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„Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen würde europäischen Immobilienriesen schaffen“

Statement vom 25. Mai 2021

Zur geplanten Übernahme von Deutsche Wohnen durch Vonovia äußert sich Claus Michelsen, Immobilienökonom und Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), wie folgt:

BlockquoteDeutsche Wohnen und Vonovia würden bei einer Fusion mit dann rund 570 000 Wohnungen zur Nummer 1 der Immobilienkonzerne in Europa aufsteigen. Die Marktmacht wäre aber dennoch begrenzt, ihre Tätigkeit vor allem auf Deutschland konzentriert. Hierzulande hätte der Konzern dann etwa eine halbe Million Wohnungen in der Vermietung. Dies klingt zunächst viel, würde aber mit etwa 2,4 Prozent am gesamten Mietmarkt nur einen relativ geringen Anteil ausmachen. Deutschlands Wohnungsmarkt ist auch dann noch relativ kleinteilig strukturiert, vor allem die privaten KleinvermieterInnen machen mit gut 60 Prozent Marktanteil den mit Abstand größten Teil des Mietwohnungsbestands aus.  

In Städten wie Berlin sieht das aber anders aus: Hier würde ein fusionierter Konzern einen Marktanteil von gut zehn Prozent erlangen und damit einen deutlich größeren Einfluss auf das Marktgeschehen in der Hauptstadt haben als in der Fläche. Gleichwohl: Auch hier ist mit KleinvermieterInnen, Genossenschaften und kommunalen Wohnungsunternehmen nach wie vor ein deutliches Gegengewicht vorhanden. Für MieterInnen würde dies kurzfristig kaum Änderungen mit sich bringen, zumal die Konzerne angekündigt haben, dass sie den Anstieg der Mieten in ihren Beständen in den nächsten fünf Jahren deckeln wollen.  

Allerdings sind mittelfristig durchaus Änderungen zu erwarten: Ein größerer Konzern hätte gegenüber den Bezirken eine deutlich gestärkte Verhandlungsmacht, zumal auch in Berlin der Wohnungsbestand räumlich konzentriert ist. Die Stadtplanung und -entwicklung dürfte daher durch ein solch großes Unternehmen spürbar mitgestaltet werden. Auch die Unternehmenstöchter in den Bereichen der Verwaltung und der Wohnungsbewirtschaftung würden gestärkt. Handwerksbetriebe und andere Auftragnehmer müssten sich auf härtere Verhandlungen einstellen. Gleichzeitig würde der Konzern Sanierungsvorhaben kostengünstiger umsetzen können. 

Die Fusionspläne dürften die ohnehin aufgeheizte Debatte um die Enteignung dieser Konzerne befeuern. Dabei geht es nicht nur um die Frage des Geschäftsgebarens, sondern grundsätzlich darum, wer städtischen Raum prägen und gestalten sollte. Die Folgen der Fusion wären für das Wohnungsmarktgeschehen insgesamt überschaubar, dürften die Diskussionen über die demokratische Legitimation der Stadtentwicklung aber lauter werden lassen.

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