Kommunale Investitionen: Engpässe bei Planungs- und Baukapazitäten bremsen Städte und Gemeinden aus

Pressemitteilung vom 15. März 2017

Obwohl der Bund zusätzliche Gelder für Investitionen bereitstellt, investieren Kommunen kaum mehr als zuvor – Bau- und Planungsämter haben in den letzten 25 Jahren deutlich mehr als ein Drittel Personal abgebaut – Kommunale Infrastrukturgesellschaft und Investitionsrücklage in öffentlichen Haushalten könnten helfen

Die kommunale Infrastruktur fährt nach wie vor auf Verschleiß: In den vergangenen beiden Jahren investierten Städte und Gemeinden in Deutschland deutlich weniger in Straßen, Schulen und andere Gebäude, als diese an Wert verloren. Wie eine aktuelle Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt, liegt dies maßgeblich an zu geringen Kapazitäten der Bauwirtschaft und fehlendem Personal in den Bau- und Planungsämtern, die in den vergangenen 25 Jahren stark ausgedünnt wurden. „Obwohl die Bundesregierung den Kommunen zusätzliche Gelder zur Verfügung gestellt hat, sind die kommunalen Investitionen bisher nicht substanziell gestiegen“, sagt DIW-Ökonom Claus Michelsen, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Konjunkturpolitik. „Unter dem Strich haben die Kommunen bislang nur einen Bruchteil der finanziellen Mittel abgerufen, was maßgeblich auf Engpässe in den Verwaltungen und einen Auftragsstau bei den Baufirmen zurückgeht.“

Abhilfe leisten könnte eine kommunale Infrastrukturgesellschaft, die bereits die Expertenkommission zur Stärkung von Investitionen in Deutschland vorgeschlagen hatte. Eine solche Gesellschaft könnte Kompetenzen bündeln und die Städte und Gemeinden bei der Planung und Umsetzung von Baumaßnahmen unterstützen. Um Bauunternehmen dazu zu bringen, ihre Kapazitäten zu erhöhen, sollten Investitionen in die kommunale Infrastruktur auf Dauer berechenbar sein, was beispielsweise über eine Investitionsrücklage in den öffentlichen Haushalten erreicht werden könnte.

Nachfrage nach Bauleistungen ist stark gestiegen – der Personalbestand in Baufirmen jedoch kaum

Jüngsten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zufolge haben die deutschen Kommunen im Jahr 2016 insgesamt 23,5 Milliarden Euro investiert. Das war zwar eine Milliarde Euro mehr als im Jahr zuvor, dennoch stagnierte der Anteil der kommunalen Investitionen gemessen am Bruttoinlandsprodukt (0,75 Prozent). Obwohl Städte und Gemeinden im Rahmen des Kommunalpanels der KfW Bankengruppe einen seit Jahren steigenden Investitionsbedarf äußern, der zuletzt bei über 135 Milliarden Euro lag, nehmen sie für Investitionen bereitstehende finanzielle Mittel kaum in Anspruch: So wurde der sogenannte Kommunalinvestitionsförderungsfonds um 3,5 Milliarden Euro aufgestockt, wovon bis Ende November vergangenen Jahres aber nur gut 80 Millionen Euro abgerufen waren.

„Die Zurückhaltung der Kommunen ist alles andere als freiwillig“, erklärt Martin Gornig, stellvertretender Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte am DIW Berlin. „Städte und Gemeinden stecken nämlich 85 Prozent ihrer Investitionen in Bauten. Deshalb spiegeln sich fehlende Kapazitäten in diesem Bereich in den kommunalen Investitionen besonders stark wider.“ So ist die Nachfrage nach Bauleistungen in den Jahren 2010 bis 2014 um 9,5 Prozent gestiegen, die Zahl der Beschäftigten in der Baubranche aber nur um 1,5 Prozent. Die Folge: Auftragsbücher quellen über und Baumaschinen sind stärker ausgelastet als während des Baubooms nach der deutschen Wiedervereinigung in den 1990er Jahren.

Kommunen haben Bau- und Planungsämter merklich ausgedünnt

Hinzu kommt: Bauinvestitionen erfordern einen erheblichen Planungsaufwand, den nach einem vielerorts großen Personalabbau immer weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Planungsämtern leisten müssen – und das, obwohl einzelne Projekte immer komplexer werden. Die Zahl der in den kommunalen Verwaltungen mit Bau, Wohnungswesen und Verkehr befassten Beschäftigten ging allein von 1991 bis 2011 um gut ein Drittel zurück und im Anschluss bis 2015 um weitere gut neun Prozent. Neben den ostdeutschen Bundesländern haben vor allem Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein Planungskapazitäten erheblich reduziert.

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