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Zur Reformdiskussion in der EG-Agrarpolitik

DIW Wochenbericht 22 / 1991, S. 301-306

Peter Hrubesch

Abstract

Die Probleme der Gemeinsamen Agrarpolitik haben sich seit etwa einem Jahr erneut krisenhaft verschärft. Nachdem sich die Lage auf den wichtigsten Agrarmärkten in den Jahren 1988 und 1989 entspannt und zu Einsparungen im EG-Haushalt geführt hatte, treten wieder Systemschwächen zutage, die man dank der Reformmaßnahmen von 1988 überwunden zu haben glaubte. Die Produktion nahezu aller landwirtschaftlichen Erzeugnisse, vor allem aber von Getreide, Rindfleisch und Milch, übersteigt in dramatischer Weise die Binnenmarktnachfrage. Die Kosten für Lagerhaltung und Exportsubventionierung überschreiten die vorgegebenen Haushaltslinien bei weitem, und die Realeinkommen aus landwirtschaftlicher Erwerbstätigkeit schrumpfen. Hinzu kommen krisenverschärfende äußere Einflüsse. Die Dollarschwäche zum Jahresbeginn und Absatzverluste auf wichtigen Regionalmärkten (Osteuropa, Naher Osten) für Nahrungsgüter der Gemeinschaft haben Überschüsse und Kosten zusätzlich steigen lassen. Mit Nachdruck fordern einige GATT-Mitglieder eine Änderung der Exportsubventionierung der EG für Nahrungsgüter. Die Politik der EG, Agrarüberschüsse hochsubventioniert auf den Weltmärkten unterzubringen, hat in der Tat sowohl zu deutlichen Verschiebungen bei den Marktanteilen zugunsten der EG geführt als auch zum Preisverfall auf einzelnen Märkten beigetragen. In dieser komplizierten Lage hat die EG-Kommission Anfang Februar ein Grundsatzpapier zur Reform der Agrarpolitik vorgelegt. Es basiert, wie es in der Tat notwendig erscheint, auf einer restriktiveren Preispolitik, wird aber den Reformerfordernissen insgesamt nur bedingt gerecht. Die jüngsten agrarpolitischen Beschlüsse des EG-Ministerrats stehen zwar ebenfalls im Zeichen der Bewältigung des Überschußproblems, folgen aber nicht einmal dem rationalen preispolitischen Ansatz der Kommission. Sie sind im wesentlichen ein Kampromiß aus den unterschiedlichen nationalen Interessen und verlagern Subventionen aus dem EG-Haushalt zurück in die Budgets der Mitgliedstaaten.

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