Statement vom 15. April 2021
Das Bundesverfassungsgericht hat das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (Berliner Mietendeckel) für mit dem Grundgesetz unvereinbar und daher nichtig erklärt. Das Urteil kommentiert Immobilienökonom und DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen:
Das Bundesverfassungsgericht hat den Berliner Mietendeckel heute für verfassungswidrig erklärt. Das war zu erwarten und wirbelt den Wohnungsmarkt in der Hauptstadt jetzt erneut durcheinander. Für die Haushalte bedeutet dies nun vielfach wieder höhere Mietzahlungen – auch Nachzahlungen der unrechtmäßig abgesenkten Miete werden auf die Haushalte zukommen. Dies wird gerade einkommensschwache Haushalte vor größere Herausforderungen stellen. Im Extremfall droht ihnen die Wohnungslosigkeit.
Was für viele Mieterinnen und Mieter zunächst eine schlechte Nachricht ist, dürfte aber mittelfristig den Markt entspannen. Studien zeigen bereits jetzt die erheblichen negativen Konsequenzen der sehr strengen Eingriffe des Mietendeckels: Das Angebot an Mietwohnungen ist mit Einführung der Regulierung erheblich gesunken. Auch wenn Neubauten nicht unter die Mietobergrenzen fallen, gute Erträge dort zu mehr Bautätigkeit führen, hätte dies den Verlust von Mietwohnungen im Bestand kaum kompensieren können. Die Schlangen vor den Wohnungen sind daher jetzt schon deutlich länger geworden. Die geringere Chance, eine neue Wohnung zu finden, führt zu weniger Umzügen. Haushalte bleiben so in Wohnungen, die für sie entweder zu groß oder zu klein sind, kurz: dem Bedarf nicht entsprechen. Die Wohnungssuche wurde mit dem Mietendeckel vielfach zur Lotterie mit ungewissen Gewinnchancen. Auch hätten sich Mieterinnen und Mieter auf eine sinkende Qualität der Wohnungen einstellen müssen. Denn Handwerkerpreise steigen weiter, und Renovierungen werden bei geringeren Erträgen unrentabel.
Dies bedeutet nicht, dass Regulierungen immer negativ wirken. Es geht vielmehr darum, eine Balance zwischen berechtigten sozialen Interessen und einem guten Investitionsklima zu finden. Spekulation, Mietwucher oder Diskriminierung sollten in einem Markt, der ein Grundbedürfnis bedienen soll, keinen Platz haben. Deshalb gibt es bereits Mietspiegel, Kappungsgrenzen, die Mietpreisbremse, aber auch das Instrument des sozialen Wohnungsbaus oder die kommunalen Vorkaufsrechte bei Immobilienverkäufen. Diese Möglichkeiten haben in der Vergangenheit – auch wenn die Wahrnehmung eine andere ist – durchaus erfolgreich funktioniert. Die bestehenden Instrumente vollständig und konsequent zu nutzen sollte der Weg aus der Wohnungsmarktkrise sein. Auch sollte Berlin die eigenen Möglichkeiten der aktiven Wohnungsmarktpolitik ausnutzen, selbst Wohnraum anbieten und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass günstiger Wohnraum auch im Stadtkern entstehen kann oder Randbezirke besser an das Zentrum angebunden werden.
Themen: Immobilien und Wohnen