EU sollte geschlossen in Verhandlungen mit den USA gehen: Kommentar

DIW Wochenbericht 7 / 2025, S. 100

Ruben Staffa

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Die ersten Wochen von Donald Trumps zweiter Präsidentschaft sind ereignisreich. Anfang Februar kündigte die US-Regierung 25-Prozent-Zölle auf Importe aus Kanada und Mexiko sowie eine Erhöhung der Zölle auf chinesische Wareneinfuhren um zehn Prozent an. Anders als in Trumps erster Amtszeit blieb den Unternehmen kaum Vorbereitungszeit. Zwar wurden die Zölle auf Kanada und Mexiko vorerst aufgeschoben, doch Umfang und Aggressivität der handelspolitischen Drohgebärden seitens der USA haben sich deutlich verschärft. Jetzt folgt die Ankündigung, dass Stahl- und Aluminiumimporte mit Zöllen belegt werden sollen.

Der unmittelbare Effekt der Zölle auf Kanada, Mexiko und China dürfte für die deutsche und andere europäische Volkswirtschaften zunächst begrenzt bleiben. Mögliche Zölle auf Aluminium- und Stahlimporte dürften Deutschland härter treffen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Europäische Union stärker ins Visier des US-Präsidenten gerät. Die Handelsbilanzdefizite der USA gegenüber europäischen Ländern – insbesondere Deutschland – waren bereits mehrfach Ziel verbaler Attacken. Als Exportnation hat Deutschland in einem globalen Handelskrieg viel zu verlieren: Rund zehn Prozent der deutschen Warenexporte gehen in die USA. Besonders die Automobilbranche, der Maschinenbau und die Pharmaindustrie wären von Zöllen stark betroffen. Anders als zum ersten Amtsantritt Trumps Anfang 2017 befindet sich die deutsche Wirtschaft seit Jahren in der Stagnation, und die Industrie kämpft mit tiefgreifenden strukturellen Veränderungen. Während sich die Konjunktur im europäischen Ausland etwas dynamischer entwickelt, droht die härtere Gangart in der US-Handelspolitik auch dort die schleppende Erholung auszubremsen.

Wie könnte die EU auf mögliche US-Zölle reagieren? Im besten Fall lassen sich diese durch Verhandlungen verhindern. Der Aufschub der Zölle gegenüber Mexiko und Kanada zeigt, dass Verhandlungen möglich sind. Allerdings muss die EU dafür Zugeständnisse anbieten. Was sich als sinnvolle Verhandlungsmasse eignet oder welche Maßnahmen der Abschreckung dienen könnten, ist schwer zu bestimmen – vor allem, weil die Ziele der US-Zölle unter Trump widersprüchlich bleiben. So ist nicht klar, ob die Zölle sicherheitspolitischen Zielen dienen, den Schutz von Industriearbeitsplätzen gewährleisten, ein allgemeines Druckmittel für politische Konzessionen darstellen oder dem Staat als Einnahmequelle dienen sollen. Die Märkte scheinen bislang davon auszugehen, dass die Zölle als taktisches Verhandlungsinstrument eingesetzt werden, um Zugeständnisse anderer Länder zu erwirken.

So könnte die Europäische Union eine Erhöhung US-amerikanischer Energieeinfuhren wie LNG oder Rohöl sowie den Kauf von Rüstungsgütern aus den USA anbieten. Auch nicht-handelspolitische Maßnahmen, etwa eine Aufstockung der Militärausgaben, könnten als Verhandlungsmasse dienen. Gezieltere Schritte wie die Angleichung der Einfuhrzölle auf Autos und Agrarprodukte könnten ebenfalls ein positives Signal senden. Ob solche Maßnahmen ausreichen, hängt maßgeblich davon ab, welche Ziele der US-Präsident mit den Zöllen verfolgt. Zölle, die als Verhandlungsmasse dienen, können nicht gleichzeitig dauerhafte Einnahmequellen sein.

Beim Inkrafttreten von US-Zöllen gegen die EU sollte die Union auf breitangelegte Gegenmaßnahmen verzichten und gezielt mit Vergeltungszöllen auf bestimmte Warengruppen reagieren, um politischen Druck aufzubauen, ohne eine Eskalation zu provozieren. Während Vergeltungszölle in Trumps erster Amtszeit nur begrenzt politische Wirkung zeigten, scheint die Entwicklung der US-Aktienmärkte größeren Einfluss auf ihn gehabt zu haben – ein Aspekt, den die EU bei künftigen Gegenmaßnahmen berücksichtigen könnte.

Unabhängig davon, wie die US-Administration Druck ausüben wird, sollte die Europäische Union geschlossen auftreten und ihre Verhandlungsposition nicht durch länderspezifische Verhandlungen unterwandern. Zwar variiert die wirtschaftliche Abhängigkeit der EU-Staaten von den USA erheblich, doch kurzfristige Einzelabkommen dürften der EU und dem Freihandel langfristig schaden.

Ruben Staffa

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Makroökonomie

Themen: Europa

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