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Hohes privates Engagement bei der Betreuung von Pflegebedürftigen

Pressemitteilung vom 12. Mai 2004

Nach den Ergebnissen des vom DIW Berlin in Zusammenarbeit mit Infratest Sozialforschung erhobenen Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) beteiligten sich im Jahre 2003 rund 5 % aller erwachsenen Männer und knapp 8 % aller Frauen an der Versorgung Pflegebedürftiger, so der aktuelle Wochenbericht des DIW Berlin 20/2004. Der zeitliche Umfang an einem durchschnittlichen Wochentag beträgt bei pflegenden Männern 2,5 Stunden und bei Frauen rund 3 Stunden. Männer pflegen damit zwar weniger häufig und in geringerem Umfang, beteiligen sich aber zu einem nicht unerheblichen Anteil ebenfalls aktiv an der Betreuung Hilfe- und Pflegebedürftiger.
Schätzungen des DIW Berlin gehen von einem Anstieg der Pflegebedürftigen um rund 1 Million bis zum Jahre 2020 aus. Bereits heute ist die soziale Pflegeversicherung finanziell stark belastet. Seit Einführung der Pflegeversicherung ist ein Trend zur stationären Pflege zu beobachten. Während 1996 erst 25 % aller Pflegebedürftigen in Heimen versorgt wurden, waren es 2001 bereits annähernd 30 %. Von der Kommission zur Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme (Rürup-Kommission) wurden Wege aufgezeigt, wie durch eine finanzielle Gleichstellung der ambulanten und stationären Pflegeleistungen künftig der Vorrang der häuslichen Pflege sichergestellt werden kann. Soll das politische Ziel einer angemessenen Absicherung des Lebensrisikos der Pflegebedürftigkeit für alle Bürgerinnen und Bürger erreicht werden, sollte auch die materielle Sicherung sowie die gesellschaftliche Anerkennung der helfenden Familienangehörigen und privaten Helfer in den Vordergrund gerückt werden.

Demographisch gesehen sind zumindest für die nähere Zukunft die Voraussetzungen nicht ungünstig, um der Präferenz zur häuslichen Pflege auch zu entsprechen. So ist in den nächsten fünf bis zehn Jahren zu erwarten, dass der Anteil der Partnerlosen unter den Pflegebedürftigen eher weiter zurückgeht – zumindest wird sich der kriegsbedingte Frauenüberschuss weiter verringern. Auch die durchschnittliche Zahl der Kinder im Erwachsenenalter wird zunächst nicht rückläufig sein, so dass sich in dieser Hinsicht die Situation eher entspannen wird. Eine Rückverlagerung der Lasten sozialstaatlicher Versorgung Älterer in die Familien dürfte jedoch die Frauen in besonderer Weise treffen: Grund dafür ist einerseits ihre stärkere Beteiligung an der Pflege; andererseits würde eine solche Entwicklung auch den Trend zur steigenden Erwerbsbeteiligung der Frauen und der vielfach geforderten höheren Flexibilität und Mobilität zuwiderlaufen.

Eine stärkere professionelle Ergänzung privater Pflegearrangements scheint vor diesem Hintergrund unverzichtbar. In derartigen hauswirtschaftlichen Dienstleistungstätigkeiten liegen noch unausgeschöpfte Beschäftigungspotentiale. Daneben gilt es, unter Männern und Frauen das große ‚Sozialkapital’ zu stützen und die Alltagssolidarität zu fördern.


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