Der Gender Leadership Gap (GLG) ist ein vom DIW Berlin erstellter Indikator, der den Chancennachteil von Frauen misst, wenn es darum geht, in eine hohe Führungsposition zu kommen. Er stellt die Differenz zwischen dem Anteil von Frauen an der Gesamtzahl der abhängig Beschäftigten und dem Anteil von Frauen in hohen Führungspositionen dar. Wenn Frauen exakt die gleichen Chancen als Männer hätten, in diese Positionen zu kommen, gäbe es diese Differenz nicht. Je grösser aber der GLG, desto schwieriger ist der Zugang von Frauen zu hohen Führungspositionen. Diese werden von einer internationalen Standardklassifikation (ISCO-88, Hauptgruppe 1) definiert und umfassen Positionen, in denen Unternehmen, Organisationen oder große Abteilungen geleitet und gesteuert werden. GeschäftsleiterInnen, ProduktionsleiterInnen oder PersonalmanagerInnen gehören dazu.
In Deutschland betrug der GLG für das Jahr 2014 16 Prozent. Von allen abhängig Beschäftigten waren 51 Prozent Frauen, von allen hohen Führungskräften waren 34 Prozent Frauen. Aus der Differenz ergibt sich der GLG. Da Auf- und Abrundungen berücksichtigt werden, kann der GLG hier auch geringer (oder größer) ausfallen als die Differenz. Im Durchschnitt für die Jahre 2001 bis 2014 ergibt sich ein GLG von 17 Prozentpunkten.
Den GLG kann man auch für einzelne Unternehmen oder Branchen berechnen, und somit z.B. ermitteln, in welchen Wirtschaftssektoren Frauen den größten Chancennachteil bzw. -vorteil ihren männlichen Kollegen gegenüber haben, wenn es darum geht, die Karriereleiter hochzuklettern. In Deutschland war im Durchschnitt für die Jahre 2001 bis 2014 der GLG im Finanzsektor und im Bereich Öffentliche Verwaltung u.a. (Verwaltung, Erziehung, Sozialwesen…) mit jeweils 31 Prozentpunkten am höchsten. Im Sektor Information und Kommunikation dagegen ist mit neun Prozent der GLG vergleichsweise niedrig.
Diese Geschlechterunterschiede können auf Unterschiede im Humankapital – also beispielsweise den Bildungsabschluss und die Berufserfahrung - und anderen für das Einnehmen einer Führungsposition relevanten Charakteristika zurückgehen. Rechnet man diese Einflussfaktoren heraus, zeigt sich, dass in der Finanzbranche die Geschlechterunterunterschiede in der Wahrscheinlichkeit, eine hohe Führungsposition einzunehmen, am größten sind.
Eine wesentliche Ursache für den GLG, also für die Benachteiligung von Frauen im Hinblick auf Karrierechancen, ist Forschungsergebnissen des DIW Berlin zufolge die Bevorzugung von Vollzeitkräften für hohe Führungspositionen. Viele Frauen arbeiten aber Teilzeit, weil die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Deutschland erheblich zu wünschen übrig lassen.
Der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen ist eine der wichtigsten Ursachen für die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern, den sogenannten Gender Pay Gap.
Das DIW Glossar ist eine Sammlung von Begriffen, die in der wissenschaftlichen Arbeit des Instituts häufig verwendet werden. Die hier gelieferten Definitionen sollen dem besseren Verständnis der DIW-Publikationen dienen und wichtige Begriffe aus der empirischen Wirtschafts- und Sozialforschung so prägnant wie möglich erklären. Das Glossar hat keinen Anspruch auf lexikalische Vollständigkeit.