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Niedrige Verschuldung: Haushalte haben aus der Dotcom-Krise gelernt

Pressemitteilung vom 1. Juni 2011

Die deutschen Privathaushalte sind ohne Zusatzschulden durch die Krise gekommen – Kaum Reaktionen auf Zinsveränderungen

Die Verschuldung der deutschen Privathaushalte ist während der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise nicht gestiegen. Der seit rund zehn Jahren anhaltende Trend zu weniger Schulden  wurde auch durch die Krise nicht gebrochen, errechneten Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) anhand von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP).

„Die Haushalte scheinen aus dem Platzen der Dotcom-Blase gelernt zu haben“, sagt Dorothea Schäfer, DIW-Forschungsdirektorin Finanzmärkte. „Damals gab es deutlichere Effekte durch kreditfinanzierte Aktienspekulationen.“ Seitdem sei die Belastung durch Zinsen und Tilgung  rückläufig. „Daran hat auch die Finanzkrise nichts geändert. Lediglich durch die Abwrackprämie haben sich Haushalte zu zusätzlichen Krediten für den Autokauf verleiten lassen. Insgesamt sind die Sparquoten sogar gestiegen“, erklären Schäfer und ihre Ko-Autorin Marlene Karl. Im Jahr 2009 waren deutlich weniger Haushalte – nämlich 18 Prozent - mit Konsumenten- und Immobilienkrediten belastet als während der Dotcom-Krise, als es noch circa 20 Prozent waren.

Auch die monatliche Belastung mit Zins- und Tilgungszahlungen lag deutlich unter dem damaligen Niveau. Rund 40 Prozent der Befragten empfanden die Schulden jedoch weiterhin als „schwere Belastung“. Für 60 Prozent stellten sie „kein“ oder nur „ein geringes Problem“ dar. „Die Haushalte in Deutschland haben eine Tendenz, sich liquide und ihre Finanzsituation möglichst stabil zu halten. Dabei spielt sicher auch eine Rolle, dass sie im Alter nicht verschuldet sein wollen. Deswegen führen Haushalte, wenn sie älter werden, zunehmend die Verschuldung zurück“, erklärt Schäfer. Auch die niedrigen Zinsen haben die Haushalte nicht dazu veranlasst, mehr Schulden aufzunehmen.

Dass sich Sparer in Deutschland von Veränderungen des Zinsniveaus nur relativ wenig beeindrucken lassen, zeigt auch die zweite Analyse im aktuellen DIW Wochenbericht „Weniger Schulden, mehr Sparen“. Die Forscher Martin Beznoska und Richard Ochmann zeigen darin, dass private Haushalte ihr Konsum-Sparverhalten in Deutschland zumindest kurzfristig kaum ändern, auch wenn Schwankungen im Preis- oder Zinsniveau dafür Anreize bieten. „Auf kurze Sicht reagieren sie so gut wie überhaupt nicht auf Änderungen der Nachsteuerrendite“, so die Forscher. „Das muss man beachten, wenn man steuer- und sozialpolitische Reformen wie die Einführung einer Abgeltungssteuer, verbesserte Abzugsmöglichkeiten von Altersvorsorgeleistungen oder Änderungen der Mehrwertsteuersätze richtig planen und ihre Wirkung prognostizieren will.“

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