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Weiterhin Überschüsse in öffentlichen Haushalten – Spielräume werden aber kleiner

Pressemitteilung vom 15. Juni 2016

Ausgaben für Unterbringung und Integration Geflüchteter steigen weniger stark als noch zuletzt erwartet – Steuereinnahmen sprudeln dank guter Arbeitsmarktlage – Handlungsspielräume werden jedoch enger – Wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik sollte im Vordergrund stehen

Die öffentlichen Ausgaben steigen zwar etwas schneller als die Einnahmen, aber unter dem Strich steht weiterhin ein Plus: Der Gesamthaushalt in Deutschland – also die Kassen von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen – wird auch in diesem und im nächsten Jahr jeweils mit einem Überschuss abschließen. Das ergeben Berechnungen der Finanzexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Kristina van Deuverden, auf Basis der aktuellen Konjunkturprognose des DIW Berlin. „Die Spielräume in den öffentlichen Haushalten werden aber kleiner“, sagt van Deuverden. Das trifft insbesondere auf den Bundeshaushalt zu: Zum einen werden die Ausgaben für die Versorgung und Integration der nach Deutschland gekommenen Geflüchteten weiter steigen, wenn auch – aufgrund der seit Jahresbeginn gesunkenen Zahl neuer Asylbewerberinnen und Asylbewerber – weniger stark als noch im Frühjahr erwartet. Zum anderen profitierte der Bundeshaushalt in den vergangenen Jahren von zwei Sonderfaktoren: Die demografische Entwicklung entlastete vorübergehend vor allem die gesetzliche Rentenversicherung und damit auch den Bund, der diese bezuschusst. Zudem waren die Zinsen auf die deutschen Staatsschulden außerordentlich niedrig. Solche Effekte werden künftig an Bedeutung verlieren.

Investitionstau ist noch nicht behoben

Die Einnahmen des Staates nehmen in diesem und im kommenden Jahr kräftig zu, um jeweils mehr als dreieinhalb Prozent – vor allem wegen der guten Arbeitsmarktentwicklung werden die Lohnsteuereinnahmen und die Sozialbeiträge kräftig expandieren. Die Ausgaben legen mit jeweils etwa vier Prozent allerdings stärker zu als die Einnahmen. Das liegt unter anderem an den Ausgaben für die Flüchtlinge, dem angehobenen Kindergeld, den Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst und der Mitte dieses Jahres besonders kräftigen Rentenerhöhung. Die Subventionen nehmen ebenfalls zu, auch wegen der Kaufprämie für Elektroautos.

Umso wichtiger ist es nach Ansicht der DIW-Finanzexpertin van Deuverden, die kleiner werdenden Finanzierungsspielräume in den öffentlichen Haushalten sinnvoll zu nutzen – in erster Linie, um die Chancen für künftiges Wirtschaftswachstum zu erhöhen. So sollte der Bund die Mittel für Investitionen weiter aufstocken und zudem dafür Sorge tragen, dass sie möglichst zielgenau dort ankommen, wo der Investitionsstau besonders hoch ist.

Sozialbeiträge sind höher, als sie sein müssten

Angesichts der demografischen Entwicklung empfiehlt van Deuverden zudem, die Sozialbeiträge zu senken und so die Anreize zur Arbeitsaufnahme zu erhöhen. Grund für die in Deutschland im internationalen Vergleich hohe Belastung des Faktors Arbeit sind entgegen der weitläufigen Meinung nicht die Steuern, sondern die Sozialbeiträge. Diese Beiträge sind auch deshalb hoch, weil der Bund den Sozialversicherungen Leistungen aufbürdet, die versicherungsfremd sind, etwa die Ausweitung der Mütterrente. „Solche Ausgaben sollten aus Steuermitteln finanziert werden, nicht aus Beiträgen, andernfalls werden die Kosten nur von den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten getragen, während Beamte, Rentner, Studierende und Selbständige ausgenommen sind“, sagt van Deuverden.

Dass die Sozialversicherungen aufgrund der steigenden Beschäftigung und sinkenden Arbeitslosigkeit insgesamt noch gut dastehen, könnte weitere Begehrlichkeiten wecken, so die Finanzexpertin. Die Politik könnte versucht sein, Eingliederungs- und Integrationsmaßnahmen für Geflüchtete aus den Kassen der Bundesagentur für Arbeit finanzieren zu wollen. Es wäre verkehrt, wenn das Geld für die diskutierte Lebensleistungsrente, wenn sie politisch gewünscht ist, aus den Rentenkassen kommen würde. „Versicherungsfremde Leistungen aus Sozialbeiträgen zu finanzieren ist der falsche Weg“, meint van Deuverden. „Die Sozialversicherungsbeiträge sollten sinken, damit sich Arbeit wieder mehr lohnt.“

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