Das DIW Berlin begrüßt die breite öffentliche Debatte über die politische und ökonomische Dynamik von Konjunkturprognosen. „Wenn wir jetzt über die politische Verantwortung all derer diskutieren, die mit ihren Einschätzungen die öffentliche Wahrnehmung prägen und das Verhalten unzähliger Akteure beeinflussen, dann ist das absolut angebracht“, sagte DIW-Präsident Klaus Zimmermann.
Zimmermann hatte eine breite öffentliche Diskussion ausgelöst, nachdem er in der Financial Times Deutschland vor einem „Wettlauf um die schlechtesten Zahlen“ und einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung gewarnt hatte. Es gehöre zur intellektuellen Redlichkeit festzustellen, dass das genaue Ausmaß der Finanzkrise derzeit nicht exakt beziffert werden könne, so Zimmermann gegenüber der FTD. In einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung hatte Zimmermann zugleich auf die durch die weltwirtschaftliche Krise bedingte extreme Unsicherheit von Konjunkturprognosen hingewiesen. Ein besonderes Ausmaß an Unklarheit besteht derzeit auch in Hinblick auf Umfang und Wirkungsweise der weltweit zu erwartenden wirtschaftspolitischen Reaktionen auf die Krise. Zimmermann warnte, der zu beobachtende Abwärtswettlauf der Prognosen berge die Gefahr, die Schwere und Länge der Wirtschaftskrise zu verschärfen. „In dieser Situation muss die Frage erlaubt sein, ob es nicht besser wäre, auf die Veröffentlichung neuer Prognosen für eine Weile zu verzichten.“ In extrem vernetzten, schnell rotierenden Mediengesellschaften könne auch die Berichterstattung Einfluss auf realwirtschaftliche Entwicklungen haben. Zusätzliche Brisanz erhält diese Aussage angesichts der traditionell vom DIW Berlin Anfang des Jahres vorgelegten so genannten Winter-Grundlinien, in denen das Institut neben einer Lageanalyse der Wirtschaft üblicherweise auch seine Jahresprognose vorstellt. In diesem Zusammenhang erklärte Zimmermann: „Als Ökonomen sind wir uns unserer besonderen politischen Verantwortung bewusst. Die Vielfalt der auf dem Markt verfügbaren Prognosen stellt die Bandbreite möglicher Szenarien für die weitere gesamtwirtschaftliche Entwicklung dar.“ Zur aktuellen Debatte stellte der DIW-Präsident fest: „Es ist auch für Ökonomen nicht schädlich, Überlegungen hinsichtlich der Folgen ihres Tuns anzustellen“, so der DIW-Präsident. In akuten Finanzkrisen sei es beispielsweise üblich, den Börsenhandel für eine bestimmte Zeitlang auszusetzen. „Wer den Börsenhandel für eine Zeit aussetzt, dem wird man auch nicht unterstellen, die Abschaffung der Börsen zu verlangen“, so Zimmermann.