Bericht vom 3. August 2016
Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union hat weitreichende Implikationen für die britische Finanzbranche. London ist die bisherige Finanzhauptstadt Europas. Dort ansässige Finanzinstitutionen können spezielle EU-Rechte nutzen, um Dienstleistungen im gesamten Binnenmarkt anzubieten. Das Vereinigte Königreich erfüllt somit gegenwärtig zwei Funktionen im europäischen Finanzsystem: Erstens ist es ein Knotenpunkt für Firmenkundengeschäfte großer europäischer Banken und zweitens fungiert das Land als Eintrittstor für Kapital aus Nicht-EU-Staaten in den Binnenmarkt. Verliert das Vereinigte Königreich im Zuge des EU-Austritts den Zugang zum europäischen Binnenmarkt, dürften beide Funktionen in weiten Teilen obsolet werden. Die vorliegende Analyse zeigt einige der möglicherweise weitreichenden Folgen auf. Unklar ist, inwieweit die britische Regierung Verwerfungen im Finanzsektor auffangen könnte. Eine Möglichkeit wäre, dass das Vereinigte Königreich seine Beziehungen
zu Kronbesitztümern und Überseegebieten, die in vielen Fällen als Steuer-Oasen gelten, intensiviert. Im Kontext der Bemühungen der EU zur Eindämmung unkooperativer Steuerplanungspraktiken könnte dies als Bedrohung wahrgenommen werden und die Verhandlungen weiter verkomplizieren.
Der gesamte Wochenbericht von Jakob Miethe und David Pothier in:
DIW Wochenbericht 31/2016 (PDF, 217.4 KB)