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Deutschland benötigt bessere Konzepte für die Privatisierung von Autobahnen

Pressemitteilung vom 16. Januar 2004

Bevor eine bundesweite Privatisierung der Autobahnen in Betracht gezogen wird, sollten zunächst die bisherigen Modelle verbessert und geeignete Regulierungs- und Vertragsmechanismen für neue Konzessionsmodelle entwickelt werden. Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle Diskussionspapier des DIW Berlin.
Bevor eine bundesweite Privatisierung der Autobahnen in Betracht gezogen wird, sollten zunächst die bisherigen Modelle verbessert und geeignete Regulierungs- und Vertragsmechanismen für neue Konzessionsmodelle entwickelt werden. Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle Diskussionspapier des DIW Berlin.

Nach der Entscheidung zur Einführung einer LKW-Maut auf Autobahnen steht nun auch die Privatisierung der Bundesautobahnen in der politischen Diskussion. Derzeit existieren bereits zwei partielle Privatisierungsmodelle für die Bundesfernstraßen, die so genannten A- und F-Modelle. Es ist zu begrüßen, dass das Bundesverkehrsministerium und das Bundeswirtschaftsministerium neuen Privatisierungsmodellen aufgeschlossen gegenüber steht. Allerdings sind bei den bisherigen Modellen entscheidende Aspekte der Risikoallokation zwischen Staat und Unternehmen bisher aus volkswirtschaftlicher Sicht ineffizient geregelt. Internationale Erfahrungen mit Konzessionsmodellen sowie das Beispiel des missglückten PPP-Projekts „Toll Collect“ zeigen, dass gerade die Risikoallokation für Effizienzgewinne durch eine stärkere Privatsektorbeteiligung entscheidend ist.

Die Einführung einer LKW-Maut auf den Bundesautobahnen ist nur der erste Reformschritt in Richtung Privatisierung und Bepreisung von Fernstraßen in Deutschland. Internationale Erfahrungen deuten an, dass mit Privatisierungs- und Konzessionsmodellen Effizienzgewinne erzielt werden können. Derzeit existieren in Deutschland zwei sich ergänzende Konzessionsmodelle: Beim sogenannten F-Modell (nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz) können Privatunternehmen einzelne Bauwerke (Tunnel, Brücken, Pässe) privat finanzieren, bauen und betreiben; von den vorgesehenen neun Projekten sind jedoch erst zwei umgesetzt worden; beim sogenannten A-Modell (für Ausbaumodell) finanzieren private Unternehmen den Hauptteil der Investitionen für den Ausbau bestehender Autobahnen von vier auf sechs Spuren. Diese Unternehmen sollen dafür mit der auf den Strecken erhobenen LKW-Maut bezahlt werden.

Beide Ansätze leiden jedoch unter Ausgestaltungsproblemen, sodass sie (noch) nicht als Vorbild für eine bundesweite Privatisierung betrachtet werden können. Insbesondere das F-Modell könnte und sollte nach einer „Überarbeitung“ der Vertragsentwürfe zur Risikoallokation zwischen Staat, Nutzern und Unternehmen zukünftig eine bedeutendere Rolle bei der Finanzierung von Fernstraßenausbauten und Fernstraßenneubauten erhalten. Ein wesentliches Problem besteht bisher in der Verteilung des Verkehrsmengenrisikos; insbesondere trägt beim A-Modell der private Investor auch nach der Bauphase das Verkehrsmengenrisiko, obwohl er die Verkehrshöhe kaum beeinflussen kann. Dies führt zu überhöhten Kapitalkosten und verteuert die Gesamtkosten der Projekte. Insgesamt fehlt es in Deutschland noch an einer langfristig angelegten Strategie zur Privatisierung der Autobahnen, sowie an der notwendigen breiten politischen Unterstützung.
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