Die Arbeitszeitwünsche und die vereinbarten Arbeitszeiten von Frauen und Männern liegen weit näher beieinander als ihre tatsächlichen Wochenarbeitszeiten. Zu diesem Ergebnis kommt für den Untersuchungszeitraum 1993 bis 2005 das DIW Berlin in seinem aktuellen Wochenbericht 14-15/2007 auf Basis der zusammen mit Infratest Sozialforschung durchgeführten Längsschnittstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP).
In Deutschland liegen die von abhängig Beschäftigten gewünschten Wochenarbeitszeiten im Durchschnitt zwischen etwa 30 Stunden (Frauen) und 39 Stunden (Männer). Dieser geschlechtsspezifische Abstand (gender gap) ließe sich sich auf acht Stunden bei einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeit reduzieren. Tatsächlich sind Männer 2005 jedoch mit 42,2 Stunden im Durchschnitt rund elf Wochenstunden länger erwerbstätig als Frauen. Hier ist auch die in den amtlichen Statistiken nicht erfasste unbezahlte Mehrarbeit von Beschäftigten berücksichtigt. Die meisten Beschäftigten wünschen sich Standard-Wochenarbeitszeiten wie 20, 30, 35 oder 40 Wochenarbeitsstunden. Sehr lange Wochenarbeitszeiten von über 40 Stunden sind weder für eine Mehrheit von Frauen noch für Männer attraktiv. Allerdings klaffen hier Wunsch und Wirklich stark auseinander, denn 52 % der erwerbstätigen Männer sind 41 und mehr Wochenstunden tätig (Frauen 16%) aber nur 16 % wünschen dies auch (Frauen 4%). Über die Hälfte der Frauen (54 %, 12% der Männer) möchte weniger als 35 Stunden wöchentlich arbeiten. Wochenarbeitszeiten von weniger als 20 Stunden werden von den Frauen seltener gewünscht (14 %) als tatsächlich ausgeübt (19 %); bei den Männer ist es umgekehrt (7% bzw. 3%). Bei den Arbeitszeitwünschen der Frauen bestehen nach wie vor große Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland: Während in Ostdeutschland im Jahr 2005 im Durchschnitt gut 34 Wochenarbeitsstunden gewünscht wurden, waren es in Westdeutschland nur 29. Der gender gap bei den jeweiligen Arbeitszeitgrößen ist in Ostdeutschland deutlich geringer als in Westdeutschland.
Die vorgestellten Arbeitszeitanalysen werden in Zusammenhang mit nachhaltigen Gesellschaftsentwürfen zu einer besseren Work-Life-Balance gestellt, deren Ziel es ist, sowohl den individuellen Wohlstand als auch den gesellschaftlichen Wohlstand zu steigern. Wohlstand wird hier ausdrücklich nicht auf den finanziellen (materiellen) Wohlstand begrenzt, sondern es werden soziale, gesundheitliche und andere Aspekte (wie zum Beispiel der Zeitwohlstand oder die Chancengleichheit der Geschlechter) mit einbezogen.