Die Deutschen sprechen sich mit einer deutlichen Mehrheit für die Chancengleichheit von EU-Ausländern auf dem deutschen Arbeitsmarkt aus. Dies zeigt eine im Sommer 2006 durchgeführte Sondererhebung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), die von TNS-Infratest Sozialforschung, München, im Auftrag des DIW Berlin durchgeführt und jetzt im aktuellen Wochenbericht des DIW Berlin veröffentlicht wurde. Zwei Drittel der Befragten empfinden die Chancengleichheit für EU-Bürger auch dann als gerecht, wenn es für manche Deutsche schwieriger wird, einen Job zu bekommen. Das Ausmaß der Akzeptanz nimmt dabei mit dem beruflichen Qualifikationsgrad der Befragten zu. Allerdings werden in konkreten ökonomischen Entscheidungssituationen ausländische Anbieter von Dienstleistungen vor allem dann bevorzugt in Anspruch genommen, wenn sie deutlich preiswerter sind als die deutsche Konkurrenz.
Die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union besitzen formal die gleichen Zugangrechte zu allen nationalen Arbeitsmärkten der EU-Mitgliedstaaten. Dieser Gedanke ist inzwischen offenbar in der deutschen Bevölkerung besser verankert, als dies von Teilen der Regierung, Gewerkschaften und anderen gesellschaftlichen Gruppierungen gelegentlich unterstellt wird. Dies gilt mehrheitlich (56%) sogar für die Gruppe der gering Ausgebildeten, die am ehesten zu den Verlierern der Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für Arbeitnehmer aus Mittelosteuropa zählen können. Die höchste Zustimmung erfährt der Gedanke der Chancengleichheit für EU-Ausländer bei den Universitätsabsolventen (81%). Differenziert man die Frage der Chancengleichheit nach dem Herkunftsland von Arbeitnehmern, so zeigt sich eine schwach höhere Akzeptanz bei Arbeitnehmern, die aus wohlhabenderen Ländern kommen. Umgekehrt billigen sich die Befragten im EU-Ausland aber auch nur geringfügig mehr Rechte zu, als sie dies EU-Ausländern gegenüber tun.
Obwohl zwei Drittel der Befragten sich für Arbeitnehmerfreizügigkeit aussprechen, würden in der Praxis bei gleichem Preis und gleicher Leistung drei Viertel der Befragten eine deutsche Firma für eine Dienstleistung beauftragen. Ist die ausländische Firma jedoch nur halb so teuer wie die deutsche, dreht sich die Prioritätenordnung komplett um: Zwei Drittel würden nun die ausländische Firma bevorzugen. Dies gilt auch mehrheitlich für die Ablehner der Chancengleichheit. Möglicherweise wäre deshalb auch eine stärkere Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte – wie im ursprünglichen Entwurf der Dienstleistungsrichtlinie vorgesehen – bei den Deutschen auf Zustimmung gestoßen, sofern die Liberalisierung zu niedrigeren Preisen geführt hätte.