Rund 54 Prozent der Menschen in Deutschland empfinden ihr Erwerbseinkommen als gerecht. Das ist das Ergebnis des aktuellen Wochenbericht des DIW Berlin 47/2004, der auf Basis der Daten einer Sondererhebung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) erstmals Fragen zum subjektiven Gerechtigkeitsempfinden untersucht. Als weit ungerechter als das eigene Erwerbseinkommen empfinden die Menschen in Deutschland die Entlohnungshöhe von Managern und Hilfsarbeitern. Zweidrittel halten die Erwerbseinkommen von Managern für ungerechtfertigt hoch. Die Löhne von Hilfsarbeitern schätzen sie als zu niedrig ein. In der Studie wurden deutliche regionale Unterschiede im Bewertungsmuster beim eigenen Erwerbseinkommen ermittelt. Während in Westdeutschland nahezu 58 % der Erwerbstätigen ihr eigenes Einkommen als gerecht ansehen, sind es in Ostdeutschland lediglich 41 %.
Wird das eigene Einkommen oder das Einkommen anderer als ungerecht empfunden, führt dies bei den Menschen in Deutschland zu Wohlfahrtsverlusten und Misstrauen. Nach Ansicht des aktuellen Wochenberichts des DIW Berlin neigen Menschen, die ihr eigenes Erwerbseinkommen als ungerecht erachten, dazu, sich nicht mehr an politischen Prozessen zu beteiligen, zum Beispiel indem sie nicht mehr wählen gehen. Wird die Lohnspreizung, also der Unterschied zwischen dem Einkommen eines Hilfsarbeiters und dem eines Managers, als ungerecht empfunden, führe dies zu sinkendem Vertrauen in große Unternehmen.
Die Ergebnisse machen deutlich, dass für die Mehrheit der Menschen in Deutschland das Wort „Gerechtigkeit“ nicht auf „Chancengerechtigkeit“ reduziert werden kann. Für breite Bevölkerungsschichten ist es nicht nur wichtig, dass jeder die gleiche Chance hat, ein hohes Einkommen zu beziehen, sondern es ist ebenso wichtig, dass Führungspositionen mit Vorteilen ausgestattet sind, die allgemein als angemessen erachtet werden.
Um das Vertrauen der Menschen, sowohl in die Politik als auch in die Wirtschaft, zurück zu gewinnen, sei es notwendig, die Bürgerinnen und Bürger transparenter zu informieren, so der aktuelle Wochenbericht des DIW Berlin.