DIW Wochenbericht 36 / 1990, S. 503-509
Reinhard Pohl
Zu Beginn der Währungsunion wurden die Alt-Schulden und die Alt-Guthaben in der DDR fast mit der gleichen Rate von der Mark auf die D-Mark umgestellt, so daß nur ein geringer, durch spezielle Forderungen der Kreditinstitute an den Staat auszugleichender Überschuß der Guthaben über die Schulden entstand. Damit sollte unter anderem erreicht werden, daß die Kreditinstitute ihre Zinsausgaben, insbesondere an die Sparer, weitgehend mit den Zinseinnahmen aus Krediten an die Betriebe und die Wohnungswirtschaft decken können, also kaum den Staatshaushalt in Anspruch nehmen müssen. Dieser "Zinsausgleich" wird aber nicht zustande kommen. Trotz der Umstellung der Alt-Schulden im Verhältnis 2 Mark zu 1 DM sind die Schuldenquote und die Zinsbelastung vieler Betriebe sehr hoch. Hieraus drohen sich wirtschaftlich, sozial und fiskalisch bedenkliche Konsequenzen zu ergeben: Die Treuhandanstalt könnte ihre ohnehin schwierige Aufgabe, möglichst viele volkseigene Betriebe zu sanieren und zu privatisieren, nur unzureichend erfüllen. Daraufhin würden an sich vermeidbare Konkurse und Arbeitslosigkeit den Staat zwingen, neben den - in jedem Falle unvermeidbaren - zusätzlichen Zinsausgaben Mehrausgaben für Arbeitslosigkeit und Subventionen sowie Mindereinnahmen aus Steuern und Sozialabgaben hinzunehmen. Diese Gefahren werden immer offenkundiger. Deshalb ist die Hoffnung berechtigt, daß der schon im Frühjahr von den Wirtschaftsforschungsinstituten unterbreitete Vorschlag, die gesamten Alt-Schulden der Betriebe zu streichen, schließlich doch, in welcher Form auch immer, verwirklicht wird.
Themen: Unternehmen, Finanzmärkte