmen wird und – nach neuster Prognose des DIW Berlin – bei 2,4 Prozent liegen könnte. Gleichzeitig ist eine solche Prognose mit viel Unsicherheit behaftet, denn eine Eskalation der Kriege in der Ukraine und im mittleren Osten, zunehmende Handelskonflikte oder Naturkatastrophen können schnell wieder zu stark steigenden Preisen führen. Zudem dürfte 2024 die Inflation wiederum sehr unsozial sein und Menschen mit geringen Einkommen deutlich härter treffen. Vor allem die Mieten könnten weiter deutlich steigen. Und auch die Energiekosten könnten wieder steigen, da steuerliche Entlastungen wegfallen und der CO2-Preis weiter zunehmen wird.
Die Politik kann die Inflation nicht kontrollieren. Aber sie kann besonders hart betroffene Menschen finanziell gezielt entlasten. Die Bundesregierung sollte daher 2024 ihr Hauptaugenmerk auf eine stärkere Erhöhung des Mindestlohns und die Umsetzung des Klimageldes legen. Dies sind die effektivsten Instrumente, um vor allem Menschen mit geringen Einkommen zu entlasten und ihre Einkommen zu stärken.
Themen: Ungleichheit