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Urlaub in Deutschland: Erwerbstätige nutzen ihren Urlaubsanspruch oftmals nicht aus

Pressemitteilung vom 7. April 2004

Fast jeder Dritte der abhängig Beschäftigten in Deutschland hat seinen Jahresurlaub 1999 nicht vollständig ausgenutzt. Das zeigen Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), die vom DIW Berlin zusammen mit Infratest Sozialforschung erhoben werden und im aktuellen Wochenbericht des DIW Berlin 15/2004 veröffentlicht sind. Von den etwa 936 Mill. Tagen Urlaubsanspruch, die sich aus den Angaben der Befragten ergeben, wurden nur etwa 870 Mill. Tage effektiv genommen. Von 28 Tagen Urlaubsanspruch nahmen die Befragten im Durchschnitt also nur 26 Tage. Neuere Zahlen liegen derzeit noch nicht vor; das DIW Berlin geht davon aus, dass diese Strukturen sich nicht wesentlich geändert haben.
Da unter denjenigen, die einen verkürzten Jahresurlaub nehmen, besonders viele sind, die jünger sind, Überstunden machen und hochqualifiziert sind, kann man annehmen, dass sie die zusätzlichen Arbeitstage als Investition in ihr Humankapital bzw. ihre Karriere betrachten.

Selbständige haben im Jahr 1999 durchschnittlich nur 14 Urlaubstage genommen. Hingegen schöpfen Beamte, auch Beamte in höherer Stellung, ihren Jahresurlaub (im Schnitt 30 Urlaubstage) nach eigenen Angaben weitgehend aus. Neben der Beschäftigungsform hat auch die Betriebsgröße einen Einfluss auf die Unterausnutzung des Urlaubsanspruchs: Mit steigender Anzahl der Beschäftigten im Betrieb wird der Tarifurlaub effektiver ausgeschöpft.

Im internationalen Vergleich steht abhängig Beschäftigten in Deutschland viel Erholungsurlaub zu. Allerdings schöpfen 30 % von ihnen den tariflichen Urlaubsanspruch nicht vollständig aus. Für die abhängig Beschäftigen reduziert sich das Urlaubsvolumen damit um insgesamt etwa 7 % jährlich. Da dies bei der amtlichen Berechnung von Jahresarbeitsstunden unberücksichtigt bleibt, wird die tatsächlich geleistete Jahresarbeitszeit der abhängig Beschäftigten in der volkswirtschaftlichen Betrachtung unterschätzt. Denn der tarifliche Urlaubsanspruch übersteigt den tatsächlich genommenen Urlaub. Daraus folgt, dass tatsächlich mehr gearbeitet wird, als von den amtlichen Berechnungen angenommen. Da die meisten der Beschäftigten, die ihren Urlaubsanspruch nicht vollständig ausnutzen, sich diesen nicht auszahlen lassen können, führt dies tendenziell zu einer Überschätzung der Produktivität der Betriebe.
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