Immer mehr Schüler besuchen eine Privatschule – unter den Gymnasiasten bereits jeder neunte. Ob Eltern ihre Kinder auf die Privatschule schicken ist aber weniger eine Einkommens- als eine Bildungsfrage: Wie eine aktuelle SOEP-Studie zeigt, besuchen Schüler, deren Eltern Abitur gemacht haben, wesentlich häufiger eine Privatschule als Schüler aus bildungsferneren Elternhäusern. „Eine problematische Entwicklung, die die Bildungspolitik fordert“, sagte DIW-Bildungsökonomin C. Katharina Spieß. „Sowohl öffentliche Schulen als auch private Schulen müssen für alle Schüler attraktiv sein und über ihre jeweiligen Angebote sollten Elternhäuser aller Bildungsschichten informiert sein.“
Anteil der Privatschüler in den letzten 20 Jahren gestiegen / Insbesondere Gymnasiasten besuchen Privatschulen
Seit Mitte der 80er Jahre gibt es in Deutschland sowohl mehr Privatschulen als auch Privatschüler. Nach den Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) für 2007 lag der Anteil der Privatschüler knapp unter 8 Prozent. In Westdeutschland ist von 1987 bis 2007 ein Anstieg um fast 21 Prozent zu beobachten, in den neuen Ländern hat sich der Anteil seit 1997 mehr als verdreifacht. „In Ostdeutschland gab es nach der Wiedervereinigung kaum Privatschulen. Daher hat der Anteil dort erst in den letzten Jahren deutlich zugenommen“, sagte Henning Lohmann, Co-Autor der Studie. Die amtliche Statistik schlüsselt zudem auf, dass vor allem Gymnasiasten Privatschulen besuchen – mittlerweile schon jeder neunte Gymnasiast. Bei den Grund-, Haupt- und Realschülern sind es deutlich weniger.
Eindeutiger Trend: Kinder aus gebildeten Elternhäusern gehen eher in Privatschulen
Auch über die Eltern gibt die SOEP-Studie Auskunft: Schüler, von denen mindestens ein Elternteil Abitur hat, sind häufiger auf Privatschulen vertreten (12 Prozent) als Schüler, deren Eltern nur einen mittleren Schulabschluss aufweisen (5 Prozent). Dies spiegelt sich auch in der Zusammensetzung der Schülerschaft an Privatschulen wider: Mit 59 Prozent hat die große Mehrheit mindestens einen Elternteil mit Abitur – obwohl diese Gruppe insgesamt nur gut ein Drittel der Schülerbevölkerung darstellt. „Der Anteil von Privatschülern gemessen an allen Schülern, deren Eltern ein Abitur haben, ist in den letzten zehn Jahren um 77 Prozent gestiegen“, sagte C. Katharina Spieß. „Bei Kindern, deren Eltern niedrigere Bildungsabschlüsse aufweisen, konnten wir dagegen keinen so eindeutigen Anstieg des Besuchs von Privatschulen feststellen“, so die Bildungsökonomin des DIW Berlin.
Einkommen fällt weniger stark ins Gewicht
Auch das Einkommen der Eltern fällt ins Gewicht – allerdings weniger stark als ihr Bildungsgrad: Kinder aus wohlhabenden Haushalten gehen häufiger auf Privatschulen, als Kinder aus weniger betuchten Haushalten. „Grundsätzlich sind Kinder aus sozio-ökonomisch besser gestellten Haushalten eher Privatschüler“, so Henning Lohmann. „In Deutschland hängt die Schulwahl aber weniger vom Einkommen als von der Bildung der Eltern und deren beruflicher Stellung ab.“
Bildungspolitik ist gefordert um Negativauslese zu verhindern
„Wir haben dadurch eine zunehmende Negativauslese in unserem Schulsystem, die so nicht gewollt ist“, sagte C. Katharina Spieß. Das gesetzliche „Sonderungsverbot“, das Privatschulen untersagt, einzelne Schülergruppen zu bevorzugen, könne dies offensichtlich allein nicht unterbinden. „Um zu verhindern, dass immer mehr Kinder aus bildungsnahen Haushalten in Privatschulen abwandern, müssen öffentliche Schulen wieder attraktiver werden.“ Zudem seien auch die Privatschulen gefordert, Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern stärker über ihr Angebot zu informieren.