Pressemitteilung vom 2. März 2016
SOEP-Sonderauswertung anlässlich des Weltfrauentags am 8. März: Tradierte Aufgabenteilung im Haushalt besteht fort – DIW-Forschungsdirektorin Elke Holst spricht sich für stärkere partnerschaftliche Aufgabenteilung im Haushalt aus – Familienarbeitszeit und Kita-Ausbau würden dies unterstützen
Erwerbstätige Frauen, die mit ihrem ebenfalls erwerbstätigen Partner in einem Haushalt leben, leisten in Deutschland im Durchschnitt mehr Hausarbeit und kümmern sich länger um die Kinder als ihre Partner. Das ist selbst dann der Fall, wenn die Frau einen Vollzeitjob hat, wie aus einer aktuellen Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) anlässlich des internationalen Frauentags am 8. März hervorgeht. Auf Basis von Daten der Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) hat die DIW-Forschungsdirektorin für Gender Studies Elke Holst herausgefunden, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in der Hausarbeit und Kinderbetreuung zwar leicht zurückgehen, Frauen in Paarhaushalten aber durchschnittlich noch immer deutlich mehr leisten als ihre Partner. So kümmerten sich vollzeiterwerbstätige Frauen in sogenannten Doppelverdiensthaushalten im Jahr 2014 an einem Werktag gut eineinhalb Stunden um den Haushalt und fast fünf Stunden um die Betreuung der Kinder. Vollzeiterwerbstätige Männer investierten im Durchschnitt gut eine Stunde beziehungsweise rund zweieinhalb Stunden in diese Aufgaben. Die Frauen wendeten damit an einem Werktag durchschnittlich gut drei Stunden mehr Zeit für Hausarbeit und Kinderbetreuung auf. „Mehrbelastungen bei der unbezahlten Arbeit schränken die Zeitsouveränität und damit die Flexibilität ein – das ist ein Nachteil auf dem Arbeitsmarkt, der vor allem Frauen trifft“, erklärt Holst.
Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist eine Multi-Kohortenbefragung, die seit 1984 durchgeführt wird. Für die unter dem Dach der Leibniz-Gemeinschaft am DIW Berlin geleitete Studie werden zur Zeit jedes Jahr in Deutschland etwa 30.000 Personen in fast 15.000 Haushalten von TNS Infratest Sozialforschung (München) in persönlichen Interviews befragt. Beispielsweise geben diese Auskunft zu persönlichen Einstellungen und politischen Ansichten, Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung oder Gesundheit. Da jedes Jahr in etwa dieselben Personen befragt werden, können langfristige psychologische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Entwicklungen aufgezeigt werden.
Mehr Männer als noch vor zehn Jahren beteiligen sich an Hausarbeit und Kinderbetreuung
Im Jahr 2014 leisteten in Doppelverdiensthaushalten unter allen erwerbstätigen Frauen – neben vollzeiterwerbstätigen also auch teilzeiterwerbstätige – 98 Prozent Hausarbeit an einem Werktag. Ihre erwerbstätigen Partner beteiligten sich daran zu einem Anteil von 65 Prozent – sechs Prozentpunkte mehr als zehn Jahre zuvor. Ihr Arbeitseinsatz in Höhe von gut einer Stunde an einem Werktag veränderte sich über die Zeit nicht und lag weiterhin deutlich unter dem der Frauen (rund zwei Stunden pro Tag). Lebten Kinder in einem Alter bis einschließlich sechs Jahre im Haushalt, beteiligten sich fast alle erwerbstätigen Frauen und Männer an der Kinderbetreuung. Unterschiede gab es jedoch beim zeitlichen Umfang: Während erwerbstätige Frauen ihre Kinder im Jahr 2014 fast sechseinhalb Stunden pro Werktag betreuten, taten Männer dies nur zweieinhalb Stunden – kaum mehr als im Jahr 2004. „Die Entlastung der Frauen bei der Kinderbetreuung um nahezu eineinhalb Stunden geht also weniger auf die Männer zurück, sondern dürfte eher am Ausbau der Kindertagesstätten seit dem Jahr 2010 liegen“, so Holst.
Auch wenn man Erwerbs- und Hausarbeit sowie Kinderbetreuung zusammen betrachtet, sind Frauen im Durchschnitt stärker belastet als Männer: Zwar sind sie werktags gut zweieinhalb Stunden weniger erwerbstätig, kümmern sich dafür aber gut viereinhalb Stunden mehr um den Haushalt und die Kinder. „Soll die Chancenungleichheit auf dem Arbeitsmarkt weiter abgebaut werden, führt kein Weg daran vorbei, dass sich Männer und Frauen die Arbeit im Haushalt und bei der Kinderbetreuung gleichmäßiger aufteilen“, betont Holst. „Die vom DIW Berlin erarbeiten Vorschläge zur Familienarbeitszeit und zum Ausbau qualitativer Kita-Plätze sind richtige Schritte auf dem Weg zu diesem Ziel.“