Pressemitteilung vom 1. Juni 2016
DIW-Studie vergleicht Mieten, Wohnungspreise und Bautätigkeit in Bezirken mit und ohne Mietpreisbremse
Die Mietpreisbremse hat bisher die Hoffnung nicht erfüllt, den Anstieg der Mieten in angespannten Wohnungsmärkten zu verlangsamen und so den Zugang von BezieherInnen kleiner und mittlerer Einkommen zum Wohnungsmarkt zu verbessern. Es gibt vielmehr Hinweise darauf, dass sie sogar teilweise das Gegenteil bewirkt und den Preisanstieg in den betroffenen Städten kurzfristig eher noch beschleunigt hat, weil insbesondere kurz vor der Einführung der Mietpreisbremse die Mieten gezielt erhöht wurden. Zudem erwarten Investoren offenbar auch zukünftig keine Beeinträchtigungen ihrer Mieteinnahmen. Dies kann aus dem nur geringen Einfluss der Mietpreisbremse auf die Wohnungspreise geschlossen werden. Damit sind auch die im Vorfeld geäußerten Befürchtungen, die Mietpreisbremse würde die dringend benötigte Bautätigkeit erheblich hemmen, nicht eingetreten. Dies sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Das Gesetz hat seine gewünschte Wirkung bisher nicht entfaltet. Vielmehr gibt es Möglichkeiten, sich nicht an die Vorgaben der Mietpreisbremse zu halten“, sagt DIW-Ökonom Claus Michelsen. So seien die Sanktionen bei Verstößen relativ lax. Außerdem sei es für MieterInnen schwierig, an die relevanten Informationen zu kommen und ihr Recht durchzusetzen. Nicht zuletzt deshalb hätten VermieterInnen vor Inkrafttreten des Gesetzes die Mieten teilweise kräftig angehoben.
Die sogenannte Mietpreisbremse trat am 1. Juni 2015 in Kraft und sollte den Anstieg von Mieten in Regionen mit besonders angespannten Wohnungsmärkten deckeln. Danach dürfen dort die Mieten in neu abgeschlossenen Verträgen maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Lediglich bei Neubauten oder grundlegend modernisierten Wohnungen gilt die Mietpreisbremse nicht. Sie greift auch nicht, wenn bereits im vorherigen Mietvertrag eine hohe Miete vereinbart war.
DIW-Studie erlaubt erstmals Rückschlüsse auf kausale Effekte
Claus Michelsen und Konstantin Kholodilin vom DIW Berlin haben zusammen mit Andreas Mense von der Universität Erlangen-Nürnberg untersucht, wie sich die Mieten ohne Regulierung entwickelt hätten und in welchem Umfang die Investoren ihre Ertragserwartung durch die Regulierung beeinträchtigt sehen. Sie haben dafür die Angebotsmieten der wichtigsten Online-Plattformen Immobilienscout24, Immowelt und Immonet im Zeitraum von Juli 2011 bis März 2016 für benachbarte regulierte und unregulierte Postleitzahlbezirke verglichen. Die direkte Nachbarschaft stellt sicher, dass es sich um miteinander verbundene Immobilienmärkte handelt, deren Mieten sich ohne Regulierung vermutlich identisch entwickelt hätten. Abweichungen der Mietentwicklung nach der Einführung der Mietpreisbremse in einer regulierten Region gegenüber der benachbarten unregulierten Vergleichsgruppe können in diesem Untersuchungsrahmen als kausale Effekte der Mietpreisbremse interpretiert werden.
Sowohl Mieten als auch Immobilienpreise blieben unbeeinflusst
Die Ergebnisse zeigen, dass die Entwicklung der Mieten von der Regulierung nahezu unbeeinflusst blieb. Im gesamten Untersuchungszeitraum sind die Angebotsmieten in allen untersuchten Regionen jährlich um etwa 2,6 Prozent gestiegen. Die Einführung der Mietpreisbremse hat diesen Trend in den meisten Regionen kurzfristig deutlich beschleunigt. „Gerade in den Städten, wo Investoren erwarten konnten, dass eine Mietpreisbremse eingeführt wird – also dort, wo bereits im Jahr 2013 die Kappungsgrenze für bestehende Mietverträge eingeführt worden war – fiel der Preisanstieg im Vorfeld des Inkrafttretens der Mietpreisbremse auf das Jahr hochgerechnet um rund einen Prozentpunkt höher aus“, sagt Michelsen. Nach ihrem Inkrafttreten hatte die Mietpreisbremse keinen signifikanten Effekt mehr auf den Preistrend in den 264 der insgesamt 308 regulierten Städte mit Mietpreisbremse und abgesenkter Kappungsgrenze. In der kleinen Gruppe der Städte, die ausschließlich durch die Mietpreisbremse reguliert wurden, hatte diese nach ihrer Einführung einen dauerhaft preistreibenden Effekt von annualisiert rund 0,6 bis 0,7 Prozentpunkte. Da Immobilienpreise in großen Teilen zukünftige Ertragserwartungen abbilden, hätten sich bei einer wirksamen Regulierung auch negative Effekte beim Wert von Wohnimmobilien zeigen müssen. Dies ist weitgehend ausgeblieben, was als Hinweis für die Erwartung über die zukünftige Wirksamkeit der Regulierung gewertet werden kann.
Ausweitung der Bautätigkeit sollte im Vordergrund stehen
Um die Ursachen des Wohnungsmangels zu bekämpfen, sollten Maßnahmen zur Ausweitung der Bautätigkeit und Flexibilisierung des Angebots im Vordergrund stehen. „Nur zusätzlicher Neubau schafft nachhaltige Entspannung am Wohnungsmarkt“, sagt DIW-Ökonom Konstantin Kholodilin. Hier sei vor allem die Kommunalpolitik gefordert, etwa ungenutzte Flächen in den urbanen Zentren dem Wohnungsmarkt zuzuführen, Verdichtungspotenziale zu heben oder Gewerbeflächen umzuwidmen.
Aus sozialpolitischer Sicht könne eine Mietpreisbremse nur dann gerechtfertigt sein, sofern sie die Anreize für den Wohnungsbau nicht beschneide und zeitlich begrenzt eingeführt werde, sagen die Studienautoren. Sie müsste zudem auch transparenter und praktikabler ausgestaltet sein. So könnten VermieterInnen zur Veröffentlichung der Miete aus dem vorherigen Mietverhältnis verpflichtet und die Mieterhöhung an die Entwicklung der Konsumentenpreise gekoppelt werden.
Themen: Immobilien und Wohnen